Interview mit dem Autoren-Filmer JOSEF RÖDL von Hans-Ulrich Pönack im Oktober 1986 anlässlich des Kinostarts seines Films „Der wilde Clown“ (s. Kino-KRITIK)
1949 in Darshofen/Oberpfalz geboren. Von 1964 bis 1968 Kraftfahrzeugmechaniker. 1972 über den Zweiten Bildungsweg Abitur in Nürnberg. Bis 1973 Zivildienst. Von 1973 bis 1976 Studium an der Hochschule für Fernsehen und Film in München. Filme: 1976 „Am Wege steh’n und nicht wissen, wohin sich dreh’n“ (Hofer Filmtage 1976; 1977 vom Bayerischen Fernsehen im III. Programm gesendet); 1976-78 „Albert – Warum?“ (Hofer Filmtage 1978; Berlinale 1979; Bundesfilmpreis 1979 für Regie; Rödl’s Abschlussfilm an der HFF München); 1980 „Franz, der leise Weg“ (Fernsehfilm, ZDF); 1982 zwei 30 Minuten-Kinderfilme (ZDF); 1983 „Grenzenlos“ (Quinzaine des Realisateurs, Cannes 1983; Preis des “Jungen Kino“, Locarno 1984); 1985-86 „Der wilde Clown“ (Hofer Filmtage 1986).
TIP: Am Anfang bitte ich Dich, ein kurzes Statement über Dich selbst zu formulieren.
Rödl: Mein Name ist Josef Rödl, ich wohne teilweise in München, teilweise in meinem Geburtsort an der tschechischen Grenze, im Bayerischen Wald. Ich bin von Beruf Handwerker, Filmemacher und Bauernsohn. Ich mache jetzt seit etwa zehn Jahren Filme, und sie alle sind fast ausschließlich im ostbayerischen Raum entstanden. Sie erzählen Geschichten über die Provinz. Ich versuche dabei dieses Land, Deutschland, aus einem spezifischen Blickwinkel zu betrachten und damit Allgemeingültigkeit herzustellen. Präzise: Ich bemühe mich, dieses Land aus einem Blick aus der Provinz zu beschreiben, ohne provinziell zu wirken.
TIP: Was war ausschlaggebend für die Geschichte, den Film “Der wilde Clown“?
Rödl: Ich komme aus einem Land, die Oberpfalz, das ist der vergessenste Platz dieser Republik, dort werden viele Negativeinrichtungen her wie Rhein-Main-Donau-Kanal, WAA und viele Truppenübungsplätze. Aus dieser vergessenen Ecke her versuche ich, dieses Land zu definieren. Ich erzähle eine Geschichte von Leuten, die in eine Art neues Land gehen, nämlich einen amerikanischen Truppenübungsplatz. Und das ist zunächst nur ein entleerter Raum, ein zivilisiert entleerter Raum. Dort wird nur noch geschossen, dort wird nur noch für den Krieg geübt, dort sind Dörfer verfallen, Kulturgeist vergangen, bäuerliche Kultur zerstört worden. Und ich erzähle von vier Personen, die dennoch hierher gehen, denn ich denke, dieses Stück Land ist so ein Konzentrat von deutscher Geschichte, deutscher Vergangenheit und deutscher momentaner Realität. Weil hier demonstriert wird, wie eine Region, eine Heimat, ein Land kulturell immer mehr verliert und verkommt. Für mich wird dieser Truppenübungsplatz zu einem Symbol, wie man eine Entwicklung aufhält, vielleicht umdreht, aber auf jeder Fall mit neuen, besseren Lebensformen füllt. Diese Vier stehen für mich für eine neue Suche, überall neues Land zu entdecken, dieses Land wieder kulturell und geistig, aber auch körperlich zu füllen, wieder bewohnbar zu machen. Dörfer wieder bewohnbar zu machen.
TIP: Eine Art Aufruf also aus der Provinz für die Provinz? Oder ist Dein Film nicht nur für die südliche Region unseres Landes gedacht?
Rödl: Ganz und nicht. Heimat gibt es auch natürlich innerhalb einer städtischen Landschaft. Was mich interessiert, ist das Ineinander gehen von Landschaft und Mensch. Ich glaube, dass die Seele des Menschen und die Seele einer Landschaft einen gemeinsamen Ausdruck haben. Der Mensch wird von der Landschaft geprägt und prägt durch sein Eingreifen auch wieder die Landschaft. Das könnte man auch am Beispiel einer Stadt aufzeigen. Wenn ich also so eine abgeschlossene Region wie einen Truppenübungsplatz beschreibe, dann ist das durchaus beispielsweise mit Berlin zu vergleichen, das ja auch von Grenze umgeben ist. So ein Platz existiert für sich selbständig und ist in den Köpfen der Leute rundum. Also der Leute, die dort noch wohnen, die dort mal gewohnt haben und sich außen angesiedelt haben oder zu Besuch kommen. Das ist im Grunde als fremdes Land, ganz weit weg, nicht mehr zu betreten. Heimatsuche…
TIP: Aber ist Heimat“ nicht auch ein abgestandener, ständig falsch definierte Begriff?
Rödl: “Heimat“, das ist bundesrepublikanische Wirklichkeit, und die interessiert mich, weil sie in Gefahr ist. Konkret: Was mich insbesondere interessiert, ist das aus dem Lot geratene, das bereits zerstörte, das nicht mehr lebensfähige einer Landschaft. Im Film gibt es ja dann auch den Satz: „Diese Landschaft gehört den Toten“. Und ich versuche Ansätze zu zeigen, wie man totes Land wieder lebendig machen kann.
TIP: Mit Bildern, die mitunter nicht den heutigen Kinosehgewohnheiten entsprechen.
Rödl: Gott sei Dank. Mein Film ist keine Trauerarbeit. Ganz im Gegenteil: Er besitzt eine phantastische Geschichte, ist eine Entdeckungsreise in ein fremdes Land mitten unter uns, ist hoffentlich ebenso sinnlich wie spannend, ist ein Film, der Spaß machen soll.
TIP: Und von Anfang an fürs Kino konzipiert war…?
Rödl: Mein Traumziel ist immer das Kino, der direkte Kontakt mit dem Publikum. Meine Filme gehören sowohl ins Land, wie auch ins Stadtkino. Wir haben „Der wilde Clown“ nach den Hofer Filmtagen in der Provinz gestartet, haben eine lange Reise gewagt, die erfolgreich war. Weil die Leute verstanden haben, was ich will. Denn ich versuche ja auch weniger mit Worten und mehr mit Bildern zu argumentieren. Ich reihe Bilder wie ein Bilderbogen aneinander, so dass sich zum Schluss das Gesamtbild einer Landschaft ergibt, die Ausdruck eines bestimmten Zustands ist. Die Hoffnung dabei war, dass sich diese Sinnlichkeit auch überträgt. Was ich dann als Resonanz gehört habe, wie Fragen gestellt wurden, wie die Leute zu argumentieren anfingen, darin konnte ich messen, wie sehr oder wie wenig ich den Nerv der Zeit getroffen habe. Erfreulicherweise meistens sehr.
TIP: Aber das Kino in der Provinz stirbt bekanntlich langsam aus…?
Rödl: Leider, und das ist mein Widerspruch und mein großes Problem. Die wenigen Kinos spielen eh‘ nur noch amerikanische Filme, aber da muss man halt beharrlich sein. Nur wenn ich mit den Filmen arbeite, sie überall hinbringe, wo sie überhaupt vorführbar sind, wenn ich sie dort zum Ereignis mache, dann kommen die neugierigen Leute und sind auch breit, sich mit Sachen auseinanderzusetzen, die sie normalerweise nicht sehen würden. Durch solche mühselige, aber auch schöne Arbeit kommt man wieder an die ran, für die Film eigentlich ‘steht‘, gemacht wird. Und dazu benötigt man nicht immer nur den großen Saal, wir haben da die unglaublichsten Erfahrungen gesammelt.
TIP: Dein Film ist aber auch eine Zustandsbeschreibung in Sachen Amerikanisierung in Deutschland?
Rödl: Amerika hat inzwischen bei uns tiefe Spuren hinterlassen. Wir sind bereits so stark geprägt, dass deutsche Kultur zurückgedrängt und amerikanisiert wird. Selbst in der Provinz, wo sich Einflüsse ver- zögern, trifft man diese Situation besonders dort stark an, wo Militär präsent ist. Bäuerliche Kultur wird zerstört, es gibt dort zerfallene Kirchen und Dörfer. Aber es ist mir nicht darum gegangen billigen Antiamerikanismus zu installieren, sondern vielmehr die Auseinandersetzung mit dem Fremdländischen, mit dem, was von außen reinkommt, ohne etwa nationalistisch zu werden. Mit dem Fremdländischen, das sowohl belebend als auch zerstörend sein kann. Ich glaub wenn unser Kulturbewusstsein weiter nur durch die Ökonomie bestimmt wird, dann wird deutsche Kultur vergehen. Um es mal banal zu konkretisieren: Die schönen Bauernschränke stehen heute nicht mehr bei den Bauern, sondern in den Wohnzimmern der Neureichen in den Großstädten.
TIP: In Hof hast Du mal gesagt: „Das Problem des Deutschen Films ist nicht die Provinz, sondern seine einfältigen Provinzler“? Wie ist das zu verstehen?
Rödl: heute aus der Provinz sind kaum im Filmgeschäft tätig, haben wenig mit dem deutschen Film zu tun. Wenn jemand in der Provinz mit Film zu tun hat, betreibt er ein Kino, das amerikanische Filme spielt. Das Problem ist eine Kleinkariertheit bei uns gegenüber Versuchen, etwas Neues zu machen oder auch gegenüber neuen Zeiten, die ins Filmgeschäft hineindrängen. Wenn die sich nicht an den gängigen Erzählweisen, an gängigen Formalismen orientieren und gar bemüht sind, die Filmsprache irgendwie weiterzutreiben, haben sie keine Chance. Und die eigentlichen Provinzler, die gibt es gerade in den Städten.
