MALEFICENT – DIE DUNKLE FEE

PÖNIs: (4/5)

„MALEFICENT – DIE DUNKLE FEE“ von Robert Stromberg (USA 2012/2013; B: Linda Woolverton; K: Dean Semler; M: James Newton Howard; 96 Minuten; deutscher Kino-Start: 29.05.2014); Es war alles anders. DAS mit dem Märchen DORNRÖSCHEN. Mit dem wir aufgewachsen sind. Eigentlich, also bisher: der König kriegt endlich eine Tochter. Aurora. Eine böse Fee belegt das Mädchen mit einem Fluch: Dornröschen soll sich an ihrem 15. Geburtstag an einer Spindel stechen und sterben. Eine andere, gute Fee wandelt aber den Todesfluch in einen 100-jährigen Tiefschlaf um. Dann ist es soweit, und erst ein verliebter Prinz küsst dann später die Königstochter wach. Woraufhin auch der Schlaf des Hofstaats beendet ist. Friede, Freude, Eierkuchen. Hochzeit.

Jetzt aber – taucht SIE auf. Größer und umfangreicher denn je. Erstmals piesackte sie bildlich in dem 16. abendfüllenden Disney-Zeichentrickfilm „Dornröschen und der Prinz“ von 1959 das Königskind. Die garstige Zauberin Malefiz. Die jetzt, korrekt, MALEFICENT (gesprochen: MALIFICINT) heißt. Und bereits in den Urfassungen des Märchens von Charles Perrault (1697) und den Gebrüdern Grimm (1812) als böse Hexe „vorhanden“ war. Jetzt wird sie – sagenhaft und außergewöhnlich – porträtiert. In einem phantastischen Umfeld.

Wir befinden uns in einem prächtigen Zauberwald. Mit Wasserfällen, knorrigen Bäumen und schönen Blumenwiesen. Und einem mystischen Moorgebiet. Hier leben viele kauzige Figuren. Animalische Reptilien ebenso wie putzige Fantasy-Gestalten. In allen Größen und scharfen Formen. Wie eine übermütige Patchworkfamily. Inmitten einer magischen Fröhlichkeit. Chefin hier ist die attraktive, gutherzige Zauberlady Maleficent. Die dank ihrer gewaltigen Flügel oft in der Luft umherdüst und mit „ihren Leuten“ gerne herumtollt. Für kesse Späße zu haben ist und gute Laune verbreitet. Doch dann ist plötzlich Schluss mit lustig. Schuld daran ist der Bengel Stefan (SHARLTO COPLEY). Aus dem Reich hinter dem Moor. Er traut sich hierher, säuselt der gutgläubigen Maleficent Liebe vor, klaut aber stattdessen ihre Flügel und haut ab. Wird „nebenan“ tatsächlich Herrscher, bekommt sein Königkind, Aurora, später Dornröschen, die nun ihrerseits von der vom Verrat gepeinigten Maleficent – märchengerecht – verflucht wird. Währenddessen wird die niedliche Prinzessinnen-Göre (in klein durch die fünfjährige Angelina Jolie-Tochter Vivienne gespielt, danach durch ELLE FANNING) von drei, sagen wir mal, nicht „ganz so talentierten“ und auch ziemlich ulkig-unterbelichteten Feen namens Knotgrass (IMELDA STAUNTON), Flittle und Thistlewit in einem Waldhaus aufgezogen. Mehr oder (eher) weniger. Erst nach ihrem 16. Geburtstag darf (die unwissende) Aurora ins familiäre Schloss zurückkehren. Lautet die Anweisung vom Königsvater Stefan.

Natürlich lässt Maleficent „die Kleine“ ständig beobachten. Durch ihren engsten Adlaten Diaval (SAM RILEY). DEN verwandelt sie öfters (als ihm lieb ist) in einen schwarzen Raben, damit er umherfliegen und seiner Herrin Bericht erstatten kann. Oder sie setzt ihn als Wolf oder Drache „ein“, damit er Schrecken verbreiten und „auszukeilen“ vermag. Doch dann ist es soweit, eines freundlichen Tages begegnen sich Aurora-Dornröschen und Maleficent. Im Wald. Die pure Unschuldige und die vermeintlich lakonisch-niederträchtige Nur-noch-Böse. Was doch eigentlich für zwei „zauberhafte“, „zusammenpassende“ Wesen… die so friedfertig und entspannt miteinander kommunizieren. Können. Einerseits…

Die mit „verantwortungsvollen“ 3D gefütterten Augen dürfen sich satt sehen, die Sinne werden aufs Angenehmste unaufgeregt verwöhnt. Die Schau-Werte sind enorm. Lockern immer wieder das mitunter etwas schematisch bewegte Drama originell auf. Wenn Maleficent über und durch prächtige Gegenden rasant saust, vermag die Kamera von „Oscar“-Preisträger DEAN SEMLER („Der mit dem Wolf tanzt“) grandios augen-tanzen. Und wenn die nicht durchweg komischen Verrenkungen der drei bisweilen zu hysterischen Feen-Erzieherinnen – mal in 50 cm klein abhebend, mal „echt“ groß – nicht die erhoffte ironische Ablenkung bringen, sind es doch gleich wieder Ausstattung, Dekor und Kostüme, die für stimmungsvolle Belebungskost sorgen. Was nicht verwundert, hat doch Regisseur-Debütant ROBERT STROMBERG als Produktionsdesigner zwei „große“ „Oscar“-Trophäen eingeheimst (als einer von drei Szenenbildnern für „Avatar“ von James Cameron/2010 sowie ein Jahr darauf als „Best Art Director“ für „Alice im Wunderland“ von Tim Burton). Sein Herstellen, Inszenieren, von KINO ist vor allem am Entwickeln von gewaltiger Optik orientiert. Zum überwältigenden (An-)Schauen. Und dieses Wahrnehmen funktioniert hier ebenso Gemälde-prächtig wie auch ausgiebig charmant. Übertrumpft locker zwischenzeitliche erzählerische „Strecken“.

Weil SIE natürlich gigantisch dominiert: ANGELINA JOLIE. In verblüffender, begeisternder, extravaganter Maske. Hollywoods bester Masken-Mann, der siebenfache „Oscar“-Preisträger RICK BAKER (u.a. für „American Werewolf“; „Der verrückte Professor“; „Men In Black“), schuf ihr ein sensationelles Äußeres. Mit ausgeprägten Wangenknochen, dem blasen Gesicht, einem Turban, der zwei schwarze Hörner einbezieht, dem wallenden Cape mit dem Stehkragen und ihren feurig roten Lippen wirkt sie unheimlich animalisch wie melancholisch finster. Ihrem Leid angemessen: in jedem Bösem steckt auch ein (Hinter-)Grund. Den zu erforschen, zu wissen, sich bei der Beurteilung des Gegenüber stets lohnt. Signalisiert die Show. Das Böse ist hier kraftvoll wie feminin. Gefühlsbetont. Angelina Jolie, 37 zur Drehzeit, kriegt die Balance zwischen hassendem Satan und Persönlichkeit mit Herz genau auf den Reiz-Punkt hin. Triumphiert konsequent wie herrlich elegant in Sachen Aura, Charisma, naive Schelmenhaftigkeit. Füllt die riesige Leinwand präsent voll aus. Ihre junge Dornröschen-Partnerin ELLE FANNING („Super 8“) ist eine sympathische Mitläuferin. Gegenüber „der Gigantin“.

Letztlich: ein Hoch auch auf die großartige Musikalität. Der bislang achtfach „Oscar“-nominierte JAMES NEWTON HOWARD („Peter Pan“; „Michael Clayton“) begleitet und kommentiert die Bilder und die sensiblen Motive unangestrengt. In bester Dur-Stimmung. Und: Für dieses hervorragend unterhaltsame Kinostück hat die amerikanische Sängerin LANA DEL REY auch eine Neuinterpretation von „Once Upon a Dream“ aus dem Disney-Klassiker „Dornröschen und der Prinz“ von 1959 wieder aufgenommen.

„Maleficent – Die dunkle Fee“ sorgt für launige Kino-Prima-Stimmung (= 4 PÖNIs).

Teilen mit: