MADE IN FRANCE – IM NAMEN DES TERRORS

Es gibt Filme, die sind nahe an der Realität angesiedelt. Um dann sogar von der Wirklichkeit überholt zu werden. Solch ein Werk sorgte in Frankreich Ende letzten Jahres für viele Diskussionen, lief kürzlich beim „Filmfest München“ und wurde jetzt hierzulande gleich für das Heim-Kino programmiert:

MADE IN FRANCE – IM NAMEN DES TERRORS““ von Nicolas Boukhrief (Co-B + R; Fr 2014; Co-B: Éric Besnard; K: Patrick Ghiringhelli; M: Robin Coudert; 92 Minuten; Heimkino-Veröffentlichung: 25.08.2016).

Der Kino-Start in Frankreich war für den 18. November 2015 vorgesehen. Am 13. November 2015 erschütterten Terror-Anschläge Frankreich (und die Welt), bei denen 130 Menschen starben. Das offizielle Film-Plakat, das ein als AK-47 bekanntes Sturmgewehr zeigte, genannt „Kalaschnikow“, welches den Eifelturm überlagerte, wurde umgehend aus der Öffentlichkeit entfernt. Ein neuer Kino-Start wurde in Frankreich mehrmals verschoben. Schließlich wurde der Film dort für die Veröffentlichung im Heim-Kino „abgegeben“.

Das Film-Thema ist brisant; ähnlich wie bei dem, dort wie hier, im Kino gezeigten Film „Bastille Day“ (s. Kino-KRITIK): der Staat vermag immer weniger die Bürger vor Terror zu schützen. Also muss „Hilfe“ von „woanders“ herkommen. Sam (MALIK ZIDI) ist als freier Journalist auf eine islamische Terror-Zelle aus der Pariser Banlieu gestoßen. Sam spricht Arabisch, der Vater ist Algerier, die Mutter Französin. Seit geraumer Zeit Infiltriert er die kleine Gruppe. Konvertiten, die aus großbürgerlichem Hause stammen und nun „das große Ding“ planen. Hassan, ihr Anführer (DIMITRI STOROGE), gerade „von der Front“ aus Pakistan zurück, will sie als Dschihad-Zelle aktivieren. Er habe diesbezügliche Anweisungen erhalten („Sie wollen den Heiligen Krieg in die westlichen Hauptstädte bringen“). Als es bei der Waffenbeschaffung Tote gibt, wird Sam die Sache zu heikel. Er offenbart sich den ahnungslosen Sicherheitsbehörden. Die ihn auffordern, fortan für sie als Spitzel zu agieren. Entweder – oder. Entweder gilt er als Mit-Täter oder er ist ein „guter“ Aufklärer. Eine andere Möglichkeit gibt es nicht: Man habe für eine eigene Überwachung der Verdächtigen leider nicht genügend Personal zur Verfügung. Für den Undercover-Journalisten-„Polizisten“ Sam wird es heikel. Extrem eng.

Als purer Thriller sieht sich „Made in France“ eher bedächtig an: Vorhersehbar; in den Figuren mehr Fragen als Klärung hinterlassend; den Nährboden, auf dem die Hass-Saat wächst, sich entwickelt, nur recht bescheiden beschreibend. Und den Radikalisierungsweg oft nur behauptend. Die Psychologisierung bleibt vage. Gleichwohl dramatisch.

Als Polit-Thriller bietet „Made in France“ dagegen spürbare, nachvollziehbare Brisanz. Wenn man die Hilflosigkeit der Behörden vor Augen geführt bekommt, wird einem gedanklich angst und bange. Man hofft und setzt auf „Fake“, filmische Fiktionen, als auf tatsächliche, mögliche Gegebenheiten. Sollte ein Staat seine Bürger auf diese „laxe“ Weise zu schützen gedenken, na dann gute Nacht. Die Doppelbödigkeit dieses 2014 als „normaler Thriller“ gedrehten Films wirkt irritierend, wie scheinbar simpel der Lebensweg ist vom unzufriedenen Solisten bis gleich zum fanatischen Terror-Schwachmaten in einer Gruppe. Mit einem charismatischen, verführerischen Ansager vorneweg. So gesehen wirkt „Made in France“ außerordentlich spannend. Verbreitet eine interessante Nervosität und bittere Unruhe. Ist emotional enorm verstörend (= 4 PÖNIs).

Anbieter: „Universum Film“

 

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