Der viel zu früh verstorbene französische Humanist und Filmemacher Francois Truffaut hat einen Stoff hinterlassen, der im Vorjahr unter dem Titel „DIE KLEINE DIEBIN“ von Claude Miller (Fr 1988; 109 Minuten; Start D: 04.05.1989); routiniert verfilmt wurde.
Er ist Anfang der fünfziger Jahre in einer französischen Kleinstadt angesiedelt. Dort wächst – ziemlich alleingelassen – die 16jährige Janine bei Pflegeeltern auf. Weil sich niemand wirklich für sie interessiert und aus Mangel an Zuneigung, Zärtlichkeit und Liebe hat sich Janine eine Scheinwelt eingerichtet. In der existiert zuallererst Kino und Klauen. Doch lange geht das natürlich nicht gut. Janine bricht die Schule ab und verdingt sich als Kammerzofe, Hier lernt sie ihren ersten Mann kennen. Doch das bleibt ein Techtelmechtel auf Zeit, verschafft ihr allerdings Kenntnisse in Literatur und Musik. Raoul taucht auf, ein junger, in den Tag hineinlebender Klein-Ganove und Motorradfan. Der wird ihre erste große Liebe. Aber die Idylle ist von nur kurzer Dauer. Janine kommt in ein Heim für Schwererziehbare, haut ab und landet am Ende wieder bei ihren Pflegeeltern. Doch die wollen sie nicht mehr.
“Die kleine Diebin“ ist die Geschichte einer Jugendlichen, die, weil auf sich allein gestellt und angewiesen, viel mehr Zeit und Erfahrungen braucht, um zu wissen, wo und wie es im Leben langgeht. Der Film lebt voll und ganz von Charlotte Gainsbourg, der Tochter von Jane Birkin und Serge Gainsbourg. Sie war schon im vorletzten Claude Miller-Film, “Das freche Mädchen“, die Hauptakteurin und beherrscht auch hier die Szenerie. Der Regisseur von Filmen wie “Das Verhör“ oder “Das Auge“ verlässt sich voll und ganz auf sie, obwohl Charlotte mit ihrer frechen, neugierigen Schnute längst noch nicht abendfüllend ist. Aber das ist egal. Es ist ein Stoff von Truffaut, der diese Janine wie einst seinen Antoine Doinel betrachtete: ein Kind-Sein, eine Kindheit und Frühreife mit Wehmut und Bitterkeit.
“Die kleine Diebin“ ist nun der endgültige Abschied von Francois Truffaut (= 4 PÖNIs).