HIDDEN FIGURES – UNERKANNTE HELDINNEN

HIDDEN FIGURES – UNERKANNTE HELDINNEN“ von Theodore Melfi (Co-B, Co-Produzent + R; USA 2016; Co-B: Allison Schroeder; nach dem Sachbuch „Hidden Figures“ von Margot Lee Shetterly/2016; K: Mandy Walker; M: Benjamin Wallfisch; Pharrell Williams; Hans Zimmer; 126 Minuten; Start D: 02.02.2017); warum sind Menschen nur so unvernünftig. Um es „nett“ zu sagen. Beispiel: Ich beabsichtige ein riesiges wie super-teures Projekt fertigzustellen. Für die Regierung. Der Vereinigten Staaten von Amerika. Ich versammele die besten Fachkräfte um mich. Allerdings, so ganz stimmt dies nicht: Dunkelhäutige Menschen dürfen nur begrenzt in mein Team, und dunkelhäutige Frauen sowieso nicht. So lautet die herrschende Gesellschafts-Regel. Dass ich mir damit schade, weil ich das gigantische, aber auch inspirierende Potenzial von Wissen, Energie und Engagement von vorn herein nicht (be-)nutze, sondern fernhalte, ist mir nicht klar. Viel mehr füge ich mich der allgemeinen Rassen-Ideologie und Geschlechter-Trennung. Denn anno 1950er- und Co-Jahre sind in den USA nur männliche Weiße die wahren Denker und Lenker. Etwas Anderes kommt politisch überhaupt nicht in Frage und mir gar nicht in den Sinn.

„HIDDEN FIGURES“, also „Versteckte Personen“, ist der gedanklich-spannende und emotional hochkarätige Blick auf die bisher unerzählte, einzigartige Geschichte über eine Gruppe herausragender afroamerikanischer Frauen, die aus hochtalentierten Mathematikerinnen bestand und ganz entscheidend beim „Kalten-Kriegs-All-Wettkampf“ zwischen den USA und der Sowjetunion heldinnenlos mitmischten und – so ganz nebenbei – auch die einheimischen Auseinandersetzungen und Konfrontationen um Gleichberechtigung und Chancengleichheit beflügelten.

Jeder kennt die amerikanischen Apollo-Missionen und jene Astronauten aus den Pionierjahren: John Glenn, Alan Shepard und Neil Armstrong. Umso bedauerlicher ist es, dass bislang die Namen von KATHERINE JOHNSON, DOROTHY VAUGHAN und MARY JACKSON unbekannt waren. Ohne viel Aufsehen und öffentliche Anerkennung entfalteten diese schwarzen Ladies ihre enormen Fähigkeiten an mathematischem Wissen und handwerklicher Stärke und trotzten den diskriminierenden Gesetzen in Virginia. Wurden nach und nach immer unverzichtbarer für das schließlich waghalsigste Projekt, John Glen als ersten Amerikaner in die Erd-Umlaufbahn zu schicken.

Am Beginn: Der Schock in den USA ist groß, als die Russen mit Juri Gagarin den ersten Menschen ins All transportierten. „Wir auch, und möglichst bald“, lautet das wütende wie fiebrige Regierungs-Motto für die NASA. Al Harrison (KEVIN COSTNER), Chef der neu gegründeten „Space Task Group“, treibt seine Crew, bestehend aus hochkarätigen männlichen weißen Wissenschaftlern, unaufhörlich an, endlich brauchbare Ergebnisse zu liefern.

