PÖNIs: (5/5)
LEBENDE LIEBE. Titel = „PAST LIVES – IN EINEM ANDEREN LEBEN“ von CELINE SONG (B + R; USA 2022; K: Shabier Kirchner; M: Christopher Bear; Daniel Rossen; 106 Minuten; deutscher Kino-Start: 17.08.2023). Liebe. Ein Dauerthema. In der Literatur, auf der Kinoleinwand. Oftmals als dramaturgischer Fehlgriff. Mit Schmonzetten-Charme. Über hämisches Lachen, tränige Motive, sich aufplusternde Empathie. Wie oft sind wir „davon“ fehlgeleitet worden. Heute – endlich – einmal ganz und gar nicht. Emotionen werden natürlich angesteuert. Jedoch „anders“. Wie weshalb, warum? Muss man sehen. Empfinden. Fühlen. Bietet sich sagenhaft feinfühlig an. Auf dass man – wie frau – angenehm beschämt folgen. Ohne platten Kitsch und oberflächlicher Banal-Sprache, ohne platte Bewegungen. Sondern mit wunderbarer gegenseitiger Wertschätzung, mit reizvoller, spannungsintensiver, gefühlvoller = gleich faszinierend-herziger = Sprachlosigkeit. Leichtigkeit kann so erfüllt sein, zum Freuen entstehen. Andere „ähnliche“ Kinofilme werden es in diesem Leinwandjahr schwer haben, „dabei“ mitzuhalten. Wäre diese unfassbar-ehrliche Romantik ein Mensch, würde man ihn nicht mehr aus den Armen hergeben.
Was für ein weises Erlebnis erreicht uns hier. „Past Lives“ ist ein unaufdringliches, prachtvolles, beeindruckend-sensibles KINO-Goldstück.
In ihrer Kindheit in Seoul waren Nora und Hae Sung unzertrennliche Freunde. Bis Noras Familie nach Toronto auswandert und sich die beiden Zwölfjährigen aus den Augen verlieren. 20 Jahre später beschließt Hae Sung seine Jugendfreundin für ein paar Tage in New York zu besuchen. Nora (GRETA LEE) lebt dort als angehende Autorin und ist bereits seit sieben Jahren glücklich mit Arthur (JOHN MAGARO) verheiratet. Das Wiedersehen von Nora und Hae Sung (TEO YOO) konfrontiert die beiden mit ihrer tiefen Verbundenheit, unausweichlichen Fragen nach Liebe, Schicksal und den Entscheidungen, die ein Leben ausmachen…
24 Jahre und drei Zeitebenen und: Was für eine Wirkung vermag der Film dabei auszustrahlen. Die berührende Erzählung um zwei Freunde, die durch verschiedene Umstände in ihren Leben immer wieder getrennt werden, sich dennoch immer wieder finden, begegnen, wurde vom Publikum auf der Frühjahrs-Berlinale wie auch auf dem Sundance Film Festival London sehr gemocht. Die Autoren-Regisseurin CELINE SONG realisierte ihren Debütfilm um das südkoreanische Konzept „IN – YUN“, was soviel bedeutet, dass sich eine Partnerschaft / eine Schicksalsgemeinschaft weit über einen „normalen“, „alltäglichen“ Lebens-Lauf schicksalslastig bewegt. Diese koreanische Vorstellung sieht vor, „dass Menschen dazu bestimmt sind, sich zu treffen, wenn sich ihre Seelen zuvor eine bestimmte Anzahl von Malen überlappt haben“ (CELINE SONG). „IN – YUN“ geht davon aus, dass das Universum Seelen wieder vereint, die in früheren Leben eine Verbindung hatten. Der Film ist insoweit autobiografisch, dass Celine Song wie Nora, die Hauptfigur in „Past Lives“, im Alter von 12 Jahren gemeinsam mit ihren Eltern von Südkorea nach Kanada übersiedelten, was Auswirkungen auf ihre Identität hatte. Ihr bezaubernder Debütfilm über die Liebe, über verpasste Chancen und Bestimmungen, also Schicksalsfügungen, ummantelt einen immens gefühlvoll und lässt einen am Ende nicht ohne sanfte unsichtbare Tränen den Kinosaal tief beeindruckt verlassen. WUNDERVOLL. (= 5 PÖNIs).