HOMO FABER (Kritik 1990)

Durch Filme wie “Die verlorene Ehre der Katharina Blum“ nach Heinrich Böll, “Die Blechtrommel“ nach Günther Grass, dem Cannes- und “Oscar“-Gewinnerfilm, und “Tod eines Handlungsreisenden“ nach Arthur Miller hat er sich als cineastischer Sachverständiger in Sachen bilder- und ausdrucksstarker Verfilmung von guter Literatur erwiesen. „HOMO FABER“ von Volker Schlöndorff (D/Fr/GB/Griechenland 1990; 117 Minuten; Start D: 21.03.1991); sein neuer Film, basiert auf einem Roman des Schweizers Max Frisch.

Der spielt in den fünfziger Jahren und erzählt vom amerikanischen Ingenieur Walter Faber. Der wird durch eine schicksalhafte Kette von Zufällen mit seiner Vergangenheit konfrontiert. Dabei erlebt und erleidet er buchstäblich eine griechische Tragödie am eigenen Leib.
Faber, der ruhelose Zyniker und Individualist, verliebt sich in die viel jüngere Sabeth, geht mit ihr auf eine große Reise und kommt am Ende dahinter, dass sie seine Tochter ist. Ein Inzest-Fall mit schlimmen Folgen. „Homo Faber“, der Film, erweckt zunächst Neugierde, dann Distanz und Gleichgültigkeit. Die Geschichte wird bieder und ohne großen Reiz erzählt und ist dennoch nicht uninteressant. Dazu steht zu viel bekannte ‘Literatur‘ im Raum. Man ist nicht gepackt, aber interessiert. Weil Haupt- und Titeldarsteller Sam Shepard sehr präsent ist und eindringlich agiert. Mit der deutschen Stimme von Helmut Griem versehen, wirkt er wie eine Wim-Wenders-Figur: spröde, tief, faszinierend. Die Französin Julie Delpy verblasst neben ihm zur hübschen Begleiterin, während Barbara Sukowa als Ex-Geliebte und Mutter zu eckig und herb auftritt. “Unentschieden“ würde man beim Boxen abschließend urteilen, doch damit steht “Homo Faber“ von Volker Schlöndorff immer noch weit über dem Niveau von vielen anderen deutschen Filmen der letzten Zeit. Immerhin (= 2 ½ PÖNIs)!

 

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