LITTLE MISS SUNSHINE

LITTLE MISS SUNSHINE“ von Jonathan Dayton und Valerie Farris (USA 2006; B: Michael Arndt; K: Tim Suhrstedt; M: Mychael Danna; DeVotchKa; 101 Minuten; Start D: 30.11.2006); einem Ehepaar, das hier ihr – für 8 Mio. Dollar produziertes – Spielfilm-Debüt vorlegt (das alleine in den USA rd. 60 Mio. Dollar einspielte). Dayton & Farris können als Produzenten und Regisseure auf eine Vielzahl innovativer Projekte in unterschiedlichsten Medien zurückblicken; insgesamt hat das Duo bei über 75 Projekten zusammengearbeitet, darunter bei TV-Programmen, Werbespots und Musikvideos.

Die inhaltliche Story-Kurzfassung ihres ersten Kinofilms könnte man so beschreiben: Eine verkorkste Familie findet auf einer verkorksten Reise nach Kalifornien zu sich. Das alleine aber wäre/ist viel zu banal. Für eine unorthodoxe „American way of life“-Geschichte, die sich – nach „Thank You For Smoking“ – als zweites „realistisches Satire-Ereignis“ in diesem Kino-Jahr erweist. Motto: DER WEG IST DAS ZIEL. Nicht die Ankunft. Eine amerikanische Familie, außerhalb von Disney & Co.: Papa Richard gibt den Motivator („Refuse to lose“/“…sich weigern zu verlieren/ein Verlierer zu sein“), mit einem 9 Stufen-Programm zur Selbstmotivation glaubt er die richtigen Werte vermitteln zu können. Doch der Enthusiasmus des Selfmade-Mannes, mit einem „entsprechenden Buch“ endlich groß ´rauszukommen, entpuppt sich als Illusion.

Teenager-Sohn Dwayne stemmt zuhause Gewichte, liest Nietzsche und will solange sein Schweigegelübde einhalten, bis er Luftwaffenpilot werden kann. Mama-Bruder/Schwager Frank hat einen Selbstmordversuch unternommen, weil ihn sein Liebhaber verlassen hat und ihm die Anerkennung als „bester amerikanischer Proust-Experte“ verwehrt wird. Jetzt wird er bei Dwayne im Zimmer einquartiert und versteht sich „seltsamerweise“ mit dem ganz gut. Großvater Edwin hat im Altersheim dermaßen Dauer-gekokst und geflucht, dass sie ihn dort ´rausgeschmissen haben. Während Mama Sheryl die familiäre Chose angestrengt zusammenzuhalten versucht, wird Nesthäkchen Olive von allen geliebt.

Die bebrillte, etwas pummlige und ziemlich clevere 7jährige hofft/setzt alle Energie daran, bei einem kalifornischen Schönheitswettbewerb für Kleinmädchen mitmachen zu dürfen. Also geht „die Crew“ auf Tour. Frustriert, aber immerhin: Gilt es doch, den naiven, aber konsequent „vorgetragenen“ Traum der Kleinen zu erfüllen. Mit einem klapprigen, gelben 70er Jahre VW-Bus. Was die „Probleme“ zwangsläufig erweitert.

Stichworte: Klemmende Hupe; kaputte Gangschaltung, so dass man beim Anfahren stets rennend von der Seite hineinspringen muss; der Transport einer Leiche im Kofferraum, aber auch: Warum z.B. die Mitnahme von Pornos zur Behebung von Schwierigkeiten mit amerikanischen Amtspersonen führen kann. Mit knappem, lakonischem Understatement, brillanten Dialogen (Drehbuch: MICHAEL ARNDT), deftiger Situationskomik und einer grässlich-grandiosen letzten halben Stunde wird der Film zu einem höchst vergnüglichen, politisch hochinteressanten und köstlich-typengerechten Ereignis.

Bei dem, wie gesagt, nicht die Ankunft, sondern die gemeinsame Fahrt-dorthin von entscheidender wie origineller Bedeutung ist. Und alles so gut funktioniert, weil DIE SCHAUSPIELER von einzigartiger Köstlichkeit sind: GREG KINNEAR gibt den lange unbelehrbaren „Es läuft doch gut“-Dad; die längst bestens in Amerika angekommene Australierin TONI COLLETTE („Muriels Hochzeit“; „The Sixth Sense“/die Mutter; „In den Schuhen meiner Schwester“) überzeugt als gestresstes Familien-Oberhaupt; Steve Carell & Paul Dano spielen die „sensiblen Bekloppten/Neurotiker“ mit umwerfenden Mimik-Charme; ALAN ARKIN („Warte, bis es dunkel ist“; „Catch 22“) darf sich als rüder Opa süffisant austoben.

Ein Glücksfall von charismatischem Nesthäkchen aber ist die kleine ABIGAIL BRESLIN als unschuldiger Sonnenschein, den es schließlich zu beschützen gilt. Ein ganz und gar außergewöhnliches, vorzügliches Road-Movie, das unaufdringlich wie unaufgeregt in das Innere einer sicherlich nicht nur „amerikanischen Familie“ blickt und dabei sehr Nachdenklich-Witzig-Wunderliches entdeckt. Ein Film mit baldigem KULT-Geschmack (= 4 ½ PÖNIs).

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