ONE CHANCE

ONE CHANCE“ von David Frankel (GB/USA 2013; B: Justin Zackham; K: Florian Ballhaus; M: Theodore Shapiro; 103 Minuten; Start D: 22.05.2014); Achtung, Gefühle zulassen, Emotionen sind annonciert. Wir kennen diese (nicht mehr zu vergessende) Szene um das berühmteste moderne männliche Aschenputtel der Neuzeit. Es war der Abend des 9. Juni 2007.

Da lief im britischen Fernsehen die erste Folge einer neuen Talent-Show namens „Britain’s Got Talent“. Die drei Jury-Mitglieder hießen Simon Cowell, Amanda Holden und Piers Morgan. Im Verlaufe der Sendung trat ein unauffälliger, offensichtlich schüchterner und nervöser Mann von 36 Jahren auf die Bühne, im schlecht sitzenden Allerweltsanzug, mit Bauch-Ansatz und etwas beschädigten Zähnen. Im 2000 Menschen zählenden Auditorium sowie bei der Jury machte sich eine skeptische Häme breit. Zumal er verkündete, bei diesem Pop-Event die berühmte Puccini „Turandot“-Opernarie „Nessun dorma“ singen zu wollen. Sekunden später tobte der Saal und die Juroren kam aus dem Staunen mit Tränen gar nicht mehr heraus. Sein Auftritt wurde zum allgemeinen Gesprächsthema und zur YouTube-Sensation. PAUL POTTS wurde umgehend berühmt.

„One Chance – Einmal im Leben“ erzählt diese Geschichte „sanft“ nach. Sanft bedeutet, der Film ist eine Komödie. Keine ausführliche, mit sämtlichen Hintergründen versehene Biographie. Streift die übelsten Mobbing- und Gewalt-Gemeinheiten in seinem jungen Leben durch den Vater, durch Lehrer und Mitschüler (und den sexuellen Missbrauch mit 15) nur ansatzweise: „Ich wollte, dass der Film komisch ist. Er sollte keine ernsthafte Dokumentation sein“, erklärt Paul Potts im Interview mit der Zeitschrift „Hörzu“ (Nr.11/2014). Der Sohn eines Stahlarbeiters und einer Kassiererin wurde am 13. Oktober 1970 in Bristol geboren. Entdeckt während der Schulzeit sein Interesse an der Musik und speziell: am Gesang. „Macht“ sich dadurch „lächerlich“, es bilden sich „Feinde“. Bleibt auch als Erwachsener ein Außenseiter, findet seine große Liebe Julie Ann, genannt „Julz“, über das Internet, arbeitet als Handy-Verkäufer in einem Warenhaus. Hat einen ganz schrägen Chef, der schon mal seine Kunden bei Reklamationen arg beleidigt, der es aber mit Paul gut meint. Nebenbei konzentriert sich Paul weiterhin auf seinen Gesang und dessen Entwicklung, erleidet aber immer wieder wegen fehlendem Selbstbewusstsein Rückschläge. Oder aufgrund krankheitsbedingtem Stillstand. Aber seine Stunde wird kommen. „Passieren“. Wie wir uns gut erinnern.

Der heute 55jährige Regisseur, Produzent und Drehbuchautor DAVID FRANKEL hat nicht viele Spielfilme realisiert. Der „Oscar“-Preisträger (1997, für seinen Kurzfilm Dear Diary“) hat sich aber durch (weit) überdurchschnittliche Hollywood-Komödien wie „Der Teufel trägt Prada“ (2006/mit Meryl Streep), dem Hundefilm-Vergnügen „Marley & Ich“ (2008) oder „Ein Jahr vogelfrei“ (2011/mit Steve Martin) sowie zuletzt „Wie beim ersten Mal“ (2012/ mit Meryl Streep & Tommy Lee Jones) einen spannenden Namen gemacht. „One Chance – Einmal im Leben“ ist sein erst sechster Kinofilm. Mit wieder imponierender Ensemble-Besetzung, die seinen Film jederzeit vor zu viel Süße und allzu groben Kitsch-Anfällen bewahrt. Und ihn „lieber“ zu einem charmant-sympathischen Comedy-Plot entwickelt.

In der Hauptrolle tritt der britische Bühnen- und TV-Schauspieler, der Comedy-Autor, Produzent und Komiker JAMES CORDEN, 35, angenehm kongenial auf. Ohne Mätzchen oder dümmliche Heldenpose. ALEXANDRA ROACH, die neulich als die junge Margaret Thatcher in „Die eiserne Lady“ auffiel, hat ebenso bewegende Momente wie JULIE WALTERS („Calendar Girls“) & COLM MEANEY („Männertrip“) als die Eltern von Paul Potts und vor allem MACKENZIE CROOK als „erstaunlich“ unkonventioneller Warenhaus-Chef Braddon. Sie alle sorgen für vorhersehbares, aber angenehm entspanntes, bisweilen komisches Underdog-KINO: „One Chance“ ist eine warmherzige britische Sozialkomödie mit Wohlfühl-Niveau (= 3 PÖNIs).

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