PÖNIs: (4,5/5)
„LOGAN LUCKY“ von Steven Soderbergh (USA 2016; B: Rebecca Blunt (= Jules Asner/Ehefrau von Steven Soderbergh); K: Peter Andrews (= Steven Soderbergh); Schnitt: Mary Ann Bernard (= Steven Soderbergh); M: David Holmes; 119 Minuten; deutscher Kino-Start: 14.09.2017); dass er schon öfters mal sagte, fortan keine Filme mehr drehen zu wollen, weil er das hollywood‘sche Studio-Finanz- und Kontroll-Gebaren satt hat, hat der heute 54-jährige Drehbuch-Autor, Produzent, Kameramann und Cutter STEVEN SODERBERGH Gott sei Dank nie eingehalten. Immer revidiert. Schließlich zählt er zu den innovativsten und denk-kreativsten Ami-Filmemachern überhaupt. Der Mal im Mainstream prima herumstreunert („Out of Sight“; „Erin Brockovich“; „Ocean’s 11 – 13″/s. Regisseur-PORTRAIT), um mit den dort verdienten Einnahmen „seine“ (Arthaus-)Filme machen zu können wie die beiden „Che“ (Guevara-)Movies oder „Traffic – Macht des Kartells“, wofür er im Jahr 2000 den Regie-„Oscar“ erhielt. Im Übrigen, unvergessen: Sein Debüt mit dem Independent-Streifen „Sex, Lügen und Video“, für den er beim Cannes-Festival von 1989 mit dem Hauptpreis, der „Goldenen Palme“, als jüngster Regisseur überhaupt ausgezeichnet wurde. Zuletzt war Steven Soderbergh 2013 mit dem prächtigen Jude Law-Thriller „Side Effects – Tödliche Nebenwirkungen“ (s. Kino-KRITIK) im Kino. Sein neues Werk entstand völlig unabhängig vom Finanzplatz Hollywood. Und diese künstlerische Freiheit, machen und entscheiden zu können was er will, hat Steven Soderbergh filmisch prächtig-unbeschwert ausgelebt. Sein neuester Film ist und besitzt: KLASSE.
„Logan Lucky“ kommt mit „Ocean’s“-Geruch daher. Ist auch von der Story „so“ angelegt. Nur: halt umgekehrt. Angesiedelt. Nämlich: im „anderen“ Milieu. Während es damals Clooney-glimmerte und Las Vegas-glitzerte, heißt es hier: Prekariat schufte. Gefälligst. Lass‘ dir was Bescheuertes einfallen, um den „American Dream“ einzuheimsen. Um dir „Wohlstand“ anzueignen. Dabei sieht es eingangs gar nicht danach aus, denn auf der Logan-Family aus West Virginia liegt ein Fluch. Meint jedenfalls Sohn Clyde (ADAM DRIVER), der im Irak-Krieg seine linke Hand samt Unterarm verloren hat und nun als einarmiger Barkeeper viel Spott und Hohn auszuhalten hat. Während sein impulsiver älterer Bruder Jimmy (CHANNING TATUM) seine Karriere als American Foot-Baller wegen einer Knieverletzung aufgeben musste und nun als Bauarbeiter schuftet, der gerade entlassen wird. Aber: Aufgeben is‘ nich‘. In dieser Familie. Gemeinsam mit ihrer rüden Schwester Mellie (RILEY KEOUGH) entsteht ein völlig bekloppter Plan: Die Einnahmen beim höchstdotierten Stock-Car-Rennen in der Gegend zu klauen. Aber, man zählt halt nicht zu den Gescheitesten, weiß auch um die „Defizite“. Deshalb wird ein Profi ins kriminelle Boot geholt. Das Zunächst-Problem: Dieser Spezi für Tresorsprengungen, ein blondierter Typ mit dem passenden Namen Joe Bang („007″/DANIEL CRAIG), befindet sich gerade im Knast. Will eigentlich gar nicht so schnell wieder ‘raus und muss also erst einmal „überzeugt“ werden, sich der „Logan-Gang“ anzuschließen. Mit besseren Worten: Muss erst von dort heraus „gebeten“ werden. Als dann noch dessen jüngere Hinterwald-Brüder Fish & Sam (JACK QUAID & BRIAN GLEESON) auftauchen, ist das schräge Team beisammen.
Ab dort muss man die Show nur noch genießen: Schön dauer-schmunzelnd mit-empfinden. Denn nun startet Soderbergh seine köstlichen Einfälle, mit einem Ideenreichtum, bei dem es amüsant-durchtrieben-doppelbödig abgeht: Dank prickelnder visueller Gags, aufgrund der vorzüglich witzig-pointierten Dialoge, mit zugleich diesen spitzzüngigen gesellschaftskritischen Spitzen, wenn es etwa um „normalen“ Pfusch am Bau, Wasserverschmutzung oder um gnadenlos bürokratische Versicherungspraktiken geht. Dabei stimmt bei Soderbergh die Balance auf den Pointen-Punkt-genau: Seine Unterschicht-Helden werden nie denunziert, etwa als Glücks-Affen vorgeführt, sondern sind auf ihre absonderlichen „Attacken“ diejenigen Lands-Leute, die niemals etwas vom amerikanischen „Trump“-Dollar-Kuchen abbekommen würden, deshalb also „Eigen-Hand“ anlegen, um nicht gänzlich abzustinken. Unterzugehen. Unsere Solidarität ist ihnen gewiss.
Die Darsteller sind ein sensibler Hammer. Der skurrile Adam Driver bewährt sich Buster Keaton-stoisch; Channing Tatum weiß den zurückhaltenden Führungston angemessen ‘rüber zu bringen, während die totale Überraschung Daniel „007“ Craig als selbstironischer Spitzen-„Sträflings“-Komiker ist. Wie er hier locker-lässig seine Figur humorvoll platziert, lässt sich vortrefflich genießen. Weiterhin mit im schrägen Film-Boot: die Dopppel-„Oscar“-Lady HILLARY SWANK als bizarre FBI-Agentin und Country-Star DWIGHT YOAKAM als scheinheiliger Gefängnisdirektor. Während als musikalische Song-Breitseiten unter anderem der Klassiker „Take Me Home, Country Roads“ mit John Denver und Oldie „Fortunate Son“ von Creedence Clearwater Revival Heimat-ergriffen zwinkernd tönen.
Der letzte Satz über diesen großartigen, SEHR Gute-Laune verbreitenden Unterhaltungsstreich stammt aus dem aktuellen „Spiegel“ (Nr. 37): “ ‘Logan Lucky‘ ist ein ebenso ironischer wie patriotischer Film, der die kriminelle Energie der amerikanischen Arbeiterklasse rückhaltlos feiert“ (= 4 1/2 PÖNIs).