TIP: Wie entstand die Zusammenarbeit mit dem Passauer Kabarettisten Sigi Zimmerschied?
Rödl: Obwohl wir von verschiedenen Medien herkommen, haben wir schon nach der ersten Begegnung gemerkt, dass wir eigentlich ähnliches, ja fast keinem Land so viele Anarchisten wie in Bayern. Überall dort, wo der Druck besonders stark ist, ist auch der Gegendruck stark. Es gibt eine Szene-, die unten ist, und die eine sehr, sehr große Kraft hat. Diese Kraft habe ich kaum woanders erlebt, diese Kraft hält einen am Leben. Sigi Zimmerschied beispielsweise ist so eine Kraft. Für einen bestimmten Bevölkerungsteil wird er immer mehr zu einer Symbolfigur. Bei den jungen Leuten bei uns im Dorf tut sich eine Welt auf, wenn er spielt. Da atmen alle durch, weil man endlich einmal wieder befreiend lachen kann. Weil er etwas ausdrückt, was man spürt, aber sich sonst nicht zu sagen traut. Die Bayern sind ja
eigentlich sehr sprachlos und sinnlich, und der Umgang miteinander ist immer ein sprachlos-sinnlicher. Wenn da einer kommt und das formuliert, dann kann das schon explodieren.
TIP: Aber wenn es dann am nächsten Sonntag zur Wahl kommt, wählen doch wieder 86% CSU.
Rödl: Nicht 86%, wir hatten das letzte Mal 55 Prozent. Das ist schon ein erheblicher Rückgang, und das hat natürlich auch mit der WAA-Auseinandersetzung zu tun. Spezifisch bei uns in Ostbayern hat sich inzwischen Gottseidank einiges bewegt, nur kann man eben nicht von einem Erdrutsch sprechen. Davon hat man eigentlich immer nur geträumt, dass sich das mal ändern. würde. Das ist aber etwas, das eben auch diese Kraft produziert. Ich glaube nicht, dass sich viel ändern würde, wenn die bayerische SPD regieren würde. Das ist nicht allein eine Frage der politischen Mehrheit, sondern das ist wirklich eine Frage der Mentalität. Ich komme mit dieser Mentalität sehr gut zurecht, ich setze mich mit ihr gerne auseinander. Es ist eine tiefe Wurzel von Anarchie und eine tiefe Wurzel von Kraft, und das würde ich nicht bekommen, wenn ich irgendwo anders oder gar im Ausland leben würde…
TIP: Am Anfang bitte ich Dich ein kurzes Statement über Dich abzugeben.
Rödl: Also, mein Name ist Josef Rödel, ich wohne teilweise in München, teilweise in dem Dorf an der tschechischen Grenze, im Bayrischen Wald, woher ich komme. Ich bin von Beruf Handwerker, Filmemacher und Bauernsohn. Ich mache jetzt seit etwa 10 Jahren Filme und mache meine Filme fast alle im ostbayrischen Raum. Sie erzählen Geschichten über die Provinz. Ich versuche dieses Land, Deutschland, aus einem spezifischen Blickwinkel zu betrachten und damit Aligemeingültigkeit herzustellen. Das heißt, dieses Land aus einem provinziellen Blick, aus einem Blick aus der Provinz, zu beschreiben.
TIP: “Der wilde Clown“, warum diese Geschichte, wie ist sie entstanden?
Rödl: Die Geschichte ist mehr eine Fortsetzung von all meinen Filmen vorher, ist aber jetzt, denke ich, doch anders als die Filme vorher. Es hat noch thematisch eine Ähnlichkeit, das heißt, ich beschreibe eine Geschichte, die ich direkt, indirekt selber kenne, aus meiner Biographie her. Ich komme aus einem Land, dort gibt es viele Truppenübungsplätze, nämlich eben im ostbayrischen Raum. Ich komme aus einem Land, die Oberpfalz, das ist der vergessenste Platz dieser Republik, dort werden auch alle Negativeinrichtungen, wie Truppenübungsplätze, wie Rhein-Main-Donau – KanaI, alle diese Einrichtungen kommen dorthin, und aus dieser vergessenen Ecke versuche ich, dieses Land zu beschreiben.
Hier erzähle ich eine Geschichte von Leuten, die in ein Land gehen, nämlich einen amerikanischen Truppenübungsplatz, das ist ein entleerter Rum, zivilisiert entleerter Raum. Dort wird nur noch geschossen, dort wird nur noch für die Krieg geübt, dort sind Dörfer verfallen, Kultur ist vergangen, bäuerliche Kultur ist vergangen. Und ich erzähle die Geschichte von vier Personen, die wieder in dieses Land hineingehen. Ich denke dieses Land ist so ein Konzentrat von Deutscher Geschichte, Deutscher Vergangenheit und Deutscher momentaner Realität, dass dieses Land immer mehr verliert, dass dieses Land kulturell vor allem immer mehr verliert und, dass dieses Land verkommt, und ich versuche aus diesem Land, diesem Truppenübungsplatz so etwas wie ein Symbol zu machen, also so ein Konzentrat zu machen. Ich versuche dieses Land ‚ mit neuen Lebensformen zu füllen.
Diese Personen stehen für mich für eine neue Suche, neues Land entdecken, das Land wieder füllen, wieder bewohnbar machen, Dörfer wieder bewohnbar machen.
TIP: Wie ist das für uns Städter zu interpretieren, oder ist der Film eigentlich nur für die südliche Region gedacht?
Rödl:: Nein, ich hoffe das nicht, ich versuche das wenigstens immer ganz bewusst nicht. Wenn ich sage Provinz, und ich mache Filme in der Provinz, dann sind die nicht nur für die Provinz gedacht. Sonden ich versuche eben Allgemeingültigkeit und Allgemeinverständnis schon herzustellen. Ich denke, wenn ich dort ein Land, wie einen Truppenübungsplatz beschreibe, das ist also eine ganz abgeschlossene Region, ist also durchaus vergleichbar mit Berlin, das auch umgeben ist von Grenzen. Truppenübungsplätze sind auch von Grenzen umgeben. So ein Platz existiert für sich so selbstständig und ist in den Köpfen der Leute rundum, also der Leute, die dort auch noch wohnen, die mal dort gewohnt haben und sich außen angesiedelt haben. Das ist fremdes Land, ganz weit weg, nicht mehr zu betreten. Es ist verboten dorthin zu gehen. Und so schwierig war es ja auch diesen Film dort herzustellen. Aber, ich denke, dass man es auf jede Stadt, spezifisch hier in Berlin, übertragen kann.
TIP: Du hast mal in Hof gesagt, ich habe es mir damals notiert, „Ich fordere den Provinzfilm, fleckig, dreckig, eckig.“ Wie ist das gemeint?
Rödl:: Das ist gemeint, so wie ich meine Filme insgesamt sehe. Es gibt sehr verschiedene Formen meiner Filme. Dieser Film ist sicherlich nicht dreckig, das ist er nicht. Der “Albert-Film“ war so etwas, also mein erster Film “Albert warum?“, war so etwas, wie ein dreckiger Film. Fleckig mein ich, dass er verschiedene Facetten haben muss, dass er sich nicht scheut, auch mal ein Loch entstehen zu lassen, Darstellung von Überall. Das heißt also keine Glätte, sondern eine Lebendigkeit auch in der Form, nicht nur im Inhalt, zu zeigen. Dahin geht eigentlich all mein Schaffen, dass ich immer wieder verschiedene Ansätze versuche.
TIP: Da sucht irgendjemand, nämlich der Josef Rödel, eine Heimat inmitten eines heimatlosen Landes. Damit stehst Du, glaube ich, ziemlich allein in der Landschaft, was die Filmemacher betrifft. Woher nimmst Du die Kraft, den Mut, die Courage solche Themen anzugehen und zu glauben, dass das auch andere interessieren könnte?
Rödl: Das ist natürlich die Hoffnung. Woher ich die Kraft nehme? Ich habe gar keine andere Kraft, denke ich, als genau die, dass ich meine Umgebung, die ich kenne, dass ich die für mich bewohnbar mache und die eigentliche Kraft ist immer die Lust, die man in sich trägt, mit dieser Lust versuchen umzugehen und einen Weg zu finden, dass man die meiste Kraft dazu verbraucht, um diese Lust auch verstehbar nach außen tragen zu können. Das heißt also einen Film herstellen zu können, und einen Film finanzieren zu können, und dann ihn ans Publikum bringen zu können. Das ist sicherlich die größte Energie, die man braucht.
TIP: Ein weiteres Zitat in Hof von Josef Rödel war:“ Das Problem des Deutschen Films ist nicht die Provinz, sondern seine einfältigen Provinzler.“ Nun kommst Du auch aus der Provinz?
Rödl: Das meine ich nicht, was ich hier sage, ist gerade das Gegenteil. Die Provinzler, also Leute aus der Provinz, sind im Filmgeschäft gar nicht tätig, die haben mit dem Deutschen Film kaum etwas zu tun. Wenn jemand in der Provinz mit Kino zu tun hat, dann betreibt er ein Provinzkino, das amerikanisches Kino spielt. Ich meine hier, das Problem ist, so wie ich es erlebt habe, und ich kann es nur für mich sagen, dass ich einem Provinzialismus, einer Kleinkariertheit begegne, das heißt, jeder Versuch was Neues zu machen oder auch Leute, die versuchen, ich spiele hier auf neue Leute an, die so ins Filmgeschäft hineindrängen, die haben nur sehr schwer Möglichkeiten, wenn sie sich nicht an den gängigen Erzählweisen, an gängigen Formalismen orientieren und immer noch versuchen, die Filmsprache irgendwie weiterzutreiben. Vieles geht natürlich schief, aber ich denke, Provinzialismus, das ist Kleinkariertheit, das hat nichts mit dem Wort Provinz zu tun, sondern das ist Kleinkariertheit und die gibt es genauso in der Stadt.
TIP: Gutes Stichwort, der Film ist ja eigentlich wider den Sehgewohnheiten, die wir heute im Kino erleben. Du trittst trotzdem im Kino an, nicht im Fernsehen.
Rödl:: Ich habe die Frage nicht verstanden.
TIP: Der Film ist ganz gegen die Sehgewohnheiten, die heute im Kino üblich sind, gegen die Bilder, die heute im Kino vorgestellt werden, sein Film. Ich meine, dass normalerweise solche Filme auf die Nachtschiene vom Fernsehen gelegt werden und nicht im Kino und Du trittst aber doch im Kino an, was ich für gut und für richtig halte, aber, Du musst es doch irgendwie kommentieren.
Rödl: Ja, das Traumziel ist immer das Kino, der direkte Kontakt mit dem Publikum. Mein Traumziel ist sowohl in Landkinos, als auch in der Stadt zu spielen, wie hier in Berlin z.B. oder in München zu spielen. ir haben diesen Film erstmals gestartet nach den “Hofer Filmtagen“ in der Provinz, in den kleinsten Kinos, die sonst wirklich nur noch amerikanisches Kino spielen und dadurch, dass ich mit dem Verleih eine gute Vorbereitung dieser einen Reise gemacht habe, war das auch eine sehr erfolgreiche Reise, das heißt, wir haben den Film dorthin gebracht, wo ich ihn erst mal am liebsten sehe, nämlich dort, wo er entstanden ist, in das Land, das er beschreibt, Ostbayern, die Provinz. Dies ist er Ansatzpunkt aller meiner Arbeit, es geht natürlich weiter, der Film kann ja nicht nur dort bleiben. Ich möchte gern, dass dieser Film sowohl auf dem Land, als auch in der Stadt spielt. Ich hoffe eben, dass‚ das ist die ganze Illusion, die man so in sich trägt, dass man mit Film im Kino leben kann, existieren kann und die Auseinandersetzung mit dem Publikum immer wieder suchen kann, direkt mit dem Publikum.
TIP: Arrogante Frage eines Städters: Haben die das vom Lande, die doch veramerikanisiert sind, mit den Filmen, haben die es so kapiert, wie Du. es gemeint hast?
Rödl: Ich glaube ja, ich bin mir sogar sicher, man kann nicht sagen, die Leute, sagen wir mal ein Großteil der Leute haben es so verstanden, wie ich es verstanden haben wollte, weil ich, und ich glaube, das ist etwas ganz wichtiges, dass ich versucht habe in diesem Film, weniger mit Worten zu argumentieren, sondern ich wollte einen sehr sinnlichen Film machen. Das heißt, ich wollte Bilder wie ein Bilderbogen aneinanderreihen, Facetten aneinanderreihen, so dass sich zum Schluss ein Gesamtbild einer Landschaft ergibt, die Landschaft, die ein Ausdruck eines bestimmten Zustandes ist. Die Hoffnung war, dass sich diese Sinnlichkeit auch überträgt. Was ich dann als Resonanz höre, also wie die Fragen gestellt sind, wie die Leute argumentieren, daran kann ich messen, ob der Film verstanden worden ist, und ich bin mit der Reaktion auf dem Land, dort wo wir den Film gestartet haben, sehr sehr zufrieden.
TIP: Stichwort “Amerika“, wie ist hier Amerika zu interpretieren?
Rödl: Amerika kommt hier sehr viel vor, sehr viele Amerikanismen, es wird sich auch kritisch damit auseinandergesetzt, es ist mir aber nie darum gegangen, einen billigen Antiamerikanismus hier zu installieren, sondern es ist die Auseinandersetzung mit dem Fremdländischen, mit dem was von außen einkommt. Das sowohl belebend wirken kann, als auch zerstörend sein kann. Amerikanismen haben sehr starken Einfluss auf das Nachkriegsdeutschland. Vor allen Dingen aber verdrängt es sehr viel der Deutschen Kultur und spezifisch hier, beschreibe ich ja immer, auch in meinen Filmen, bäuerliche Kultur. Die Vertreibung der bäuerlichen Kultur, drückt sich aus, dass auf den Bildern nur noch ein riesiger städtischer Dorn zu sehen ist oder eine Dorfkapelle, die eben zerschossen ist, die zerstört ist, die beschossen ist, ruinenhaft und andeutungsweise da steht. Also die Zerstörung deutscher Kultur, bäuerlicher Kultur, durch Eindringen von außen. Ich glaube, wenn unser Kulturbewusstsein immer nur durch die Ökonomie bestimmt wird, dann wird deutsche Kultur vergehen. Bäuerliche Kultur ist schon zerstört, ist weg. Die schönen Einrichtungsgegenstände, um es mal zu konkretisieren, oder banal zu konkretisieren, die schönen Bauernschränke stehen heute nicht mehr bei den Bauern, sondern in den Wohnzimmern der Neureichen in den Großstädten.
TIP: Der Passauer Kabarettist Sigi Zimmerschied, ein Depp, ein Clown, ein Weiser, wie soll man ihn verstehen, wie ist er gemeint und wie war die Zusammenarbeit mit ihm. Ich kann mir vorstellen, der hat selber eigene Ideen eingebracht in seine Figur, in seine Interpretation.
Rödl: Die Zusammenarbeit mit Sigi Zimmerschied ist etwas ganz Besonderes, weil wir aus verschiedenen Medien herkommen, er vom Kabarett, Kleinkunstbühne und ich von der filmischen Seite. Als wir uns getroffen haben ‚ haben wir gemerkt, dass wir eigentlich Ähnliches fast Identisches zu sagen haben. Wir setzen uns mit diesem Land, er mit der Kleinstadt, ich mit dem Dorf, auseinander, aber die Problematik ist die gleiche. Ich habe das Drehbuch für Sigi Zimmerschied geschrieben, das Projekt war auf seine Möglichkeiten hin konzipiert. Der Kabarettist sollte nicht Kabarettist bleiben, aber seine Möglichkeiten als Kabarettist sollten ausgespielt werden. Die Zusammenarbeit mit Sigi Zimmerschied wird wohl auch noch weiter gehen.
TIP: Man muss natürlich, wenn man Dich hat, auch über den Deutschen Film reden. Ist es eigentlich schwer gewesen für Dich, so einen Film zu planen, zu finanzieren, durchzuführen, oder war es einfach?
Standen Dir die Wege offen und überhaupt, in welcher Ecke des Deutschen Films siedelt sich eigentlich ein Josef Rödel an, der ja nur alle paar Jahre Filme macht, oder machen kann?
Rödl: Erst mal, wo ich mich ansiedele ist weniger mein Problem, das kann man…, das ist nicht mein Beruf. Das Problem der Finanzierung, ein Projekt in die Welt zu setzen, ist schwieriger geworden. Dieser Film war eigentlich der schwerste, schwer heißt, ihn erst mal so weit zu kriegen, dass man überhaupt Drehgenehmigungen hat. Ich durfte lange Zeit nicht in diesen Truppenübungsplatz, ich bin immer wieder heimlich hereingegangen und habe mir diese Welt angesehen, die ich als Kind noch gekannt habe, da durfte man noch eher rein. Da stammt auch mein Großvater her. Es sind viele Geschichten drin, die direkt aus meinem Leben kommen. Meine Schwester ist auch nach Amerika gegangen, mit einem Amerikaner, mein Opa stammt aus diesem Land. Schwierig ist es, an die Wurzeln zu kommen, das heißt, an die Wurzeln einer Landschaft zu kommen, das halt okkupiert. Das heißt, es gibt eine fremde Macht. .s war sehr schwer, mit dieser Weltmacht Amerika umzugehen, die haben mich nicht akzeptiert, die haben mich auch letzten Endes nicht rein gelassen. Wir mussten ausweichen nach Österreich und auf einen französischen Truppenübungsplatz, und dort haben wir einen amerikanischen Truppenübungsplatz nachgestellt. Das heißt, wir haben auch die ganzen Waffen umbauen müssen, als wären es amerikanische Waffen, weil mich die Amerikaner eben nicht hineingelassen haben. Schwierig war es, weil die mich sehr, sehr lange hingehalten haben, das hat sich fast ein Jahr hingezogen, die Verhandlungen mit den Amerikanern. Immer wieder mit Versprechungen, Ausreden, das Pentagon würde noch entscheiden, deshalb war es eigentlich der schwerste Film, den ich bislang gemacht habe, organisatorisch gesehen.
TIP: Wirst Du eigentlich auf Deinem weiteren filmischen Weg, soweit das jetzt schon abzuschätzen ist, auf dieser Ebene weiter machen, auf dieser regionalen Ebene, auf den eigenen Erfahrungen zwischen Stadt und Land, die Du ja persönlich tagtäglich machst, denn Du wohnst in München und teilweise in Deinem Dorf. Rödl: Wie es weiter geht, das kann man nicht sagen, das bestimmt die Ökonomie sehr. Bei mir ist es halt eine sehr große Frage. Ich kann nicht einfach sagen, jetzt mache ich einen Film in der Richtung, einen Film in der Richtung. Ich lebe mit meinen Filmen und versuche diese Geschichten ökonomisch auf die Beine zu stellen. Ich kann gar nicht spekulieren und sagen die Geschichten gehen jetzt, das will ich auch gar nicht, weil ich gar nicht Filmemacher als eine Beschreibung meiner Existenz sehen will. Ich bin nicht Filmemacher primär, sondern ich lebe in einer bäuerlichen Umgebung, aus der ich komme und versuche mich damit auseinanderzusetzen. Das könnte auch Schreiben sein, das heißt, das könnten auch Bücher sein. Wir haben ja, dieser Hinweis sei mir erlaubt, auch ein Filmbuch gemacht, „Der wilde Clown“. Das ist a auch ein Anfang, dort habe ich auch die ersten drei Erzählungen jetzt veröffentlicht, die ich dazu geschrieben habe. Das könnte auch ein anderes Medium sein. Filmemachen ist zwar, glaube ich, mein Idealberuf, für mich eine Existenzform, aber ich kann nicht spekulieren, jetzt mache ich eine Komödie, jetzt mache ich ein Krimi oder so etwas, das geht gar nicht.
TIP: Aus dem Buch zum Film ein Satz: Deutschland 1985, ein fremdes Land, eine befremdende Reise in ein fremdes Nichts. und zugleich ein apokalyptisches Paradies!
Wie ist das zu interpretieren?
Rödl: Das beschreibt meinen Gang, diesen heimlichen Gang in diesen amerikanischen Truppenübungsplatz. Wie gesagt, ich habe keine offizielle Genehmigung bekommen und so bin ich immer wieder heimlich reingegangen. Dort begegnet man einer Welt, die man nicht mehr kennt. Dort gibt es keine Wege, nur noch Ruinen und Einschusstrichter, es ist wie nach dem ganz großen Knall. Und trotzdem gibt es Ecken, die jetzt für die Militärs nicht nutzbar sind, dort entstehen Paradiese, natürliche Paradiese. Also auch Vogelwelt, die sich noch erhalten kann, weil kein Kunstdünger gesät wird. Also man geht durch eine Welt und man denkt, man ist entweder am Jüngsten Tag oder ganz weit dahinter.
TIP: Letzte Frage, Josef, zum Selbstverständnis des Filmemachers Josef Roedel, wohlgemerkt des Filmemachers, kommen Stimmen aus irgendwelchen Ecken, die sagen, das ist unser Landexote, lassen wir den mal machen, fühlst Du Dich hier entsprechend respektiert, oder siehst Du auch hier Resignation, wie viele andere Filmemacher, die dann weggehen oder aufhören Filme zu. machen?
Rödl: Das gibt es sicherlich, das spürt man, das hört man auch leise, oder auch ganz laut. Das ist mir aber nicht wichtig, wichtig ist, dass ich meine Sachen machen kann und wenn ich in Kontakt komme mit dem Publikum, merke ich ja, ob mich das Publikum ernst nimmt oder nicht, das ist viel wichtiger, dass ich weiter arbeiten kann. Denn es wird ja auch eine Entwicklung geben, ich werde ja nicht immer stehen bleiben. Wohin die geht, hat auch mit der Entwicklung dieses Landes zu tun und natürlich auch mit mir selbst. Mit meiner Existenzform, dass ich auch zwischen allen Welten lebe, nämlich zwischen einer Großstadt und dem Dorf. Aber ich bin ja selber auch nur ein Zustand, dass viele Leute immer wieder ausbrechen vom Land, immer wieder verschwinden oder sich zurückziehen aufs Land. Das beschreibt meine Existenzform, einen Zustand, der sich immer wieder wiederholt: Zurück zur Natur oder Auf ins neue Zeitalter der Industrie, rein in di Städte. Das hat sich immer wiederholt. Ich denk halt nur noch, dass ich….Ich will ganz kurz auf Achternbusch, der seit Jahren jetzt verhindert wird, und Achternbusch ist ja heute eigentlich keine Person mehr, sondern ein Zustand, ein deutscher Zustand. Nämlich das Reduzieren aller Konflikte auf eine ökonomische Absicht, möglichst ökonomisch erfolgreiche Filme zu machen und nicht sich mit diesem Land auseinanderzusetzen. Ich hoffe nicht, dass ich da gezwungen werde ‚ das zu machen, das würde auch nicht gehen.
TIP: Fällt mir noch ein, Du bist jemand, der Filme macht, die immer mit ihm selber zu tun haben, das heißt, er muss auch eine Weile Distanz zwischen den Dingen haben, Dinge müssen sich erst ereignen, bevor sie auf die Leinwand kommen, bevor sie filmbar gemacht werden. Ich will sagen, die Dinge auf der Leinwand haben immer mit Josef Rödel selbst zu tun. Das heißt also, der nächste Film kann frühestens in drei/vier Jahren gedreht werden, wenn Dinge passiert sind, die Du dann nachvollziehen willst. Oder anders herum gefragt, könntest Du Dir eine Auftragsproduktion vorstellen zu drehen, die sich mit einem Thema beschäftigt, das mit Dir persönlich nichts zu tun hat?
Rödl: Doch, das kann ich mir schon vorstellen. Es ist ja nicht so, dass ich mich egomanisch nur mit mir selber beschäftige, sondern ich beschäftige mich mit Dingen, die mich umgeben. Das muss ich nicht selbst erlebt haben, sondern das kann man erfahren, das kann man spüren, das kann man erlesen, das kann man erfragen. Ich habe im Moment ein Drehbuch fertig, ich könnte anfangen zu drehen, aber wie kriege ich das ökonomisch zusammen, das ist die Frage, konkret gesagt, wie kriege ich das Geld zusammen.
TIP: Kannst Du zum Thema etwas sagen oder möchtest Du lieber nichts sagen?
Rödl: Kann ich schon sagen. Das spielt in einer kleineren Stadt. E ist die Geschichte einer Liebe zwischen einem Flussschiffer, der seine Frau verliert und sich in eine Prostituierte verliebt, die Asylantin in diesem Deutschland ist. Die, die Zeit, die sie hier ist, als Prostituierte überbrückt. Das Buch steht, und ich versuche momentan gerade die Finanzierung zusammen zu kriegen.
TIP: Kann ich fragen, wie es zu der Geschichte gekommen ist, reine Fiktion oder Literatur oder?
Rödl: Nein, das ist im weiteren Verlauf die Auseinandersetzung, dass ich halt sehe, wie auf dem Land, wie auf dem Dorf, bei uns mit Asylanten umgegangen wird. Einerseits gibt es so etwas wie eine Ausländerfeindlichkeit, bestimmt sehr stark von der Angst, andererseits gibt es solche Vorkommnisse, wie bei uns beispielsweise ein ganzes Heim von Asylbewerbern, die in der Landwirtschaft beschäftigt werden und finden dadurch ein Zugang zur Bevölkerung, so dass die gar nicht mehr wollen, das die weggehen. Sie haben protestiert, als die versetzt werden sollten. Also diese Auseinandersetzung findet ja schon seit längerem statt und zwar sehr vehement. Das ist ja nicht nur bei uns so, das ist ja auch in Berlin so und überall so. Aber auf dem Land hat es andere Formen, das ist nicht neu, das habe ich sehr schnell geschrieben und dann konkret eben durch Recherchen, Gesprächen mit den Leuten, auf eine Welt gestoßen, ein Tag in einem Asylheim ist ja wie eine Weltreise.
TIP: Gibt es eigentlich Schwierigkeiten für Dich in Bayern zurecht zu kommen, zu leben, zu arbeiten, zu denken, zu fühlen? Für uns Berliner ist ja Bayern mittlerweile ein zweites Land mitten in Deutschland, kein unbedingt schönes, wenn ich nicht an die Landschaft denke.
Rödl: Ds kann ich nicht ganz so sehen. Ich liebe Bayern, ich hasse Bayern, das ist wirklich eine Hassliebe, aber ich könnte ohne Bayern auch nicht leben. Es gibt nur eine Stadt, in der ich vielleicht noch leben könnte, das ist gerade noch Berlin, weil sie halt ganz anders ist. Ansonsten ist Bayern auch meine Seele. Ich beschreibe eine Landschaft und diese Landschaft hat eine Seele und diese Seele prägt den Menschen, und sie prägt sie bayrisch. Nicht zu verwechseln mit einem politischen Zustand. Das hat zwar sehr viel damit zu tun, es gibt glaube ich in keinem Land so viele Anarchisten wie in Bayern. Überall dort, wo der Druck sehr stark ist, ist auch der Gegendruck sehr stark. Es gibt eine Szene, die unten ist, und die eine sehr, sehr große Kraft hat. Diese Kraft habe ich kaum wo anders erlebt, diese Kraft hält einen am Leben, z.B. Sigi Zimmerschied, ist eine Kraft. Von einem bestimmten Teil der Bevölkerung, die ihn kennen, wird er immer mehr und mehr zu einer Symbolfigur. Bei den jungen Leuten bei uns im Dorf, wenn Sigi Zimmerschied spielt, tut sich eine Welt auf. Da atmen alle durch, weil man endlich wieder befreiend lachen kann. weil er etwas ausdrückt, was man spürt, aber nicht zu sagen getraut.
Die Bayern sind a sehr sprachlos und eigentlich sehr sinnlich und der Umgang ist immer ein sprachlos sinnlicher. Wenn einer kommt und das formuliert, dann kann das explodieren und da ist eine Kraft, die mir sehr viel Kraft gibt.
TIP: Aber wenn es dann am nächsten Sonntag zur Wahl kommt, dann sind 86 Prozent für die CSU oder noch mehr, dann wieder ganz anders.
Rödl: Nicht 86 Prozent, wir hatten das letzte Mal 55 Prozent. Das ist schon ein erheblicher Rückgang, das hat natürlich auch mit der WAA- Auseinandersetzung zu tun und spezifisch bei uns in Ostbayern hat sich in der Richtung gottseidank auch einiges bewegt, nur man kann eben nicht von einem Erdrutsch sprechen. Davon hat man eigentlich immer nur geträumt, dass sich das mal ändern würde. Das ist aber etwas, das diese Kraft auch produziert. Ich glaube nicht, wenn die bayrische SPD regieren würde, dass das sehr viel ändern würde. Das ist nicht allein eine Frage der politischen Mehrheit, sondern das ist wirklich eine Frage der Mentalität. Ich komme mit dieser Mentalität sehr gut zurecht, ich setze mich mit dieser Mentalität auseinander. Es ist eine tiefe Wurzel von Anarchie und eine tiefe Wurzel von Kraft und das ist etwas, woraus ich meine Kraft beziehe, die hätte ich nicht, wenn ich irgendwo im Ausland wäre.