HITCHCOCK (2012)

ER hat SPANNUNG zur KUNST werden lassen. ER hat aus Spannung SUSPENSE gemacht. ER war DER – und gilt auch heute immer noch unbestritten als DER MEISTER DER SPANNUNG. Jeder, der sich nur irgendwie für FILM interessiert, kennt seinen Namen und mindestens einen seiner Filme. Zum Beispiel „PSYCHO“. In diesem Frühjahr kam über IHN und eben über die (Hollywood-)Zeit(en), als „Psycho“ entstand, ein Meisterwerk in die Kinos. Das unberechtigterweise und unverständlicherweise fast gänzlich unbeachtet blieb. Umso wichtiger ist es, an dieser Stelle jetzt auf die bedeutsame Veröffentlichung für das Heimkino dringlichst hinzuweisen. Zumal nun auch noch mit sagenhaftem, umfangreichem wie exzellentem Zusatzmaterial, genannt „Sonderausstattung“, also BONUSMATERIAL (wie Audiokommentare, entfallene Szenen), begleitet. Die Rede ist von dem   –   mit „Oscar“-Preisträger SIR ANTHONY HOPKINS, mit „Oscar“-Queen HELEN MIRREN sowie mit weiteren darstellerischen Hochkarätern wie SCARLETT JOHANSSON, TONI COLETTE sowie Danny Huston, Jessica Biel & James Darcy besetzten   –   SEHR unterhaltsamen filmischen Hochgenussstück:

HITCHCOCK“ von Sacha Gervasi (USA 2012; B: John McLaughlin, nach dem Sachbuch „Hitchcock und die Geschichte von Psycho“ von Stephen Rebello/1989; K: Jeff Cronenweth; Make-up-Effekte: Howard Berger, Gregory Nicotero; M: Danny Elfman; 98 Minuten; Heimkino-Veröffentlichung: 12.07.2013).

Von dem französischen Autoren-Regisseur Francois Truffaut („Die amerikanische Nacht“; „Der Mann, der die Frauen liebte“) ist überliefert: „Die Arbeit eines Regisseurs besteht darin, hübsche Frauen hübsche Dinge machen zu lassen“. Truffaut, ein leidenschaftlicher Hitchcock-Bewunderer und Verehrer, veröffentlichte 1966 sein berühmtes Interview-Buch „Mr. Hitchcock, wie haben Sie das gemacht?“ (in Deutsch ab 1973). Darin geht es natürlich auch um einen der besten schrecklichen Hitchcock-Filme: Um „Psycho“, gedreht vom 11. November 1959 bis zum 1. Februar 1960. DER am 16. Juni 1960 in die US-Kinos und am 7. Oktober 1960 in der Bundesrepublik Deutschland. Der (Erfolgs-)Rest ist bekannt.

SIE hieß eigentlich Jeanette Helen Morrison, nannte sich JANET LEIGH (6.7.1927 – 3.10.2004), war bildhübsch blond und wurde in der Rolle der Sekretärin Marion Crane zu einer Legende in der popkulturellen Filmgeschichte. Denn Janet Leigh war es, mit der Alfred Hitchcock damals „hübsches“ unter der Dusche in „Psycho“ anstellte. Janet Leigh erhielt für ihre dortige „Massakrierung“ den „Golden Globe“ und wurde für den „Oscar“ als „Beste Nebendarstellerin“ nominiert. In dem Film „Hitchcock“ wird Janet Leigh von SCARLETT JOHANSSON „diskret anschmiegsam“ dargestellt.

ALFRED HITCHCOCK, geboren am 13. August 1899 in Leytonstone bei London, gestorben am 29. April 1980 in Los Angeles. Zweifellos der beste Filmemacher in Sachen Spannungsvermittlung. Aller Zeiten. Sein Gesamtwerk umfasst 53 Spielfilme „und gehört im Hinblick auf Publikumserfolg sowie Rezeption durch Kritik und Wissenschaft zu den bedeutendsten der Filmgeschichte“ („Wikipedia“). Ein Autorenfilmer par excellence, denn zu den wichtigsten Merkmalen seiner Arbeit gehörte, dass er im Idealfall von der Stoffauswahl bis zur Endfertigung nichts dem Zufall überließ (oder dem Cutter), sondern die völlige Kontrolle über die Herstellung „seines Films“ beanspruchte. Damit seine Ehefrau Alma Reville und er beim Schnitt mitbestimmen konnten, wie sein Film letztendlich auszusehen hat und veröffentlicht wird.