Abseits von ihnen, in einer weit entlegenen Abteilung, arbeitet ein gänzlich weibliches Team von „menschlichen Computern“, von denen viele afroamerikanische Mathematik-Lehrerinnen sind. Drei von ihnen, Freundinnen, zeichnen sich durch „besondere Begabungen“ aus: Katherine Johnson (TARAJI P. HENSON), die mit nur zehn Jahren die Highschool besuchte, mit 18 ihr Examen in Mathematik und Französisch mit Auszeichnung abgeschlossen hatte und als erste afroamerikanische Frau ein Graduierten-Studium an der West Virginia Universität aufnahm. Seit 1953 ist sie in Langley, und während sie für die NASA arbeitet, ist sie alleinerziehende Mutter von drei Kindern. Dorothy Vaughn (OCTAVIA SPENCER) war 19, als sie ihr College-Examen in Physik und Mathematik ablegte. Mary Jackson (JANELLE MONÁE) ist ebenfalls Absolventin in Physik und Mathematik und ist seit 1951 in Langley tätig. Trotz ihrer außergewöhnlichen Fähigkeiten und Talente hat sich das Trio mit den Gegebenheiten und Auswirkungen des „normalen“ alltäglichen Rassismus längst abgefunden. „Ich habe nichts gegen Ihresgleichen“, bemerkt einmal die weiße Vorgesetzte Vivian Michael (KIRSTEN DUNST) zu Mary Jackson; „Ich bin sicher, dass sie das glauben“, lautet deren Antwort.

Als Al Harrison mitbekommt, wer hier in seinem Team mit starkem Wissen mit-wirkt und für technische Lösungs-Argumente mit-sorgt, sorgt er auch dafür, dass sein (von den weißen Kerlen misstrauisch beäugter und behandelter) Neuling Dorothy für den täglichen Toilettengang nicht extra meilenweit rennen muss, nur, weil es für Schwarze in seinem Gebäude keine Toiletten gibt: Eigenhändig schlägt er das Trennschild bei „seiner“ Toilette ab: „Bei der NASA pinkeln wir alle in derselben Farbe“.

Und als Astronaut John Glenn (GLEN POWELL) schließlich ins All fliegen soll, beharrt er auf Dorothys hypergenaue Daten, bevor er abhebt, weil der Computer ungenaueres Material liefert („Lasst das Mädchen die Zahlen checken. Und wenn das Mädchen sagt, sie sind gut, bin ich bereit“).

Kleine, aber wichtige (authentische) Episoden eines Spielfilms, der überzeugend-klug davon handelt, wie dumm, „ungeschickt“ und ausgesprochen dämlich es ist, wenn in Verbindung mit dem Begriff „Starkes Geschlecht“ Männer „bevorzugt“ werden. Und wie vortrefflich und von großem Nutzen es sein kann, wenn gescheite Frauen natürlich und selbstverständlich in allen Bereichen gesellschaftlichen (und politischen) Lebens „vorne“ bzw. „oben“ mitmischen. Regisseur THEODORE MELFI, hierzulande 2015 bekannt geworden mit seinem Bill Murray-Schelmenstück „St Vincent“ (s. Kino-KRITIK), hat mit „HIDDEN FIGURES“ einen äußerst unterhaltsamen wie geistreichen Film geschaffen, der für die „Oscar“-Verleihung Ende Februar gleich für drei Kategorien nominiert wurde, darunter für den „Besten Film“ sowie für den großartigen Charakter-Part der OCTAVIA SPENCER als Dorothy, die bereits 2012 für ihre Rolle in „The Help“ den Nebendarsteller-„Oscar“ zu gesprochen bekam.

Ihr Hauptdarstellerinnen-„Oscar“ ist jetzt überfällig und wäre absolut verdient (= 4 ½ PÖNIs).

P.S.: Katherine Johnson, heute 98 Jahre alt, ist die letzte Überlebende des Freundinnen-Trios. Im letzten Bild überreicht ihr Präsident Barack Obama Ende 2015 für ihre Lebensleistung die Auszeichnung „Presidential Medal of Freedom“. Im Presseheft wird sie zitiert: „Eine Frau ist immer besser als ein Mann, wenn mehrere Dinge gleichzeitig erledigt werden müssen, das war also kein Problem“.

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