„JUD SÜSS – FILM OHNE GEWISSEN“ von Oskar Roehler (D/Ö 2009; 120 Minuten; Start: 23.09.2010); nein, nein, der Film, der auf der diesjährigen Berlinale deutscher Wettbewerbsbeitrag war und ziemlich einhellig „zerrissen“ wurde, ist nicht deshalb so schlecht, weil sich Drehbuch-Autor KLAUS RICHTER („Die Geschichte vom Brandner Kaspar“ von Joseph Vilsmaier) und der 51-jährige Starnberger Oskar Roehler einige „künstlerische Freiheiten“ gegenüber Tatsachen genommen haben, sondern weil er fürchterlich inszeniert ist. Banal, lächerlich, charakter-doof, einfältig sowie mit einem „Unterleibs-Stuss“ weit unterhalb der geschmacklichen Hutschnur. Wenn er denn wenigstens oder irgendwie provozieren, dabei gedanklich anregen oder darstellerisch beeindrucken würde/könnte…, nichts da. Bis auf eine „schön-eklige“ Ausnahme, aber davon später mehr. Zunächst einmal die historischen filmpolitischen Details: Die UFA-Stars Emil Jannings, Gustav Gründgens und Paul Dahlke waren nur einige der Schauspieler, die nicht bereit waren, die Hauptrolle zu übernehmen. So kam der 37-jährige österreichische Schauspieler FERDINAND MARIAN ins propagandistische Nazi-Spiel. Der Leinwand-Frauenschwarm der späten 30er Jahre („La Habanera“/1938, als verführerischer Don Pedro, neben Zarah Leander) übernahm die Titelrolle. „Jud Süß“ wurde am 5. September 1940 auf den Filmfestspielen von Venedig welturaufgeführt. Am 24. September 1940 hatte der Film im Berliner „Ufa-Palast am Zoo“ deutsche Kino-Premiere. In den Statistiken heißt es: Bis 1943 sahen über 20 Millionen Menschen in Europa den Film. Nach dem Krieg wurden öffentliche Vorführungen des Films verboten. Heute gilt er als „Vorbehaltsfilm“. Der Rechteinhaber, die Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung, darf den Film nur mit einem begleitenden Kommentar sowie unter „Auflagen“ vorführen. Der Vertrieb ist verboten. Roehlers Film setzt 1939 an. Als Ferdinand Marian (läppisch bis eindimensional-uninteressant: TOBIAS MORETTI, einst der „Chef“ vom Polizeiserienhund „Rex“) vom listig-lächelnden Zyniker Goebbels (MORITZ BLEIBTREU) umworben, „eingefangen“ wird. Gegen den Willen seiner (im Film) halbjüdischen Ehefrau Anna („unauffällig-angestrengt“: MARTINA GEDECK). Widerstand zwecklos, wird Marian signalisiert. Ein „eifriges“ Dienstmädchen im Haus ist sofort als Denunziantin ausgemacht, nur DIE merken es halt nicht. Britta (Anna Unterberger als Klischee-Doofe) verrät den im Gartenhaus bei den Marians untergebrachten jüdischen Schauspieler Adolf Wilhelm Deutscher (HERIBERT SASSE); ihr Verlobter, SA-Fuzzi Lutz (ROBERT STADLOBER), lässt ihn festnehmen. Währenddessen Stress, Hektik bei den aufwändigen Vorbereitungen und Dreharbeiten. Starregisseur Veit Harlan (JUSTUS VON DOHNANYI als schlapper brauner 08/15-Mitläufer) hat mächtig zu tun, währenddessen Ferdinand Marian mehr und mehr seine ausweglose Lage erkennt. Frust, Alkohol, eine flotte Bumserei mit der geilen Frau Frowein (GUDRUN LANDGREBE), der Ehefrau eines KZ-Kommandanten, die so gerne vom „Juden“ vergewaltigt werden möchte, am offenen Fenster, während drumherum die Bomben auf Berlin fallen und knallen. Hurrah. Kasperle-Theater in feschen Kostümen. Um den absaufenden Mimen unter Kontrolle zu bringen, lässt Goebbels schließlich seine Ehefrau deportieren. Vorhang. Nach dem Krieg ist Ferdinand Marian sowieso und bald tot. Ein Autounfall. Oskar Roehler, der manchmal cool-stürmisch, rotzig, frech provoziert hat („Sylvester Countdown“, das wunderbar ungehobelte 96er Debüt; sein Mutter-Meisterwerk „DIE UNBERÜHRBARE“/1999, mit Hannelore Elsner; zuletzt „LULU & JIMI“/1999; DAS deutsche B-Rock ´n´ Roll-Movie überhaupt), hat auch schon viel „Schrott“ geschaffen (u.a. „Agnes und seine Brüder“/2003; „Elementarteilchen“/2006). Hier nun wirkt er völlig überfordert. Lässt seinen Darsteller-Liebling MORITZ BLEIBTREU eine faszinierende, unterhaltsame Knall-Nazi-Obertype von Goebbels „tun“: Goebbels als irrer Clowndolli, auweiha-gut. Macht zwar keinen Sinn, ist aber wenigstens „bekloppt-komisch“ als verrückte Nazi-Zirkus-Nummer. Roehler zerhackt fast jeden dramaturgischen Zusammenhang, die Szenen sind mitunter völlig unsinnig aneinandergeschnitten, wie eine Hecke mit der rostigen Gartenschere. Mal die gepeinigte Seele, mit viel Ach-Gottchen- Schmerz-Appeal vom simplen Maestro Marian, mal diese blöden Braunen. Mit ihren „Affigkeiten“. Die politischen Dimensionen kommen mit dem typischen Schullehrer-AHA daher, aufgepasst, ich zeig´ jetzt mal was, sind und bleiben stets alberne Behauptung. Die menschliche Annäherung an Ferdinand Marian wirkt nur gekünstelt, konstruiert, völlig unglaubwürdig. Geradezu dämlich. Im Denken, Handeln, in der permanenten Bewegung. SÄMTLICHE Figuren wirken eingeengt, nur uniformiert, ohne Tiefe, von Null-Interesse (MARTINA GEDECK in einer Ja-Nein-weiß nicht, weiß doch, weiß doch-nicht-Rolle; grottig). „Wir erzählen Emotionen, das ist unser Beruf“, verteidigten Roehler und Richter bei der Berlinale ihre lausige Arbeit. Emotionen? Von wegen: Die ganz große Langeweile ist angesagt. Gleichgültigkeit über so viel trivialen Schwachsinn macht sich breit. Und Ärger (= also ja, doch, Emotionen) über diesen Durchfall von geistigem und handwerklichem Dünnschiss-Movie (= 1 PÖNI). |
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