PHANTASTISCHE TIERWESEN UND WO SIE ZU FINDEN SIND

„PHANTASTISCHE TIERWESEN UND WO SIE ZU FINDEN SIND“ von David Yates (GB/USA 2015/2016; B: Joanne K. Rowling; nach ihrem gleichn. Roman/2001; K: Philippe Rousselot; M: James Newton Howard; 133 Minuten; Start D: 17.11.2016); über 7,7 Milliarden Dollar haben die acht „Harry Potter“-Filme zwischen 2001 und 2011 eingespielt. Die Harry Potter-Filmreihe ist damit – nach dem „Marvel Cinematic Universe“ – die zweiterfolgreichste Filmreihe überhaupt.

Verständlich, dass beraten und gesucht wurde, wie man diesen ungeheuren Erfolg fortführen könnte. Sozusagen: mit „Harry Potter-Geruch“. Das Ergebnis bedeutet jetzt: die fünffache (!) Verfilmung eines 64seitigen (!) Buches der Harry Potter-Erfinderin JOANNE K. ROWLING. Titel: „Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind“. Das kleine Büchlein wurde erstmals 2001, in der ersten Potter-Roman-Adaption „Harry Potter und der Stein der Weisen“, gesichtet. Nennt als Autoren einen gewissen Newt Scamander und steht auf der Liste der Lehrbücher, die die Schüler der Hogwarts-Zauberschule für ihr erstes Lehrjahr benötigen.

New York, 1926. (Also: lange Zeit vor der Harry Potter-Ära). Es gibt zwei Welten: Die magische und die reale. Die magische ist in Gefahr. Etwas Geheimnisvolles, Unsichtbares, streift durch die Straßen der Großstadt und hinterlässt eine Schneise der Verwüstung. Die Menschen sind aufgebracht. Während die Zauberer-Gemeinde befürchtet, entdeckt zu werden. Der MACUSA (Magical Congress of the United States of America), der Magische Kongress der Vereinigten Staaten von Amerika, wurde extra einberufen.

Von all dem weiß der exzentrische britische Magie-Zoologe Newt Scamander (EDDIE REDMAYNE) nichts, als er in New York eintrifft. Mit seinem verwitterten Koffer im Gepäck. Der so unscheinbar wie abgenutzt ausschaut, aber einige Geheimnisse in sich birgt. Newt befindet sich auf Weltreise, um die außergewöhnliche Vielfalt von magischen Geschöpfen zu studieren und zu dokumentieren. Mit einigen „befasst“ sich der Zauberer Newt „näher“, denn diese befinden sich in seinem „lebenden“ Koffer. Diese Kreaturen sind ungefährlich, ja geradezu als „freundliche Haustiere“ zu bezeichnen. Andere dagegen sind höchstgefährlich und dürfen nie aus diesem Koffer herauskommen. Wir ahnen es, sie kommen. Heraus. Beziehungsweise: entkommen. Dank dieses No-Maj (= britisch: Muggle; deutsch: normaler Mensch) Jacob Kowalski (DAN FOGLER), mit dem Newt zufällig kollidiert. Und nun als Dick & Klug gemeinsam durch die Gegend ackern.

Porpentina (KATHERINE WATERSTON) ist beim Magischen Kongress tätig. Allerdings mit Büroarbeit erheblich unterfordert. Sie wird zur treuen Freundin von Newt und Jacob. Gemeinsam mit ihrer jüngeren attraktiven Blond-Schwester Queenie, die sich als pfiffige Helferin in so mancher Not erweist. Selbige ausgelöst durch Percival Graves (COLIN FARRELL), einem undurchsichtigen Zauberer mit ganz eigenen – und wir ahnen erneut – gemeinen Macht- und Zerstörungsplänen.

Fortan muss die Gruppe um Newt Scamander nicht nur ihre eigenen „Viecher“ wieder einzufangen versuchen, sondern sich auch gegen zunehmende Attacken der Adlaten von Percival wehren. Dessen wahres Gesicht schließlich ziemlich überrascht; ich sage nur: Gellert Grindelwald, übernehmen Sie bitte!

Mit „Inception“ von Christopher Nolan startete 2010 eine neue Trick-Ära. Noch gigantischer, noch imposanter, noch beeindruckender wurden Welten auf den Kopf gestellt und Häuser gefaltet. Zerstört. Mit „Doctor Strange“ ging es kürzlich technisch aufwändiger weiter: Dutzendfache Häuser-Zerstörungen und jetzt auch: die Rückwandlung derselben. In den normalen Zustand. „Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind“ setzt diese riesige Computer-Strategie massenhaft fort. Vieles wird zerbrochen, in Klump und Asche kaputt-gehauen, aber dann auch wieder „aufgebaut“. Was bedeutet: Die brillante Technik dominiert rundum. Charaktere mit Seelentiefe: Fehlanzeige.

Auffallend, weil man mit den Figuren weniger anzufangen/umzugehen weiß. Also über das Gut-Böse-Schlicht-Sein hinaus. „Oscar“-Hero EDDIE REDMAYNE, Brite des Jahrgangs 1982, ist derzeit einer der angesagtesten Schauspieler („The Danish Girl“; „Die Entdeckung der Unendlichkeit“) überhaupt. Er mimt seinen Exoten Newt Scamander mit durchaus nett-exzentrischen Ansätzen, wirkt aber als „Held“ und Führungsperson in diesem Mainstream-Blockbuster-Produkt sichtlich gebremst. Unterfordert. Der vom Independent-Kino herkommende Redmayne kommt optisch interessant, aber wenig tiefen-spannend `rüber. Wird vom exzellent auftrumpfenden Herz-Kumpan DAN FOGLER, als komisch-staunender Jacob Kowalski, glatt überspielt. Während die Mädels hier lediglich für Stichworte gut sind.

Das Dilemma: Mehr Ami- denn Britannien-Film. Die Verlagerung von Großbritannien gen New York tut weder der Atmosphäre noch dem Story-Reiz des Fantasy-Spektakels gut. Wo britische Landschaften, Pointen und das einheimische Figuren-Sammelsurium für faszinierenden Augenschmaus und kitzlige, schwarz-komische Ironie-Töne sorgten, erschlägt die weitgehend humorlose „amerikanische Hollywood-Welt“ hier mit ihrer Plastik-Bombastik und dem hübschen Hokuspokus die emotionale Feinabstimmung. Wie sie einst bei „Harry Potter“ so genüsslich zu riechen und „speziell“ zu genießen war. Der britische Regisseur DAVID YATES, 51, der auch die letzten vier „Harry Potter“-Filme inszenierte, hat mit diesem „amerikanischen“ Blockbuster – Budget: 180 Millionen Dollar – nur ordentliches Bedienungskino geschaffen.

Bin gespannt, ob diese neue Fantasy-Reihe 2018 in besseren Schwung kommt. Oder ob das Fiction-Thema um Zauberer, No-Maj-Muggles & Co. nicht durch die vielen Comic-Adaptionen woanders beiseite gedrückt wird. Teil 1 jedenfalls enthält noch (sehr) viel Luft nach oben (= 3 PÖNIs).

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