„DER LETZTE ZUG“ von Joseph Vilsmaier und Dana Vávrová (D/CZ 2006; 123 Minuten; Start D: 09.11.2006); deren Anfangs-Filme – als Regisseur und Hauptdarstellerin -, „Herbstmilch“ und „Rama Dama“ (1988 + 1990), viel Zuspruch fanden. Während die Vilsmaier-Streifen danach, u.a. „Stalingrad“, „Schlafes Bruder“, „Comedian Harmonists“ sowie vor allem „Marlene“ (2000) und zuletzt „Bergkristall“ (2004), mitunter heftig kritisiert wurden. Nach dem Absprung von Armin Mueller-Stahl, Rolf Schübel und Ivan Fila übernahmen die Beiden im letzten Frühjahr die (in der Zusammenarbeit mit Produzent Artur Brauner sowie durch eine schwere Verletzung Vilsmaiers infolge eines Unglücks während der Dreharbeiten) angespannten Dreharbeiten in Prag und Berlin.
Thema: Kriegsjahr 1943. Die Nazis wollen Berlin endgültig „judenrein“ machen. Menschen werden aus ihren Häusern/Wohnungen gezerrt/geprügelt/auf der Straße verhaftet und zum Bahnhof Grunewald gebracht. Über 70.000 Juden wurden bereits aus der Hauptstadt deportiert. Im April, kurz vor dem Geburtstag „des Führers“, rollt von Gleis 17 ein Zug mit 688 Juden in Richtung Auschwitz. Zusammengepfercht in Viehwaggons, kaum Wasser, kein Essen. Alte, Junge, Kinder/Babys. Akademiker, Arbeiter, Künstler, Sportler, Hausfrauen. Arme, Reiche, Schwangere, Familien, Fremde, Freunde. Auf Hilferufe antworten die begleitenden Soldaten mit Maschinengewehr-Schüssen.
Der Film „Der letzte Zug“ handelt von der sechs Tage dauernden Reise in den Tod. Dabei beschreibt er die im Grunde unbeschreiblichen Zustände in einem dieser Waggons mit 100 Gefangenen. Unerträgliche Hitze, Durst, Hunger. Die Enge. Verzweiflung, Fassungslosigkeit, Hoffnungslosigkeit. Das Wissen um die Ausweglosigkeit. Entsetzen, Angst, Resignation. Die Kamera verlässt nur ganz selten den Waggon, bleibt ganz nah an den Menschen, die an Entkräftung sterben oder wahnsinnig werden. Das Leid verschlägt einem immerfort den Atem. Am Ende schließlich, angekommen in Auschwitz, öffnet sich die Waggontür, die Kamera blickt auf die Passagiere – und die Lebenden sind kaum mehr von den Toten zu unterscheiden.
Die Intensität der Darstellung macht den Betrachter ebenso fassungslos, geht unter die Haut, berührt direkt in Kopf und Bauch. Das Ensemble – mit u.a. Gedeon Burkhard, Lale Yavas („Adolf-Grimme“-Preisträgerin für die Hauptrolle in dem TV-Zweiteiler „Zeit der Wünsche“), Juraj Kukura, Sibel Kekilli („Gegen die Wand“), Brigitte Grothum – spielt überzeugend, ist SEHR glaubwürdig, umso mehr hier weniger die Worte und mehr die Körpersprache gefragt ist. Ein erschütternder, wichtiger, nachhaltig wirkender Film, der zu den eindrucksvollsten deutschen Produktionen der letzten Jahre zählt und unbedingt zum künftigen schulischen Film-Pflichtprogramm gehören sollte (= 4 PÖNIs).