MARIA STUART, KÖNIGIN VON SCHOTTLAND

„MARIA STUART, KÖNIGIN VON SCHOTTLAND“ von Josie Rourke (GB/USA 2017; B: Beau Willimon; nach dem Buch „The True Life of Mary Stuart“ von John Guy/2004; K: John Mathieson; M: Max Richter; 125 Minuten; deutscher Kino-Start: 17.01.2019); in diesen Wochen und Monaten triumphieren vor allem starke Frauen-Charaktere im Kino. Neuestes Beispiel: „Mary Queen of Scots“, inszeniert von der Intendantin des renommierten Londoner West End Theaters „Donmar Warehouse“, geschrieben vom amerikanischen TV-Produzenten und Drehbuch-Autoren Beau Willimon („House of Cards“) und mit zwei hervorragenden weiblichen Duellisten in den Führungsrollen: Der Irin SAOIRSE (= gesprochen SIERSCHA) RONAN („Lady Bird“/s. Kino-KRITIK) und der aus Australien stammenden MARGOT ROBBIE („I, Tonya“/s. Kino-KRITIK). Thema ist ein populäres historisches Intrigen-Theater, das schon viele „Beschreiber“ fand: Sowohl in der klassischen Literatur und auf den Theaterbühnen der Welt (Friedrich Schillers „Maria Stuart“-Drama, uraufgeführt: 1800) wie auch im Film (zum Beispiel: der fünffach „Oscar“-nominierte gleichnamige britische Film von 1971; mit den wuchtigen Gegnerinnen Vanessa Redgrave & Glenda Jackson).

Jetzt rückt eine neue Gestaltung der historischen Ereignisse in den Fokus der Leinwand, wohl darauf verweisend, dass Feminismus keine neue Erfindung der „Me Too“-Bewegung ist, sondern „damals“ schon existierte. Damals, anno 1561, als die erst 18-jährige und schon verwitwete Maria Stuart, Königin von Schottland (Saoirse Ronan), aus Frankreich zurückkehrt, um die rechtmäßige Erbschaft als Regentin von Schottland und England anzutreten. Womit sich die Katholikin Maria Stuart und die britische Monarchin und Protestantin Queen Elizabeth I. (Margot Robbie) auch in einen religiös-bestimmten Machtkampf einlassen. An dem sich viele „Interessenten“ auf beiden Seiten fortan intrigantisch, heimtückisch und machtgierig beteiligen. Denn diese von Männern dominierte Herrschaftswelt ist vor allem daran interessiert, eigene Macho-Macht-Interessen durchzusetzen. Also propagiert jede Seite „Gott“ für sich und manipuliert die Untertanen „wie es sich gehört“. Auf dass sich „der Pöbel“ für ihre Meinungen und Handlungen be- und ausnutzen lasse. Und um zugleich auch dafür zu sorgen, dass die beiden, sich zunächst durch Briefe austauschenden, beharkenden Regentinnen gehörig beeinflusst, sprich hintergangen werden. Um sich dann sogar – Maria Stuart – in politisch gewollte Zweck-Beziehungen einzulassen: „Der Ring macht Ehen, und Ringe sind es, die eine Kette bilden“.

Die mittelalterliche Geschichte steht nicht im Blick- und Mittelpunkt des Films, sondern viel mehr „die intimen Zustände“ in den Führungsebenen auf beiden Seiten. Wie sich dort was und wer bewegt, wie getrickst, gekleidet, gesprochen, wie jeweils „geglaubt“ wird beziehungsweise wie „der richtige Glaube“ vorgegeben wird. Wie die Scheinheiligen sich positionieren, wie symbolhaft und tatkräftig mit der Sexualität „gehandhabt“ wird. Jeder belauert jeden. Der Mensch, so stellt es sich dar, ist ein Fehler der Natur. Er benimmt sich schäbig, gemein, heuchlerisch, ekelhaft. Nutzt, benutzt, Religion, um dadurch legal-inhuman, brutal, verlogen-argumentativ = offiziell (in Amt und Würden) auftreten zu können. Als wahrer Stellvertreter „des Herrn“. Inmitten einer betörend-schönen Landschaft, die „solche Menschen“ nicht verdient hat. Von wegen: Diese widerliche Macht-Gier; diese doppelte Moral, diese falschen Zeugnisse, Behauptungen, Täuschungen. Dieser ewige Drang nach Geltung. Dem ekligen Ich-Streben.

Dies wird faszinierend, wird sinnlich, wird auf eine überwältigende Augenweide-Art brillant vorgeführt. Die Kostüme von Alexandra Byrne sind formidabel in ihrem auch „inneren Ausdruck“ von gedanklicher wie seelischer Befindlichkeit; die Authentizität in Farben, Bauten und ästhetischen (Choreographie-)Strukturen – auch in den stimmungsvollen Nebenfiguren – wirken grandios. Und dann kommt es endlich zur konspirativen wie surrealen Begegnung dieser beiden mächtigen Frauen. (Die sich in Wirklichkeit nie begegnet sind). Eingefangen mit beeindruckenden Motiven vom britischen Kameras-As John Mathieson („Oscar“-Nominierungen für „Gladiator“/2001 und „Das Phantom in der Oper“/2004).

Maria und Elizabeth. Zwei eigentlich weibliche Verbündete im Dauer-Clinch mit den Schleimern, Diplomaten, Macht-Interessenten. Und mit ihren zumeist unterdrückten privaten Gefühlen. Sie geben sich ritualisiert inmitten dieser jeweiligen höfischen Musikalität. Samt diesen amtlichen Zerstreuungsprogrammen. Mit ihren demonstrativen mächtigen Perücken wirken sie wie goldene Luxus-Geschöpfe, eingepfercht in einem Goldenen Käfig. SAOIRSE RONAN & MARGOT ROBBIE geben sich pompös. Mimen unsichere Rivalität und Leidenschaft bis in die tiefsten Königinnen-Poren. Zwei faszinierende Darstellerinnen im Clinch der klassischen Geschichte.

Diese neue Maria Stuart-Begegnung bietet großartig an und auf: ein sensibles, kraftvolles, monumentales wie einfühlsames wie köstlich-pikantes und sehr faszinierendes Schau-Spiel (= 4 1/2 PÖNIs).

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