MAUDIE

PÖNIs: (4/5)

„MAUDIE“ von Aisling Walsh (Kanada/Irland 2016; B: Sherry White; K: Guy Godfree; M: Michael Timmins; 115 Minuten; deutscher Kino-Start: 26.10.2017); manche Filme muss man lieb-haben, dies ist solch einer.

Kanada in den 1930er Jahren. SIE: Maud Dowley (SALLY HAWKINS); ER: Everett Lewis (ETHAN HAWKE). „Ein verwundeter Vogel und eine Vogelscheuche“ (die Regisseurin im Presseheft). Zwei Seelen, die am Rande der Gesellschaft leben. Und sich kennen- und lieben-lernen. ER, der einstige Waisenhaus-Zögling, scheue Einzelgänger und zurückgezogen lebende Hausierer und Fischverkäufer, der es zu einem eigenen winzigen Haus an der Ostküste gebracht hat; SIE, die als Kind an rheumatischer Arthritis erkrankte, von zierlicher Gestalt ist, humpelnd, mit verkrüppelten Händen.

Gegen die Einsamkeit und für wenigstens etwas Ordnung entschließt er sich, eine Haushälterin zu engagieren. Auf seine Anzeige meldet sich Maud („Ich gehe zwar komisch, aber ich schaffe für fünf Frauen“). Die hat nur einen Wunsch, bloß weg von ihrer Familie, einer verbitterten Tante, die sie als „Aussätzige“ betrachtet, bevormundet und ihr gar nichts zutraut. Aber auch ER ist misstrauisch, „Ich sage dir, wie das läuft: Erst komme ich, dann die Hunde, dann die Hühner und dann du!“, doch dann schenkt er ihr sogar die ersten Ölfarben. Denn: Sie will malen. Viel lieber als putzen. Und: Sie kann malen! Ihm imponieren schließlich ihre „vehementen“ Versuche, das Haus bildlich-hübsch umzugestalten und er motiviert sie schließlich sogar zu ihren ersten farbenfrohen Bildern. Aus Nebeneinander-Leben entwickelt sich Vertrauen und Liebe: Am 16. Januar 1938 heiraten sie in Marshalltown. Maud beginnt, „ihre kleinen Karten“ zu malen. Die auffallen, gemocht und gekauft werden. Für kleine Beträge. Eine Frau aus New York entdeckt diese Karten und der Kreislauf des Lebens von Maud & Everett beginnt sich zu verändern.

Eine Frau malt sich frei. Gestaltet ihre eigene Welt. Dafür benötige sie nur ein Fenster, erläutert sie einmal. Beim Malen stehe sie „über den Dingen“. Everett hat, wenn auch zögerlich, Schwierigkeiten mit dem Bekannt-Werden seiner Frau. „Das ganze Leben in einem Rahmen“, wird sie am Ende ihres Lebens über ihre Bilder & Beziehung sagen.

MAUD LEWIS (*07.03.1903 – †30.07.1970), von der kanadischen Künstlerin war hierzulande bislang wenig bekannt: der irischen Regisseurin AISLING WALSH („Joyriders“/1988; „Song for a Raggy Boy“/2003; mit Aidan Quinn und Iain Glen) ist es zu verdanken, sie aus der Unbekanntheit geholt zu haben, um ihr ein großartiges Menschen-Porträt zu widmen. Dabei besitzt sie allerdings auch mit der phantastisch-ausdrucksstarken Britin SALLY HAWKINS („Happy-Go-Lucky“/2008/s. Kino-KRITIK) ein körpersprachlich ereignisreiches Seelen-Pfund, wobei Partner ETHAN HAWKE, zuletzt als Jazz-Trompeter Chet Baker in „Born to Be Blue“ (s. Kino-KRITIK) ein Ereignis, ihr in nichts nachsteht. Dabei sich zugleich angenehm zurücknimmt. Denn IHR gehört hier die sensible Bühne. Zwei wunderbare Charakter-Darsteller erzählen vom spannenden Leben.

„MAUDIE“ ist eine Perle von ganz feinem Berührungsfilm (= 4 PÖNIs).

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