„JACK REACHER“ von Christopher McQuarrie (B+R; USA 2011/2012; 130 Minuten; Start D: 03.01.2013); 1996 bekam er den „Oscar“ für sein „Bestes Originaldrehbuch“ zu dem heutigen Kult-Thriller „Die üblichen Verdächtigen“ (von Bryan Singer). Im Jahr 2000 kam sein erster eigener Regie-Kinofilm (nach eigenem Drehbuch) heraus: „The Way of the Gun“ (mit Benicio Del Toro, Ryan Phillippe + James Caan), ein knallharter Thriller. Für den (unsäglichen) Stauffenberg-Film „Operation Walküre – Das Stauffenberg-Attentat“ von Bryan Singer, Erscheinungsjahr 2008, mit Tom Cruise in der Titelrolle, schrieb er am Drehbuch mit. In seinem zweiten „ganz“ eigenen Film setzt der 44jährige CHRISTOPHER McQUARRIE wieder in der Führungsrolle auf – den inzwischen 50jährigen – smarten, 1,70 Meter großen TOM CRUISE. Als Kracher-Helden und ehemaligen Militär-Polizisten Jack Reacher.
DEN 1,96 Meter großen und über 100 Kilogramm schweren Typen hat der 1954 im britischen Coventry geborene (heute in New York lebende) Thriller-Autor Jim Grant 1997 unter dem Pseudonym LEE CHILD erfunden. 17 Romane, in 95 Ländern über 60 Millionen Mal verkauft, sind mit dem besonders bei den US-amerikanischen „Rednecks“, also den Ultrakonservativen im Süden, beliebten Serienhelden bislang erschienen, der laut Roman-Angabe am 29. Oktober 1960 auf einer Militärbasis in West-Berlin geboren wurde.
Jack Reacher ist ein „anständiger“ Ami-Rächer. Eine Art moderner US-Western-Held. Im „üblichen“ Law and Order-Stil. Sozusagen ein neuzeitlicher „Django“, der für Schwächere eintritt. Die ansonsten „im System“ keine Chance haben. Jack ist intelligent, natürlich belastbar, sportiv, mit unbedingter Willensstärke und „intelligenter Kraft“ ausgestattet. Und: Natürlich ist er ein anonymer, zynischer Solist. Ohne Adresse, Handynummer oder E-Mail-Anschrift. Er hat keinen festen Wohnsitz, geht nie eine längere Beziehung ein und verfügt seit der Ermordung seines Bruders über keinerlei familiäre Bindungen. Sein einziger ständiger Begleiter ist eine zusammenklappbare Reisezahnbürste. Seit der Verschärfung der Sicherheitsbestimmungen in den USA nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 führt er gezwungenermaßen ein Ausweisdokument und eine Geldautomaten-Karte bei sich. Jack erscheint nur auf der Bildfläche, wenn er gefunden werden will bzw. „gebraucht“ wird. Er bemüht sich, bei seinen Reisen kreuz und quer durch die USA möglichst wenige, eigentlich gar keine Spuren zu hinterlassen. Seine Gegner, gemeine „unbestrafte“ Gesetzesbrecher, tötet Jack Reacher ohne Gewissensbisse, Auf die Frage, ob es ihm überhaupt nichts ausmache, soeben fünf Verbrecher gekillt zu haben, antwortet er einmal (im Roman), dass es ja schließlich auch nichts weltbewegendes ist, wenn allgemein Anti-Kakerlaken-Pulver ausgestreut wird. Für seine Fälle tut er sich – manchmal absichtlich, bisweilen gezwungenermaßen – mit Polizei oder Geheimdienst zusammen.
Das erste Jack Reacher-Movie basiert jetzt auf dem 2005 veröffentlichten 9. Roman „One Shot“, der hierzulande 2008 unter dem Titel „Sniper“ herauskam und über 100.000mal verkauft wurde. (Insgesamt wurden in Deutschland über 600.000 Jack Reacher-Romane verkauft).
Der Film kann nichts dafür. Dass man bei seiner Story unweigerlich an den kürzlich verübten Amoklauf eines 20jährigen in Newton, einer Kleinstadt im Südwesten Connecticuts, mit 27 Toten denkt. Denken muss. Im Zentrum von Pittsburg erschießt ein Scharfschütze scheinbar willkürlich fünf Passanten. Der Täter wird ermittelt, dabei handelt es sich um den ehemaligen Armee-Scharfschützen James Barr (JOSEPH SIKORA). Die Indizien sind eindeutig. Doch während des brutalen Verhörs erklärt dieser nur kategorisch: „Holt Jack Reacher!“. DER hat eigentlich noch eine „alte Rechnung“ mit Barr offen. Denn Barr tötete während des Golfkrieges vier Menschen, wurde jedoch aus politischen Gründen nicht verurteilt. Und ausgerechnet dieser James Barr ruft jetzt nach IHM, nach Jack?
Natürlich, ein vermeintlicher Routinefall ist nie ein Routinefall, sondern ein Komplott. In DAS nun ein Jack Reacher „doll“ hineinstößt. Dabei macht er sich natürlich ebenso einflussreiche wie äußerst skrupellose „hochrangige“ Feinde. Das Presseheft: „Gemeinsam mit der kühlen Anwältin Helen Rodin (ROSAMUND PIKE) und dem Kriegssveteran Cash ((ROBERT DUVALL) begibt sich Reacher auf eine nervenzerreißende Verfolgung des Bösen“. Ach nö. Dieses, besser DIESER Bösewicht heißt „The Zec“, ist ein ehemaliger sowjetischer Gefangener und wird vom exzentrischen bajuwarischen „Kinski“-Regisseur WERNER HERZOG „akzentvoll“ und mit abgebissenen Fingern lächerlich dargeboten. Wie überhaupt diese Spannungschose unter sehr viel Spannungslosigkeit leidet. Jack Reacher alias Tom Cruise ist etwas Bond, besitzt ein bisschen was von „Dirty Harry“, hat ein wenig was von Jason Bourne, kennt „seinen“ Ethan Hunt (aus „Mission: Impossible“) und drückt auch ein (schlechtes) Stück vom „Transporter“ Frank Martin aus. Ist also ein Häppchen-Held mit Bastard-Charakter, ohne eigene „richtige“, sprich spannend-interesssante Identität. Wirkt formatlos, also erheblich aufdringlich, wenig präsent, matt charismatisch, geradezu „simpel“ 08/15-haft. Vermag als Spannungsführungsfigur wenig überzeugen. Zudem wird – bei dieser nebulösen Grundstücksspekulations-Arie – viel zu viel platt gequatscht, die „Anwältin“-Partnerin Helen, also Rosamund Pike, besitzt einen ausgesprochen dussligen Quatsch-Charme. (Kein Wunder, dass sie immer nur Nebenrollen-besetzt wird wie einst als schmückendes Bond-Girl in „Stirb an einem anderen Tag“/2002). Während der hochgeschätzte 81jährige Hollywood-Veteran Robert Duvall sich „bequem“ ein paar Dollar zu seiner Rente hinzuverdient. Und der gute RICHARD JENKINS („Ein Sommer in New York – The Visitor“) als dagegenhaltender Helens Vater, Staatsanwalt Alex Rodin, routiniert besetzt ist.
Dieser erste „Jack Reacher“-Film jedenfalls ist eine mit den üblichen Action-Utensilien (wie Autojagd, Kloppereien, auf Grimmig-Tun) hantierender – weitgehend spannungsfreier, vorhersehbarer, lebloser Leinwand-Radaustoff. Als meistens vergnügungsfreies Genre-Ami-Kino von der hollywoodschen 08/15-Unterhaltungs-Dutzendstange (= 2 PÖNIs).