KÖNIGIN DER WÜSTE

Link für Pöni TV „KÖNIGIN DER WÜSTE“ von Werner Herzog (B + R; USA/Marokko 2014; K: Peter Zeitlinger; M: Klaus Badelt; 128 Minuten; Start D: 03.09.2015); SIE gab es wirklich: GERTRUDE BELL (1868 – 1926), eine Abenteuerin des Lebens. Aufgewachsen in England als Tochter einer privilegierten Unternehmer-Familie, entschließt sie sich nicht für „das Gängige“, die gepflegte Heirat mit einem aus „ihren Kreisen“, sondern beendet Ende des 19. Jahrhunderts mit knapp zwanzig Jahren als erste Frau erfolgreich ein Studium der Neueren Geschichte in Oxford. Und sie will „weiter“. Machen. Will hinaus aus den engen häuslichen wie gedanklichen Konventionen, hinein „in die Welt“, um es geschmäcklerisch, aber zutreffend zu formulieren.

Mit ihrer ersten Reise nach Teheran entdeckt Gertrude Bell ihre Leidenschaft und Begeisterung für den Nahen Osten und dessen Kultur. Und beginnt, angezogen von der unbekannten Fremde und getrieben von ihrem Entdeckergeist, mit eigenen Expeditionen und Forschungsreisen. Lernt arabisch, begibt sich couragiert in Regionen, in die sich „westlichen Kerle“ bislang nie hineingetraut haben, und macht sich als Schriftstellerin, Archäologin und Kulturvermittlerin einen viel geachteten, respektvollen Namen. „Khatun“ (Königin, Hohe Dame“) wird sie im Orient anerkennend von einheimischen Beduinen-Scheichs und Stammesfürsten genannt. Bald weiß sie mehr als jeder andere von den inneren Zuständen und Befindlichkeiten der „Menschen der Wüste“ und bekommt politische Bedeutung. Im Umfeld des Ersten Weltkriegs fungiert Gertrude Bell schließlich als politische Beraterin und Diplomatin für die Briten. Und ist maßgeblich an der Grenzsetzung des heutigen Iraks beteiligt.

Eine weibliche „Lawrence von Arabien“. Und er, dieser legendäre T. E. Lawrence, dessen Verkörperung Peter O‘ Toole 1962 unsterblich gemacht hat, taucht hier auch kurz einmal, „nebenbei“, in der jugendlichen Gestalt des grinsenden Robert Pattinson auf. Ansonsten aber wird IHRE Figur, die Regisseur David Lean damals in seinem opulenten Film unterschlug, gewürdigt. Mit einem außergewöhnlichen Pionier-Aufwand.

Gertrude Bell, eine Tochter Arabiens, erhaben-schön interpretiert von Hollywood-Star NICOLE KIDMAN. Im ersten Film-Teil erzählt uns der seit langem in den USA lebende Münchner Werner Herzog, an diesem Samstag, 5. September, seinen 73. Geburtstag begehend, in bildgewaltigen, betörenden Landschaftsbildern vom ländlichen Glanz der Region. Der wunderschönen Wüste. Mitten drin, unbeirrt, energisch, sensibel, intelligent: Gertrude Bell. Hitze und Staub und (männlichen wie militärischen) Vorurteilen widerstehend. Die sich dann, nachdem zwei intensive Liebschaften – mit einem mittellosen und spielsüchtigen Botschaftssekretär (JAMES FRANCO) und einem verheirateten Major (DAMIEN LEWIS) – in die Brüche gegangen sind, im zweiten Film-Teil fortan nur noch „auf ihre Aufgabe“ konzentriert, sich als wissende Expertin und humane Vermittelnde für den Nahen Osten zu beweisen. Inmitten einer weitgehend nur von Männern befehligten, dominierten Welt. Die sich ungern etwas von einer Frau „sagen“ lassen will. Und dann doch viel sagen und erklären lassen muss.

Typisch Herzog: Ein Mensch der Extreme. Wird beschrieben. Hier: Eine Frau, mit unbändigem Ego, cleverer Intelligenz und listiger Schönheit, beschreitet konsequent ihren selbst gewählten, selbst-bewussten Weg. Jenseits jedweder Norm. Ohne albernen oder übertriebenen Heldenschein, sondern mit Geschick, Mut und Verstand. Wider angesagter Vernunft. „Oscar“-Ikone NICOLE KIDMAN, 47, („The Hours“), zeigt sich charakter-dominant, (endlich wieder) gesichts-beweglich und von souveräner Statur. Eine vitale Wüsten-Frau. Die mit ihren 1 Meter 80 viele Männer lässig überragt: Was für ein hübscher pointierter Effekt!

„Queen Of The Desert“ ist unterhaltsam, von pompösem Bilderglanz begleitet und mit atmosphärischer und emotionaler Spannung angemessen durchsetzt. Und wenn sich zuletzt Churchill schließlich auf ein Dromedar wuchtet, neigt sich sogar eine ironische Lächerlichkeit über die gedankliche Szenerie. „Königin der Wüste“ ist wie ein guter Film-Schmöker, den man sich gerne antun kann (= 3 ½ PÖNIs).

 

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