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Es ist ein schlechter (Film-)Witz: Während das schludrige Remake soeben, am 2. Mai 2013, in unseren Lichtspielhäusern angelaufen ist, erreichte das (SEHR) viel bessere, schlauere, raffiniertere französische Original erst gar nicht die hiesigen Kinos, sondern kommt nun endlich auch (bzw. wenigstens) auf dem deutschen Heimkino-Markt heraus. Die Rede ist vom neuen Brian de Palma-Kino-Flop „Passion“ (s. KINO-KRITIK) und vom französischen Ursprungs-Thriller „Crime d’amour“, der hierzulande den passenden zweideutigen „deutschen“ Heimkino-Titel „LOVE CRIME“ von Alain Corneau (Co-B+R; Fr 2010;Co-B: Natalie Carter; K: Yves Angelo; M: Pharoah Sanders; 106 Minuten; Heimkino-Veröffentlichung: 19.04.2013), bekam. Von IHM stammen so großartige wie psychochotisch rustikale Spannungswerke wie „Police Python 357“ (1976), vor allem „Wahl der Waffen“ von 1981 (mit Yves Montand, Catherine Deneuve + Gerard Depardieu), „Die siebente Saite“ (1991/zwei „Cesars“ für Film + Regie) und „Mit Staunen und Zittern“ (2003). Sein 16. und letzter Kinofilm geriet ALAIN CORNEAU (7.8.1943 – 30.8.2010) zu einem faszinierenden kleinen großen Abschiedsmeisterwerk. In der Pariser Filiale eines multinationalen Konzerns herrscht ein hochkarätiger Alpha-Zicken-Krieg. „Wir sind ein gutes Team, ich bin zufrieden“, summt zwar die Marketing-Chefin Christine (KRISTIN SCOTT-THOMAS) ihrer Assistentin Isabelle (LUDIVIE SAGNIER) lächelnd zu, doch ihr Zuspruch ist eiskalt. Falsch. Berechnend. Christine ist ein MACHT-Mensch. Verführen, manipulieren und demütigen lautet ihr „Teil meiner Strategie“. Isabelles Vorgängerin landete in der Psychiatrie, und auch sie erkennt diese sadistische Emotionalität ihrer vorgesetzten „Freundin“ vorerst nicht. Ganz im Gegenteil, sie vertraut ihr. Und hält deren „genüssliche“ dirigistische Eigenhandhabungen für einen „strategisch wichtigen Teil“ von „guter Team-Arbeit“. In diesem Hoch-Milieu. Obwohl sie von ihrem cleveren Sekretär Daniel (Guillaume Marquet) ein ums andere Büro-Mal gewarnt wird, vertraut sie Christine weiterhin blind. Sieht und begreift auch deren listig-doppelbödigen körpersprachlichen Heuchelsignale nicht. Jedenfalls nicht deutlich genug. Lange Zeit. Doch irgendwann wird auch mal „Aschenputtel“ wach. Und reagiert. Wütend. Verletzt. Planvoll. Erstaunlich. Verblüffend. „Ich habe von ihnen gelernt, ich mache es wie sie“, verkündet sie ihre Reifeprüfung. Was Boss Christine nicht für möglich hält. Glauben mag. Doch aus dem naiven Mobbing-Opfer entwickelt sich nach und nach offensichtlich eine schmerzerprobte, schmerzerfahrene, viel Schmerz-aushaltende junge Kämpferin, die fortan über ungemein erstaunliche wie pfiffig-radikale“Aktionen“, sprich „Neuorientierungen“ verfügt und offensiv wie hart IHREN beruflichen Neuanfang plant. Raffiniert „abarbeitet“. Mit ebenso süffisanten wie verblüffenden „Arrangements“. „Wie kompliziert doch die Menschen sind“, meint schließlich der ermittelnde Untersuchungsrichter schlicht. Und weiß dabei natürlich nichts über die erst noch folgende, entsprechend dazu-„passende“ bitterböse Schlusspointe. In diesem mörderischen Fall. Der durchaus Chabrol-Qualitäten besitzt. Motto: Die gemeinen Spielchen der Oberen. Der fiesen Bourgeoisie. Ob sie nun Christine Riviére oder Uli Hoeneß heißen. Mögen. Sie halten sich für unantastbar. Haben längst die Bodenständigkeit verloren. Existieren, leben in ihrem eigenen, für sie quasi rechtsfreien wie abgeschirmten Luxus-Kosmos. Haben viel Spaß daran, „Pöbel“ zu attackieren. Prekariat. Zu demütigen. DEN lustvoll immer mal wieder in deren „Primitivschranken“ zu verweisen („Man kann nicht immer gewinnen, man muss auch seine Grenzen kennen“). Das ewige Lustspiel der Macht. Gibt es nicht etwas Häme-Schöneres, als lästerlich andere, Untergebene, Schwächere, „Kleinere“, imposant vorzuführen? Abzufertigen? Zu erniedrigen? Sie feudal zu verarschen??? Was für eine befriedigende gesellschaftliche, also kapitalistische Kompetenz-Kompetenz. Doch wehe, wenn sich „Unten“ wehrt. Also zunächst lernt, sich „genau SO“ – auch zu verhalten. Um sich dann, ebenso deftig amoralisch, zu wehren. Mit denselben oder ähnlichen oder gar noch „härteren“ „unlauteren“ Mitteln. Sozusagen: Sich mittenmal auf nunmehr böser Augenhöhe einfindet. Und den Kampf annimmt. Aufnimmt. Hey: Was für ein phantastisches Vergnügen! Ist dieses herrliche, köstlich unterhaltsame gesellschaftliche Kampfstück-Drama. Von einem glänzenden französischem Raffinesse-Thriller. Dessen Ideen-Niveau und Denk-Spannung weit über die blasse, dümmliche de Palma-Kopie steht. Weil sich auch „die beiden Furien“ hier viel intensiv-kompetenter, also überzeugender, in exquisitem ironischem Dunkelsschwarz vermitteln. „Mitteilen“. Die wandlungsfähige britische Dunkelschönheit KRISTIN SCOTT THOMAS („Der englische Patient“; „Der Pferdeflüsterer“; „Lachsfischen im Jemen“) führt den falschen Ton souverän an; die blonde Augenweide-Französin LUDIVINE SAGNIER, seit „8 Frauen“ und „Swimming Pool“ von Francoise Ozon (2002 + 2003) ein Star im französischen Kino, brilliert als charmante Befreiungshyäne. Anbieter: „Universum Film“ |
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