„Hitchcock“, der Film: Wir befinden uns im Jahr 1959. Der „Meister der Suspense“ ist 60 Jahre alt und befindet sich im Zenit seines Schaffens. Gerade hat er „North by Northwest“ sehr erfolgreich in die Lichtspielhäuser verpflanzt. Die letzten Arbeitsjahre waren eine einzige Erfolgs- wie Anerkennungsspur: „Der Mann, der zuviel wusste“; „Das Fenster zum Hof“. Und nun „Der unsichtbare Dritte“. Alle Volltreffer. Kinopublikum wie Kritik sind weltweit angetan. Begeistert. Und „so“ soll es auch weitergehen. Verlangt Studioboss Herb Steinberg von „Paramount“, der Produktionsfirma der Hitchcock-Filme. „Machen sie wieder so was in der Art“, verlangt der Studioboss. „Buntes“. Aber ‚Hitch’ hat keine Lust. Entdeckt den gerade herausgekommenen Roman „Psycho“ von Robert Bloch. Für DEN ließ sich der Autor von dem realen Kriminalfall um den Frauenmörder Ed Gein inspirieren, der zwei Jahre zuvor – unweit von Blochs damaligem Wohnort in Wisconsin – gefasst worden war. Hitchcock erwirbt die Rechte (anonym, für die Minisumme von 9000 Dollar), kauft anschließend so viele Exemplare des Buches wie möglich landesweit auf, damit das Ende der Geschichte „nicht allzu“ bekannt wird. Werden kann. Doch sein Ansinnen stößt auf viel Gegenwehr. Sowohl bei „Paramount“ („Trash-Müll“) wie dann später auch bei der Zensur. (In den USA galt zwischen 1934 bis 1967 der „Hays-“ bzw. „Productions Code“, eine Sammlung von Richtlinien über die Einhaltungen der gängigen amerikanischen Moralvorstellungen im einheimischen Film; vor allem über die Zulässigkeit und Nichtzulässigkeit der Darstellung von Kriminalität, Gewalt und Sexualität. Eine Toilette durfte zum Beispiel ebenso wenig gezeigt werden wie ein Kuss, der drei Sekunden „überschritt“). Was ‚Hitch’ noch mehr elektrisiert. Er erkennt für sich „die Möglichkeiten“ um dieses „unanständige Buch“ und produziert den Film „Psycho“ „eigenständig“. Über seine eigene Produktionsfirma „Shamley Productions“. Für rd. 800.000 Dollar (was heute etwa 5,5 Millionen Dollar entspräche) als – vergleichsweise – Low Budget-Projekt. Und, ebenso ungewöhnlich: In Schwarz-Weiß. Sein Agent Lew Wasserman schließt mit Paramount einen cleveren Verleih-Vertrag ab, durch den Alfred Hitchcock 60 Prozent der Einnahmen zufließen. Alfred und Alma verschulden sich für „Psycho“ riskant privat und werden „dadurch“ zu Multimillionären.

„HITCHCOCK“, der Film erzählt dies. Mit faszinierender (An-)Spannung. Der Meister, wie er von „Paramount“ gedemütigt wird, wie er aber unabdinglich von seinem neuen, „ganz anderen“ Projekt überzeugt ist. Und wie er es dann besessen angeht. Realisiert. Mit SEINEN filmbahnbrechenden Neuerungen hinsichtlich – der unorthodoxen Erzählweise, des ungewöhnlichen Ausdrucks in Sachen Bildersprache, Ton, Schnitt und natürlich auch hinsichtlich SEINER dann äußerst cleveren Vermarktung. Natürlich, immer, wenn von „Psycho“ die Rede war und ist, blickt der Fokus auf DIE SZENE. Die berühmte Duschszene. Für die Hitchcock selbst „mit Hand“ anlegt, um aus „Scarlett“ -Janet Leigh die letzten Ängste herauszupressen. Was natürlich später „den Zensor“ auf den amtlichen Plan ruft, Geoffrey Shurlock (KURTWOOD SMITH, der schon so viele „Bösewichte“ interpretierte wie beispielsweise, unvergessen, den überstrengen Vater in „Der Club der toten Dichter“, der seinen Sohn in den Selbstmord treibt). Mit dem sich ‚Hitch’ dann verbal süffisant zu duellieren versteht. Anekdoten, Anspielungen, Bonmots zählen zu den herrlichen (erkennungsreichen) Details dieses wunderbaren Films. Etwa, wenn Hitchcock erst eindringlich von seiner Umgebung und besonders von Alma dazu „gedrängt“ werden muss, die Duschszene „mit Musik“ zu unterlegen. Zunächst hatte er sie nämlich „stumm“ geplant. Dieses stakkatohafte „Badewannen“-Streicherstück „The Murder“ von Bernard Herrmann jedenfalls gilt seitdem als das bekannteste Musikhorrorthema in der Filmgeschichte (an das sich 1974 John Williams mit seinem Leitthema zum Spielberg-Movie „Der weiße Hai“ bekanntlich „’ranhängen“ wird). Das Vergnügen an diesen lustvollen wie originellen Erinnerungen aus dem „Psycho“-Leben eines Alfred Hitchcock jedenfalls ist hier immens.

Der prächtige Film „HITCHCOCK“ aber denkt und fühlt auch „quer“. Über den 60jährigen Alfred. Und seine „Marotten“. Ansatzweise – Blondinen-Phobie. Vor allem aber huldigt und würdigt er die Kreativität und Energie der sich meistens zurückhaltenden Ehefrau an seiner Seite, ALMA REVILLE. Geboren einen Tag nach ihm, am 14.August 1899. In der englischen Grafschaft Nottinghamshire. Die Cutterin und gelegentliche Schauspielerin heiratete Alfred Hitchcock 1926. War danach weiterhin als Drehbuchautorin für ihren Gatten wie auch für andere Regisseure tätig. Im Juli 1928 kam Tochter Patricia zur Welt. SIE war – und IST hier – der wichtige Kopf, die geballte Kompetenz, NEBEN ihrem prominenten Mann. Ohne groß „öffentlich“ in Erscheinung zu treten, ist sie Ehelenkerin, Ratgeberin, Kontrolleurin, Autorin und vor allem – d i e Schnittmeisterin. Für sein Werk. Doch heuer hat sie seine Eskapaden satt. Seine Launen, seine bekannten heimlichen Affären, Obsessionen. Indem er sich voll und GANZ in sein neues Projekt stürzt, fühlt sie sich „grenzwertig“ behandelt. Vernachlässigt. Ausgegrenzt. Bändelt mit einem Drehbuchautor-Kollegen (DANNY HUSTON) beruflich an, was Alfred rasend eifersüchtig macht. Bei d e r täglichen nervösen Power am Set kann und will er zusätzlichen Seelen-Stress überhaupt nicht gebrauchen. Akzeptieren. Doch diesmal stößt er bei Alma auf Granit. Sie begegnet IHM, dem filmischen Triumphator und kühlen zwischenmenschlichen Exzentriker, absolut 1:1, zeigt sich auf Augen- und Denkhöhe konsequent. Absolut ebenbürtig. Alfred Hitchcock muss diesmal nicht nur im Studio mit und gegen seine inneren Dämonen fighten, sondern vor allem auch „abends“ im eigenen Heim. Wo es mit Alma Reville weitere „stimmungsvolle“ Auseinandersetzungen zu führen und zu bestehen gilt. Der beleibte wie egoistische Mr. Schock sieht sich plötzlich in einer „abgrundtiefen“ Seelen-Zwickmühle. Von wegen Abgeben. Einbringen. Sollen. Müssen. In Sachen Anerkennung, Emotionen, Position. Und umgekehrt. Der häusliche Alltag wird auch spannend. Fiebrig.

„Filme zu drehen, das bedeutet für mich zuerst und vor allem, eine Geschichte zu erzählen. Diese Geschichte darf unwahrscheinlich, aber sie darf nie banal sein. Sie sollte dramatisch und menschlich sein. Das Drama ist ein Leben, aus dem man die langweiligsten Momente herausgeschnitten hat“ (Alfred Hitchcock).

Der 46jährige Londoner Journalist und Drehbuch-Autor SACHA GERVASI bekam im Januar 2008 auf dem renommierten „Sundancee Festival“ für seinen Dokumentarfilm „ANVIL“ sehr viel Applaus. Der Film über eine erfolglose kanadische Heavy- Metal- Band wurde danach zu einem internationalen Low-Budget-Hit. Und erhielt 2010 den „Independent Spirit Award“ sowie den „Emmy Award“ in der Kategorie „Outstanding Arts and Culture Programming“ zugesprochen. Für seinen ersten Kinospielfilm „Hitchcock“ bekam er eine Besetzung, die seinesgleichen sucht. Zwei der seit Jahren BESTEN Schauspieler überhaupt führen sein exzellentes Ensemble meisterhaft an: Sir ANTHONY HOPKINS, 75, „Oscar“-Preisträger („Das Schweigen der Lämmer“), und „Oscar“-Queen Dame HELEN MIRREN („The Queen“). Hopkins in ironisch-„lasziver“ Latex-Maske als korpulenter Mr. Alfred Hitchcock ist ein charakter-präsenter wie optischer Genuss-Hit. Hopkins findet genau DIE grantige Körpersprache, die vieles sagt, ohne dabei andauernd reden zu müssen. In seiner „gefährlichen“ Bewegung, mit den stoischen Blicken, den kleinen listigen wie mimisch- schelmischen Mitteilungsgesten und seiner vortrefflich wirkungsvollen „Kommentierung“ ist Hopkins ein großartiges emotionales wie intelligentes Magie-Kraftfeld. Kraftpaket. Von Alfred Hitchcock. Es scheint mitunter so, als sei der überlegene, kluge, spöttische Maestro der Kinematografie hier tatsächlich wiederauferstanden. Anthony Hopkins’ unspektakuläre, immens eindringliche Auftritte sind verblüffend. Beeindruckend. „Lecker“. Sinnlich. Gigantisch „nah dran“. An Sir Alfred. Während SIE, mit ihren geistreichen Pointen, ein kraftvolles Kontra von Ehefrau lächelnd- barsch – ironisch reizvoll aufbietet. Die wunderbare, einzigartige Dame HELEN MIRREN sorgt für die komplexen, prickelnden „Chemie-Mischungen“ in und mit diesem (im wahrsten Sinne) „außerordentlichen“ Künstler-Ehe-Paar. Duell. Der Film „Hitchcock“ ist auch ein Film um diese „spannende Liebe“ zwischen zwei definitiv Zusammengehörige, die den Begriff „Romantik“ extrem leben. Gegenseitig genüsslich „witzig“ spüren. Lassen. Was für ein hinreißendes Total-Vergnügen! Mit diesen beiden darstellerischen Ausnahme-Assen. Und mit diesem grandiosen Biopicstück-Kino. Während sich zu ihnen immerhin solch namhafte, passende „Klientel“ wie eben SCARLETT JOHANSSON, TONI COLETTE (als Hitchcocks feste treue Assistenten-Seele Peggy Robertson), JESSICA BIEL (als Vera Miles) und JAMES D’ARCY (als Anthony Perkins) gesellen.
Und wenn dann alles überstanden, also „im Kasten“ ist und der neue Wahnsinnserfolg von Psycho-Horrortrip in die düstere Menschenseele sich anbahnt, lauern schon „locker“ seine nächsten „üblen“ Hauptakteure auf ihren extremen Auftritt: „Die Vögel“. Natürlich. Es lebe die einzigartige feinkomische schwarze Meister-Ironie. Eines sagenhaften ALFRED HITCHCOCK.

Wir haben ein Meisterwerk zu würdigen. Zu feiern. „Hitchcock“, der Film, ist ein emotionaler Hochkaräter, ein atmosphärisches Milieu-Glanzstück, ein darstellerisches Olympwerk. Von brillantem UnterhaltungsKINO. Meine Güte, was ist das nur für ein Klasse – Film! (= 5 PÖNis).
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren.

Anbieter: „Fox Home Entertainment“.

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