LA VÉRITÉ – LEBEN UND LÜGEN LASSEN

PÖNIs: (4/5)

„LA VÉRITÉ – LEBEN UND LÜGEN LASSEN“ von Hirokazu Koreeda (B + R; Fr 2018/2019; K: Éric Gautier; M: Alexei Gennadjewitsch Aigi; 106 Minuten; deutscher Kino-Start: 05.03.2020); der japanische Filmkünstler HIROKAZU KOREEDA, Jahrgang 1962, hat bisher nur in seiner Heimat gearbeitet. Filme wie „Maboroshi – Das Licht der Illusion“ (1995), „After Life – Nach dem Leben“ (1998) und „Nobody Knows“ (2004) wurden in Europa über die internationalen Filmfestivals von Venedig und Cannes bekannt. Sein Triumph: 2018 bekam der Autorenfilmer für seinen Film „Shoplifters – Familienbande“ die „Goldene Palme“ in Cannes zugesprochen. „La Vérité“, „Die Wahrheit“, eröffnete im Vorjahr die Filmfestspiele von Venedig. Koreeda gilt als Spezialist für feinfühlige Familiendramen.

SIE ist, im Kino wie im Leben, DIE DIVA. CATHERINE DENEUVE. Seit ihrem Debüt mit 13 Jahren („Les Collégiennes“) war sie in über 130 Filmen zu sehen. „Sie ist so schön, dass ein Film, in dem sie spielt, auch ohne Geschichte auskommt“, schwärmte Francoise Truffaut („Das Geheimnis der falschen Braut“). In ihrem aktuellen Film mimt sie – die glamouröse französische Filmdiva Fabienne. Die ist in die Jahre gekommen und hat gerade ihre Memoiren veröffentlicht. „La Vérité“. In denen sie, zusammengefasst, reichlich „spinnt“. Um sich ins beste nur mögliche Licht zu setzen. Als ihre Tochter Lumir (JULIETTE BINOCHE), selber Drehbuch-Autorin, mit ihrem Ehemann Hank (ETHAN HAWKE), Schauspieler, und der kleinen Tochter aus New York zur „überdimensionalen“ Mutter nach Paris zurückkehrt, ergeben sich viele Fragen und vor allem: „Meinungsunterschiede“. Die Fabienne gerne wegwischt: „Es sind meine Memoiren, wen interessiert die Wahrheit?“, erklärt sie die „Schönungen“ im Buch. Die Stimmung ist gereizt. Was Fabienne genießt. Sie hält gerne die Führungs-Zügel fest in ihren Händen. Genießt den unantastbaren Status. Der „diktierenden“ Herrin.

Wohlwissend: Selbst ein Star … altert. Dies sich einzugestehen, fällt der eitlen Ego-Diva nicht leicht. Zudem nervt sie, wenn ihr widersprochen wird. Zudem spürt sie die zunehmende Vergänglichkeit. Wobei das Ignorieren immer weniger möglich ist. Also präsentiert sie sich zickig. Wenig nahbar. Weitgehend listig-arrogant. Ihre „kreativen“ Schrullen deklariert sie zur Lebens-Kunst. Die, die sich um sie herumtrollen, sie betütteln, betrachtet sie als selbstverständliche Dienerschaft. Während sie ihren nun auch noch auftauchenden Ex-Ehemann zur Schildkröte degradiert. Für ihre neugierige Enkelin.

Aber: Da ist dieser Film. Den sie gerade dreht. Und in dem es um eine problematische Mutter-Tochter-Beziehung geht. Was Fabienne „darstellerisch“ zusetzt.

Wir tauchen ein. Wie in einen faszinierenden Roman. Wir beginnen ihn und planen, ihn ein wenig anzulesen. Dann packen uns Geschichte und … die Bilder. Von dieser Grand Dame der Kinematographie. Ihre Präsenz. Ihr Charisma. Ihr unübertroffener attraktiver Biss-Charme. Um dann gefangen-genommen zu werden. Von dieser Ausnahme-Ausstrahlung. Catherine. Deneuve. Die am Ende, als der Nachspann am rechten Bildrand läuft, links mutterseelenallein mit einem kleinen Hund in einer Pariser Baumgasse spazieren geht. Selbst dies ist … faszinierend. Im Herbst wird sie 77.

Ein ironischer, wehmütiger, emotionaler, großartiger SCHAUSPIELERINNEN-Ereignis-Film. Mit der einmal mehr brillanten Madame an der Rampe: DIE Deneuve (= 4 PÖNIs).

Teilen mit: