MIT ALLER MACHT

Zunächst einmal ist der Mut zu bewundern. Denn was die Film-Metropole HOLLYWOOD in den letzten Jahren mit dem politischen Oberhaupt, mit dem Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika alles so angestellt hat, das verdient schon einigen Respekt. Natürlich gab es auch den Präsidenten als lieben und verliebten Witwer, siehe “Hallo Mr. Präsident“ mit Michael Douglas, und auch als tapferen Patrioten, siehe
“Air Force One“ mit Harrison Ford. Desöfteren war der Chef des Weißen Hauses vor allem ein schlimmer Lüstling – siehe “Absolute Power“ mit Gene Hackman – oder ein anonymer Schlawiner – siehe “Wag The Dog“. Jetzt kommt die neueste “Variante“ des amerikanischen Präsidenten ins Kino, und viele Betrachter sehen gerade in der d i e Version, die mit der Realität und den Ereignissen um den jetzigen Amtsinhaber Bill Clinton am seelenverwandtesten ist. Was nicht verwundert, basiert doch der Film

MIT ALLER MACHT“ von Mike Nichols (USA 1998; 143 Minuten; Start D: 03.09.1998); auf einem Enthüllungsroman von 1996, den der “Spiegel“ damals als “den besten psychologischen Politthriller seit 1946“ bezeichnete. Er heißt ebenso “Mit aller Macht“ und stammt vom namhaften Journalisten und “Newsweek“-Kolumnisten Joe Klein, der dieses aufschlussreiche Skandalbuch unter dem Pseudonym “Anonymus“ veröffentlichte, und der einst zum sog. “engeren Zirkel der Macht“ in Washington gehörte.

Im Buch wie im Film tritt der unbekannte Südstaaten-Politiker Jack Stanton in Erscheinung. Jack, ein charismatischer Senator, hält sich nicht nur für unwiderstehlich, sondern auch für würdig, der nächste Kandidat der Demokraten für die kommenden Präsidentschaftswahlen zu werden.
Der Kandidat gewinnt rasch an Sympathie und Zustimmung. Zusammen mit seiner Powerfrau, der energischen Susan Stanton, scheint der politische Aufstieg unaufhaltsam zu sein… wären da nicht seine “kleinen Schwächen“ im zwischenmenschlichen Bereich. Der gutaussehende Jack und seine vielen Affären. Frauen bilden d i e große Schwach-und Angriffsstelle im Mr. Saubermann-Vorwahl-Klima.
Demzufolge hat das Team um Jack Stanton mächtig zu tun, um die neue
Hoffnung Amerikas auf eine bessere Politik nicht gleich im Anfangsstadium scheitern zu lassen.

Ganz klar: Jede Ähnlichkeit mit BILL CLINTON ist natürlich beabsichtigt. Regisseur Mike Nichols, der mit gesellschaftskritischen Werken wie “Die Reifeprüfung“ und “Silkwood“ preisgekrönte Klassiker schuf, beschreibt den ersten
Präsidentschaftswahlkampf von Bill Clinton im Jahr 1992 als packendes wie pikantes Drama. Aber: Nichols klagt nicht an, sondern erzählt süffisant-nüchtern von den damaligen Ereignissen und Zuständen. Zudem hält er seinen
“empörten“ Landsleuten einen pointierten moralischen Spiegel vor die
Augen.

Der Film “Mit aller Macht“ balanciert auf dem mitreißenden intellektuellen Drahtseil zwischen Mitgefühl und Verachtung. Und lebt vor allem durch die herausragende Darstellung und Interpretation der beiden Hauptakteure JOHN TRAVOLTA und EMMA THOMPSON. Die ihre bekannten Figuren nicht nur absolut glaubwürdig, sondern auch täuschend ähnlich vorführen. Dazu existiert ein erstklassiges Ensemble von klugen Stichwortgebern drumherum. Motto: Bei aller Häme und Deutlichkeit herrscht hier zuallererst…Gelassenheit anstatt Geifer (= 4 PÖNIs).

 

Teilen mit: