MAN MUSS MICH NICHT LIEBEN

„MAN MUSS MICH NICHT LIEBEN“ von Stéphane Brizé (Co-B + R; Fr 2005; Co-B: Juliette Sales; K: Claude Garnier; M: Eduardo Makaroff; Christoph H. Müller; 93 Minuten; deutscher Kino-Start: 20.07.2006); ist eine französische Vorjahres-Produktion und ein kleines Juwel für die Arthouse-/Off-Kino-Szene. Stéphane Brizé hat bisher 3 Kurzfilme und einen Dokumentarfilm gedreht. 1999 schuf er sein Spielfilm-Debüt, das bei uns nicht lief („Le Bleu des villes“). Das jüngste Werk des 1966 im bretonischen Rennes geborenen Filmemachers (der hier auch als Co-Autor fungiert) lief 2005 auf dem internationalen Festival von San Sebastian und kommt nun mit 30 Kopien (in deutscher Synchronfassung) hierzulande in die Kinos.

Dabei im Blick- und Mittelpunkt: Der Gerichtsvollzieher Jean-Claude (PATRICK CHESNAIS). Ein müde wirkender, depressiver Fünfziger, geschieden, alleinlebend, mit dieser menschenfeindlichen Arbeit, dabei mit jeder Gesichtsfalte eher verschlossener und mürrischer werdend. Einmal in der Woche besucht er seinen im Altersheim lebenden Vater: einen tyrannischen Alten, dessen ständiges Grummeln seine permanente Bösartigkeit belegt. Kurzum: eine gequälte/sich quälende Existenz. In die eines Tages DER TANGO von der Tanzschule gegenüber einbricht. Dieser „Was-habe-ich-schon-zu-verlieren“-Typ gibt sich einen Schub, lässt sich auf das sinnlich-faszinierende Abenteuer TANZ ein und kommt mit Francoise (ANNE CONSIGNY) in Kontakt.

Sie ist 30, will/“soll“ bald heiraten, und nun tritt dieser linkisch-stille Jean-Claude in ihr Leben. Ein subtiler Film der leisen Zwischentöne. Mit genauer Seelen-Beobachtung/-Beschreibung; mit sanftem, aber nie verlogen wirkendem Einfühlungsvermögen; mit sich viel Zeit nehmender/lassender angenehmer Diskretion. Ein ruhiger, aber nie spannungsloser Gefühlsstoff. Manchmal erinnert man sich unwillkürlich an die großartige menschliche Tragikomödie „LOST IN TRANSLATION“ von Sofia Coppola, mit Bill Murray als schweigsamer Sonderling.

Hier ist es der bei uns unbekannte PATRICK CHESNAIS, der sympathisch-verhalten diesen lakonischen Einzelgänger vorstellt. An seiner melancholischen Seite: ANNE CONSIGNY in dem Scarlett-Johansson-Part, die ihre „ge-/verplante“ Identität plötzlich neu abzufragen beginnt. Vorzüglich-gescheite wie fein-emotionale Reflexion über Seelenverwandte und die Lebensnotwendigkeit, alte Zwänge und Schuldgefühle endlich zu überwinden… (= 4 PÖNIs).

Teilen mit: