KIND 44

KIND 44“ von Daniel Espinosa (USA/GB/Tschechien 2013; B: Richard Price; nach dem gleichnamigen Roman von Tom Rob Smith/2008; Co-Produzent: Ridley Scott; K: Oliver Wood; M: Jon Ekstrand; 138 Minuten; Start D: 04.06.2015); die beste Werbung kam aus dem russischen Kulturministerium, das diesen Film aus den heimischen Kinos wegen „Entstellung historischer Tatsachen“ verbannen ließ. Dagegen war unsere Filmbewertung („Deutsche Film- und Medienbewertung“) ganz aus dem Lobes-Häuschen: Hier handele es sich um einen „wichtigen gesellschaftskritischen Film, der aufklärt über eine Zeit, in der ein System sich über alles stellte. Sogar über die Wahrheit“: Prädikat „besonders wertvoll“.

Zunächst einmal – inspiriert wurde der britische Schriftsteller TOM ROB SMITH, 1979 in London geboren, zu seinem Roman „Kind 44“ durch den Kriminalfall des ukrainisch-russischen Massenmörders Andrei Romanowitsch Tschikatilo, der in den 1980er Jahren 53 Menschen umbrachte. Den Anfang 2008 erschienenen Debüt-Roman, der zum Besteller avancierte, baute der Autor zu einer Trilogie aus: 2009 folgte der Thriller „Kolyma“ und 2011 „Agent 6“. „Kind 44“ allerdings siedelte Tom Rob Smith nicht in der heutigen Zeit an, sondern verlegte sie in die grausame Sowjet-Zeit der stalinistischen Säuberungen in den 1950er Jahren. Wo Losungen wie „Im Paradies kann es keinen Mord geben“ herrschen. Und sich der stets linientreue Geheimdienst-Offizier Leo Demidow (TOM HARDY) wundert, dass in Moskau sich niemand für den Vorgang „verschwundene Kinder“ zu interessieren scheint. Demidow, einst der Soldat, der bei der Eroberung von Berlin die sowjetische Flagge auf dem Berliner Reichstag hisste, gerät durch seine Neugier selbst unter immensen Druck. Wird von seinem Vorgesetzten (VINCENT CASSEL) beauftragt, als Zeichen seiner Ergebenheit seine unter Verdacht geratene eigene Frau Raisa (NOOMI RAPACE) zu beschatten. Weil aber seine Aktivitäten in Sachen „Kinder“ nicht aufhören, wird Demidow schließlich in die Provinz versetzt, um ihn endlich vom Hals zu haben. Dort aber schnüffelt Leo weiter und wird zum Feind des Staates. Sein ewiger Widersacher und Rivale um seine Frau, Vasili (JOEL KINNAMAN), kann triumphieren.

Was sich schlüssig und spannend anhört, wurde vom schwedischen Regisseur Daniel Espinosa – durch die Thriller „Easy Money – Spür die Angst“ und „Safe House“ (s. Kino-KRITIK) auch hierzulande bekannt geworden – unübersichtlich und orientierungslos inszeniert. Zu viele verwuselnde Neben(bei-)Plots, verschiedene Erzählstränge und diffuse Charaktere (ein GARY OLDMAN als Miliz-Anführer wirkt völlig unterfordert), die nicht ausgereizt und identifizierbar werden, sowie die dann die in den Action-Szenen rabiaten, nervigen Wackelhandkamera-Bilder lassen Interesse, Reiz und Spannung bald erheblich schmälern. Die Sowjetunion, speziell ihre Hauptstadt Moskau, wird „genüsslich“ als ekliger, verbrecherischer Dreckstall präsentiert, in dem Andersdenke wie überhaupt jeder festgesetzt und getötet werden kann. In dieser „08/15-Dicke“ keine Substanz-Kritik an einstige schlimme, furchtbare, menschenverachtende sowjetische Verhältnisse und Zustände, anlässlich eines sich ausweitenden Kriminalfalles dort, sondern nur ein anfangs noch atmosphärischer, dann mehr und mehr simpler Ami-Krimi mit vergeblichem Anspruch, vielem gerecht werden zu wollen. Kritische Sowjet-Spannung herstellen zu wollen. Was nur sehr, sehr begrenzt funktioniert (= 2 PÖNIs).

 

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