„MÜTTER UND TÖCHTER“ von Rodrigo Garcia (B+R; USA 2009; K: Xavier Pérez Grobet; M: Ed Shearmur; 126 Minuten; Start D: 28.04.2011); der 50jährige Sohn des kolumbianischen Literatur-Nobelpreisträgers Gabriel Garcia Marquez („Hundert Jahre Einsamkeit“) fing als Lichtsetzer und Kamera-Assistent an, bevor er es mit ersten Independent-Filmen („Gefühle, die man sieht…“/2000; „Nine Lives“, 2005 sowie „Passengers“/2007, mit Anne Hathaway + Patrick Wilson) „probierte“. Für den renommierten amerikanischen Produktions-TV-Kabelkanal HBO inszenierte er zahlreiche Episoden der auch bei uns populären Serie „Six Feed Under“ (2001 – 2005).
„Gefühle, die man sieht“, könnte auch „Mother and Child“ (Originaltitel) betitelt sein.
Drei Frauen im Los Angeles von heute. Drei Schicksale. Drei Geschichten, die zunächst „einzeln“ ablaufen und sich dann zu einer Gesamtgeschichte zusammenfügen. 37 Jahre ist es her, dass die depressive Physiotherapeutin Karen (ANNETTE BENING) im Alter von 14 Jahren schwanger wurde und ihr Kind zur Adoption freigab. Was zu ihrem Lebenstrauma werden sollte. Die ambitionierte Karriere-Anwältin Elizabeth dagegen (NAOMI WATTS/zuletzt „Fair Game“) verbietet sich strikt Bindung .Totale Unabhängigkeit lautet ihr konsequent praktiziertes Lebensmotto. Sowohl beruflich wie privat. Als sie bei einer namhaften Kanzlei eintritt, beginnt sie eine Affäre mit ihrem Chef Paul, einem Witwer mit erwachsenen Töchtern (SAMUEL L. JACKSON/der herbe “Pulp Fiction“-Man, einmal ganz anders, mit bzw. in vielen Gefühlsposen). Und wird schwanger. Konditorei-Besitzerin Lucy (KERRY WASHINGTON („Lakeview Terrace“, 2008; mit Samuel L. Jackson) ist unfruchtbar und beschließt mit ihrem Mann, ein Kind zu adoptieren. In einer schwangeren Studentin finden sie bei der katholischen Adoptionsvermittlung auch eine abgabewillige Bald-Mutter, aber dann tauchen erhebliche Schwierigkeiten auf. In beider Familien. Die emotionalen wie personellen Fäden beginnen sich interessant auszubreiten.
Die weibliche Seelenlage. Gleich mehrfach. Östrogen pur. Die fließenden Hormone. Bei verschiedenen Generationen. Und spannenden Charakteren. Zwischen kratzbürstig, cool und irritiert. Als modernes Gefühls-Drama. Mit mehr Realitätsgeschmack als fiktionalem Süßholz. Einfühlsam wie psychologisch „stimmungsvoll“ vermittelt. Dank der hervorragenden weiblichen Akteurinnen. Und eben ungewöhnlich charmant sanften männlichen Stichwortbegleitern wie Samuel L. Jackson und Jimmy Smits als Annette „Karen“ Bening-Partner.
Apropos ANNETTE BENING: Die bislang dreifach „Oscar“-nominierte 51jährige („American Beauty“; „Being Julia“ und zuletzt „The Kids Are Allright“) brilliert erneut, diesmal in einem eher sperrigen Charakter-Part. Es wird höchste Zeit, sie einmal „offiziell“ zu würdigen. Eine erstklassige Schauspielerin. In einem reizvollen Frauenfilm (= 3 PÖNIs).