„MONEY MONSTER“ von Jodie Foster (USA 2015; B: Alan Di Fiore, Jim Kouf, Jamie Linden; K: Matthew Libatique; M: Dominic Lewis; 98 Minuten; Start D: 26.05.2016); ein Spielfilm, der über unsere Zeit provokant wie faszinierend zu erzählen weiß; der mit einer überzeugenden, wahrscheinlichen Geschichte aufregend daherkommt, über erstklassige Spitzenschauspieler verfügt und großartige Spannungsgedanken transportiert: „MONEY MONSTER“ beinhaltet und vermengt dies alles. Ist zweifellos einer der HERAUSRAGENDEN Kinofilme des Jahres 2016.
Inzwischen wird bekanntlich im Kommerz-Fernsehen alles verwurstet. Auf „Entertainment“ getrimmt. Inhalt?: Irgendwas. Zum Beispiel: Geld. Börse. Lärmend vorgetragen. Funktioniert immer. Mitteilung: Bedeutungsschwanger ansetzen. Großspurig fetzen. Als ob’s extrem wichtig, gleichzeitig aber auch ganz einfach wäre. Über „HIER“ zu einem gesellschaftlichen Gewinner zu werden. Die Glücksbotschaft: Schalte ein. Folge den Erfolgsanweisungen. Mach‘ mit! Sei ein Sieger! Gebe mir dein Money.
Hauptsache Quote, Hauptsache Werbegeld. Die Rendite muss stimmen. Verdient wird längst nicht mehr nur im schlichten Unterhaltungsgewerbe, sondern mit quasi allen Themen. Nachrichten = Infotainment; Beziehung = Land-Ei sucht Stadt-Pomeranze. Vor allem mit: Fressen. Und mit Ratespiele. Noch und nöcher. Was immer du verramschen willst, verpacke es in bunten, grölenden Müll, und die Aufmerksamkeit vieler wird dir gewiss sein.
Lee Gates (GEORGE CLOONEY). Er ist super-erfolgreich. Als Moderator der wöchentlichen Börsen-Sendung „Money Monster“. Resignieren, den Ton und das Diktat etwas herunterfahren? Jetzt, inmitten der Finanzkrise? Von wegen. Beziehungsweise: ganz im Gegenteil. Keine Erholungs- und schon gar keine Erklärungsphasen. Sollen sein. Es wird weiter auf die laute Dollar-Gewinnmöglichkeitskacke gekloppt: Leute, bleibt doch mal ruhig. Na gut, da sind ein paar Papiere verstrandet, aber das ist doch kein Grund, keinen Spaß mehr zu haben. Es gibt noch genügend Möglichkeiten, gerade jetzt, für sich, aus der fröhlichen Flaute „etwas zu machen“. Was du dafür tun musst, lieber Zuseher? 1.) Nicht resignieren. Deine gute Laune und Sicht behalten. 2.) Sich nicht von täglichen Depri-Finanzmeldungen mürbe machen lassen. 3.) Bei uns einschalten. Und weiterhin investieren. In die von uns neu empfohlenen Papiere. 4.) Vertrauen Sie uns, wir Experten wissen, wie es am besten für Sie läuft. Der Glaube ans Geld, an den Gewinn, ist der Glaube an das Richtige. Vertrauen Sie mir! Und der Sendung. Der Dollar riecht weiterhin ganz prächtig.
Lautet die bunte Predigt.
Schluss mit lustig. Den jungen LKW-Fahrer Kyle Budwell (JACK O’CONNELL) hat es erwischt. Hat Lee Gates kürzlich geglaubt und alles, in seinem persönlichen Fall: 60.000 Dollar, auf dessen annoncierte „Sieger-Papiere“ gesetzt. Und dabei alles verloren. Jetzt ist er mit Pistole und einer Gürtel-Bombe ins Live-Studio eingedrungen. „Bittet“ nervös um Aufmerksamkeit. Hey, was soll das, pariert Lee Gates. Beziehungsweise: Pech gehabt, mein Junge. Kann passieren. Wer mitspielt, muss auch schon mal verlieren. Können. Ist halt so. Aber wieso verliert eine eben noch vermeintlich hochkarätige Anlage total ihr Plus, will der bockige Eindringling wissen? Wo sind die gesamten 800 Millionen Dollar-Anlagewert überhaupt hin? Irgendwo, irgendwie, im Computer, wiegelt Lee ab. Verschwunden. Passiert halt. Die Algorithmen, diese Pixel-Biester. Haben alles „aufgefressen“. Kann vorkommen. Aber Kyle Budwell lässt sich nicht beruhigen, besteht auf Antworten. Ehrliche Antworten. Jetzt. Hier. Im Studio. Vor einem Millionen-Publikum. Lässt sich mit Phrasen nicht abspeisen. Das System ist alarmiert. Und die Öffentlichkeit ist elektrisiert. Eine Abwechslung: Von wegen mal „spannende Live-Unterhaltung“: Eine „aktualisierte Truman Show“ kommt ins TV-Rollen. Besser: ins gemeine Trudeln.
Patty Fenn (JULIA ROBERTS) schreit nicht. Zeigt sich überhaupt nicht hysterisch. Oder so ähnlich. Patty Fenn ist die Studio-Leiterin des TV-Hits „Money Monster“. Und ist bemüht, mit einigen Team-Kollegen und in Ton-Verbindung zu Lee Gates im Live-Studio für eine Art „Über-Sicht“ zu sorgen. Besonnenheit aufrecht zu halten. Während Kyle ziemlich unruhig im Studio „hantiert“ und „draußen“ die zivile Armee anrückt, um möglichst schnell „einen Irren“ außer Gefecht zu setzen, beginnt drinnen – mit Hilfe taffer „internationaler“ Computer-Nerds – die spannende Recherche: Was ist wirklich warum und wieso eigentlich finanz-technisch passiert und: wo, verdammt nochmal, befindet sich überhaupt der Firmen-Boss, der mächtige Finanz-Buana, dessen Unternehmen gerade total hops gegangen ist? Der doch viele Ungereimtheiten erklären könnte? Stattdessen bringt sich die dortige Pressesprecherin, Diane Lester (CAITRIONA BALFE), in Positur und kriegt ihrerseits die verblüffende Kurve. Als sie „Dinge“ herausfindet, die für sie eigentlich gar nicht zur Information und Auswertung gedacht sind. Soll sie mit „denen im Studio“ deshalb kooperieren? Und ihre lukrative Position aufs Spiel setzen? Dieser – an sich – kleine Fall eines Geldanleger-Verlierers entwickelt sich mehr und mehr zu einem gigantischen Wirtschafts- und Personen-Krimi. Aufmerksam beobachtet und neugierig verfolgt im ganzen Land. Mit dem „lustigen Fernsehen“ jedenfalls ist es bei „Money Monster“ längst vorbei. Ganz im Gegenteil: Politik und Polizei wollen schnell Fakten schaffen. Also wieder Ruhe und Ordnung herstellen. Damit das Börsenspiel endlich weitergespielt werden kann. Während „die im Sender“ sich mehr und mehr zu wundern beginnen, was sich mitteilen zeigt. Entwickelt.
Ein Echtzeit-Thriller. Ohne die Absicht, einen „armen Bösewicht“ zu präsentieren, auf dem „die Schuld“ abgeladen werden kann. Kyle Budwell ist weder Held noch Dummbatz. Sondern ein amerikanischer Durchschnittstyp, der auch dieser verdammten wie verlockenden Gier verfallen war. Bei der viele Dollar in Bewegung sind, die aber nur wenige dann auch tatsächlich absahnen. Aber auch nicht etwa hier: „Kleiner Mann ganz groß“. Von wegen, eher: Ein gut-gläubiger Player, der wie so wie viele Landsleute verarscht, verführt und betrogen wurde, muckt radikal auf. Sucht auf gescheite Fragen wahrhaftige Antworten. Bei denen, die ihn „inspiriert“ haben, am Kapitalmarkt mitzumischen. Kyle ist kein Verbrecher, sondern ein Verzweifelter. Und die, die für diese TV-Sendung „journalistisch“ verantwortlich sind, werden nun selbst mehr und mehr gezwungen, sich und ihr Handeln zu hinterfragen. Selbst Recherchen anzustellen. „Ganz andere“ (Nach-)Fragen zu formulieren. Was zu hochspannenden Positionswechseln und explosiven Ergebnissen führt.
Es ist nach „Das Wunderkind Tate“ (1991), „Familienfest und andere Schwierigkeiten“ (s. Kino-KRITIK) und „Der Biber“ (s. Kino-KRITIK) der vierte und beste, weil durchweg überzeugendste Film der zweifachen „Oscar“-Preisträgerin JODIE FOSTER („Angeklagt“; „Das Schweigen der Lämmer“). Ihre Inszenierung ist packend, hochspannend, brisant, engagiert, mit bitterböser Ironie durchsetzt. Ihr Film ist brandaktuell, provokant in seinen gesellschaftlichen und politischen Gedanken. Und Beweggründen. In den Hauptrollen von den beiden Rampen-Stars Clooney & Roberts taff-brillant gespielt. Der Brite JACK O’CONNELL („Harry Brown“), 25, hält als aufgebrachter Kyle überragend mit; wirkt mit und in jeder Bewegungs-Pore glaubhaft. Verzweifelt. Wütend. Eindringlich. Und: Bekannt.
Was für ein hochspannender Super-Film. Ohne Superman. Rasant. Die volle Brisanz beste Unterhaltung. Mit Sinn & Niveau. Kino kann so richtig RICHTIG-GUT sein (= 5 PÖNIs).