THE LADY – EIN GETEILTES HERZ

THE LADY – EIN GETEILTES HERZ“ von Luc Besson (Fr/GB 2010/2011; 133 Minuten; Start D: 05.04.2012); dies ist schon eine Überraschung, dass der französische Spezialist für sonst so rüde einheimische Action-Movies („Nikita“; „Leon –Der Profi“) sich hier mit dem sensiblen Porträt einer seit vielen Jahren im Fokus der asiatischen wie internationalen Weltpolitik stehenden Polit-Frau befasst: AUNG SAN SUU KYI. D e r birmanischen Hoffnungsträgerin für Freiheit und Demokratie im heutigen Myanmar, dem früheren Birma. Die 1991 den Friedensnobelpreis „für ihren gewaltfreien Kampf für Demokratie und Menschenrechte“ zugesprochen bekam. Die anderthalb Jahrzehnte in ihrem Land von der Militärjunta unter Hausarrest gestellt und am 13. November 2010 daraus entlassen wurde. Sofort in die oppositionelle Politik zurückkehrte, um schließlich am vergangenen Wochenende (31.3./1.4.2012) bei Nachwahlen, in ihrem Wahlbezirk Kawhmu, südlich der alten Hauptstadt Rangun, einen Sitz im Parlament zu gewinnen. Aung San Suu Kyi und ihre Mitstreiter von der „National League for Democracy (NLD) sind damit endgültig von (verfolgten) Außenseitern innerhalb der politischen Landschaft zum Teil des politischen Systems geworden. Was in bzw. von der globalen Polit-Welt sehr wohl zur Kenntnis genommen wurde. Aung San Suu Kyi ist auf dem besten Weg, möglicherweise einen verantwortlichen Regierungsposten in ihrem Land zu übernehmen. Der erste Schritt ist getan. Wurde „geduldet“.

Aung San Suu Kyi kam am 19.Juni 1945 als Tochter eines Generals in Rangun zur Welt, dem Britisch-Birma, der gegen die Kolonialmacht kämpfte. Als sie zwei Jahre alt war, wurde ihr angesehener Vater während einer Kabinettssitzung ermordet. Wenige Monate vor der Unabhängigkeit des Landes. (Ihm wurden damals große Chancen eingeräumt, Birmas erster frei gewählter Präsident zu werden). Suu Kyi wuchs in Indien auf, wo ihre Mutter ab 1960 als (erste) Botschafterin ihr Land vertrat. Besuchte angesehene Schulen von Neu-Delhi. Freundete sie sich u.a. mit Indira Gandhi an. Absolvierte schließlich an der Universität von Oxford ein Philosophie-, Politik- und Wirtschaftsstudium. Arbeitete später für die Vereinten Nationen in New York. Während Aung San Suu Kyi 1972 den britischen Tibet-Forscher Michael Aris heiratete und ihre Söhne Alex und Kim zur Welt brachte, schottete sich Birma, das seit 1962 von wechselnden Militärmachthabern diktatorisch regiert wurde, von der Außenwelt ab. 1988 reiste Aung San Suu Kyi nach Birma, um ihre todkranke Mutter zu pflegen. Als sie sich im „zweiten Kampf für die Unabhängigkeit“ politisch engagierte und zur Symbolfigur der Volksbewegung wurde, nicht zuletzt, weil ihr Vater im Land wie ein Heiliger verehrt wird, bedeutete dies auch die einschneidende persönliche Entscheidung, das Land nicht verlassen zu können. Denn eine Rückkehr wäre unmöglich gewesen. Ihren in Oxford lebenden britischen Ehemann sollte sie deshalb nie wieder sehen können.

Luc Besson und seiner Drehbuch-Autorin REBECCA FREYN geht es zuallererst um den persönlichen Einblick. In die Seelenbefindlichkeiten dieser außerordentlichen Frau. Die sich zwischen einem privaten und einem „offiziellen“ politischen Leben zu entscheiden hat. Dabei lebt sein menschliches und weniger politisches Drama, das „geräuschlos“ in Thailand gedreht wurde, vor allem vom „empfindsamen“ Auftreten dieser moralisch einwandfreien Heldin. Ihrem ebenso eisernen Willen wie dem verzweifelten Ausloten, sowohl „ihrer Aufgabe“ wie auch „ihren Gefühlen“ gerecht zu werden. Dabei wird sie tatkräftig von Ihrem fernen Ehemann Michael Aris (DAVID THEWILS/der Remus Lupin aus der „Harry Potter“-Reihe) unterstützt. Gerade auch, als er schwer erkrankt. Und sie eigentlich dringend bei sich benötigt.

Die aus Malaysia stammende 49-jährige MICHELLE YEOH, 1997 James Bond- bzw. Pierce Brosnan-Gegenspielerin in „Der Morgen stirbt nie“ und 2000 beeindruckende Fighterin in „Tiger & Dragon“ von Ang Lee, sieht der Menschenrechtsaktivistin nicht nur beklemmend ähnlich, sondern verkörpert sie sensibel. Würdevoll. Dennoch vermisst man Einblicke in „die Gründe der Politik“. Allgemein wie individuell. Der Film bleibt auf einer stark melodramatischen Emotionsebene. Reizt sich dadurch bald „handlungsarm“ selbst aus. Findet keinen und will auch gar keinen Zugang zum wichtigen, bedeutsamen, erklärenden „Drumherum“ finden. Dadurch bleiben die politischen wie seelischen Erschütterungen von Aung San Suu Kyi Behauptungen. Die sich einer notwendigen tieferen Einsicht entziehen.

„The Lady“ mutiert – bei einer „solchen“ Polit-Ikone – nur zu einem „bloßen“ Lebensfilm. Immer noch schön anzuschauen, mit einigen „intensiven“ Momenten, gewiss, aber doch vom thematischen Polit-Fleisch her viel zu wenig (wagemutig). Der Respekt vor dieser bewunderungswürdigen Frau ist größer als das filmische Erlebnis selbst (= 3 PÖNIs).

 

Teilen mit: