MARLENE

Man kennt die Bilder: Die rotzig-frivole Berliner Göre. Die in der Tingel-Tangel-Kaschemme auf einer Tonne sitzt und viel Bein und Strumpfband zeigt. Und dabei eine kesse Lola-Lippe riskiert. Mit ihrem Lied “Ich bin von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellt“ wurde Marlene Dietrich in dem Film “Der blaue Engel“ von 1930 berühmt.

Marlene. Marlene Dietrich: Die herbe Schönheit im maskulinen Hosen-Outfit. Die mit Schlips und Kragen und mit verschleiertem Blick so einmalig männer-mordend in die Runde blickt. Und auch ein Auge für weibliche Reize offenbart. Sie war d i e kühle Blonde des 20. Jahrhunderts. Sie war ein Star, dessen Leben so spannend und schillernd war, dass sich zwangsläufig auch das heutige Kino mit ihr befassen musste. Marlene Dietrich: Eine Legende – ein Mythos. “Entdecken Sie das Geheimnis einer Frau, der die Welt zu Füßen lag“, protzt derzeit die Werbe-Annonce durch die Gazetten. Und lügt wie gedruckt…

Der neue deutsche Film
MARLENE“ von Joseph Vilsmaier (D 2000; 132 Minuten; Start D: 09.03.2000); hat rund 18 Millionen Mark Förder-, also Steuergelder verschlungen. Er ist über 2 Stunden lang und bemüht sich um Lebensstationen dieser ‘Femme Fatale‘ zwischen 1929 und 1945. Also vom “Blauen Engel“ bis zur Truppenbetreuung für die US-Soldaten. Sozusagen: Von der grandiosen Debütantin über den umjubelten Hollywood-Star bis zur emanzipierten Front-Frau:

Was also für ein einzigartiger Stoff, was für eine aufregende Biographie, was für ein Film-“Futter“ für begabte Köpfe und Hände. Doch was machen der vom Fernsehen stammende Drehbuch-Autor CHRISTIAN PFANNENSCMlDT und sein Regisseur JOSEPH VILSMAIER daraus?:
Antwort: SCHROTT. Richtigen kinematographischen Müll. Ihr Film: “Marlene“ verkommt zu einem völlig belanglosen, dummen Bilderbogen. Inmitten einer riesigen Ausstattung erleben wir seelenlose, peinliche Stand-Bilder. Ohne Sinn und Sinnlichkeit und ohne Verstand. Ein bisschen Pseudo – Power hier, ein bisschen Zickigkeit dort. Ein bisschen Mutter-Liebe hier, ein bisschen Lesben-Touch dort. Immer wieder: Erst der große Atem, dann die heiße, nichtssagende Luft. Die KATJA – FLINT – Marlene ist eine reine Papier-Figur, die zu einer Hülle ohne Inhalt verkommt. MARLENE, das ist hier nur eine Behauptung, die niemand glauben oder irgendjemand überzeugen kann. Der Film entpuppt sich als das reinste, aufwendige Kasperle-Theater: “Kieck mal, die Marlene. Is‘ sie nicht schön frech?“ Und das bei SOLCH EINER Persönlichkeit und solch einer Fülle von Geschichte und Geschichten?!?

Der VAMP mutiert zur Lachnummer: In Bewegung, Sprache und Details: Wenn ein GARY COOPER (Götz Otto) auftaucht, kriegen sich die Zuschauer gar nicht mehr ein vor so viel dramaturgischem und darstellerischem Dilettantismus. Zum Beispiel. Während eine fiktive Romanze, von Regisseur und Kameramann Vilsmaier als d i e große Liebes-Show präsentiert, zum platten Groschenheft-Motiv abdriftet. Der nach Motiven des Buchs der Marlene-Tochter Maria Riva entstandene Film agiert wie ein fader Komödienstadl.

Wer – wieso – warum?: Über und von Marlene Dietrich gibt es in dem Film “Marlene“ nichts, aber auch gar nichts zu erfahren und zu entdecken. Und: Von unterhaltsamem Entertainment auch keine Spur. Nochmal: Und das bei DIESEM Thema, bei dieser ungemein vielschichtigen PERSÖNLICHKEIT und KÜNSTLERIN. Ein richtig schlechter neuer deutscher Kinofilm.
Hauptakteurin und Titeldarstellerin KATJA FLINT bestätigt denn auch indirekt in einem Interview “die Schlamperei“, mit der hier bei dieser teuren Produktion herumgewurstelt wurde.

“Marlene – der Film“ ODER: Ein – gigantischer Offenbarungseid (= 1 PÖNI).

 

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