LOOKING FOR ERIC

PÖNIs: (4/5)

„LOOKING FOR ERIC“ von Ken Loach (GB/Fr/It/Belg/Sp 2008; B: Paul Laverty; K: Barry Ackroyd; M: George Fenton; 116 Minuten; deutscher Kino-Start: 05.11.2009); der 73-jährige britische Regisseur und Drehbuch-Autor zählt zu den renommiertesten europäischen Filmemachern. Mit Filmen wie „Family Life“; „Riff-Raff“; „Raining Stones“; „Ladybird Ladybird“ sowie „Mein Name ist Joe“; „Just A Kiss“ und „The Wind That Shakes the Barley“ hat er Preise zuhauf abgeräumt (z. B. „Goldene Palme“/Cannes; „Europäischer Filmpreis“; „Goldener Löwe“/Venedig). Galt sein Hauptaugenmerk bislang sozialen Dramen und zeitgenössischen politischen Themen, so wird er hier geradezu altersweise-vergnüglich. Allerdings bleibt er seinem „Dauer-Blick“ treu, denn kaum einem anderen Regisseur gelingt es dermaßen prägnant, die Welt der „kleinen Leute“ so authentisch und humorvoll zu beschreiben, ohne sie dabei irgendwie lächerlich zu machen oder zu denunzieren.

Wie auch hier: Loach erzählt aus der trüben Welt des britischen Postzustellers Eric (STEVE EVETS). Eric Bishop ist ein Pechvogel. Seit er vor ein paar Jahren von seiner zweiten Frau verlassen wurde und mit seinen beiden Stiefsöhnen mehr schlecht als recht auskommt, zieht er traurige Bilanz. Vor allem deshalb, weil er seine große Liebe und erste Frau Lily (STEPHANIE BISHOP) vor 25 Jahren so mir nichts dir nichts verlassen hat. Ebenso wie die gemeinsame Tochter Sam, die sich aber „dennoch“ prächtig entwickelt hat und heute vor ihrem Studien-Abschluß steht und mit den Eltern ständig getrennten Kontakt hat. Eric, zwischen Panikattacken und Festgefahrenheit hin- und herschwankend, kann sich allerdings auf seine Kollegen und Freunde verlassen. Angeführt vom belesenen Selbsthilfe-Guru Meatballs versuchen sie alles, um Eric wieder „in Stimmung“ zu bringen. Doch DER schiebt gegenwärtig Frust. Allerdings: Eric ist auch begeisterter Fußballfan. Vor allem das französische Enfant terrible ÉRIC CANTONA hat es ihm angetan. Der spielte Anfang der 90er Jahre viele Jahre bei Manchester United und wurde zur Legende. Allerdings auch zur kontroversen, seit er am 25. Januar 1995 einen Zuschauer, der ihn bespuckt und mit rassistischen Äußerungen beleidigt hatte, im Kung-Fu-Stil malträtierte. Ein halbes Jahr Sperre war die Folge. 1997 trat der damals 31-jährige, vollkommen überraschend – auf dem Höhepunkt seiner (internationalen) Karriere – vom Fußball zurück. Ein Riesen-Poster von ihm ziert die Schlafzimmertür des kleinen Eric. Als nun über DEM alles zusammenzubrechen droht, naht Hilfe. Profi-Hilfe. Vom GROSSEN Éric höchstpersönlich: Éric Cantona taucht auf und wird zum Ratgeber, zum Berater und Freund unseres Briefträgers. Und siehe da, es ist nie zu spät bzw. man kann sich und alles durchaus neu sichten und verändern und überhaupt…

Wie einst Humphrey Bogart bemüht wurde, um den neurotischen Woody Allen (als Allan Felix) in „Mach´s noch einmal, Sam“ (1971) „auf Vordermann“ zu bringen, so tritt hier der charismatische, unkonventionelle Kult-Starfußballer Éric Cantona auf, um eine verlodderte Seele zu reaktivieren. Das hat was, macht Spaß, ist wunderbar märchenhaft, ohne blöd zu sein; kommt mit Charme, Augenzwinkern und Coach-Spaß tragikomisch-fein ‘rüber. Loach vermag den Spagat zwischen Quatsch und Ernst wunderbar zu timen, läßt die Balance zwischen Depri und Jux unterhaltsam pendeln, zeigt letztlich ein humanes Lächeln. Der Film ist prima, weil auch DER SCHAUSPIELER Éric Cantona von verschmitzter Pfiffigkeit ist und körpersprachlich amüsant dominiert. EIN GUTER TYP, auch auf der Leinwand. Dabei ist zu erwähnen, dass „das makelhafte Genie“ (Loach) schon seit vielen Jahren vor allem in Frankreich als Schauspieler aktiv ist. Gemeinsam mit dem „trockenen“ Steve Evets als „Postman“ bildet er hier ein Prima-Gespann. Das zu Höchstform aufläuft und ganz auf SIEG spielt… (= 4 PÖNIs).

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