Bibel-Kino

BIBEL-KINO (für „DeutschlandRadio Berlin/FAZIT“/vom 25. 12.1996)

Das ALTE TESTAMENT bestimmt seit den diesjährigen Ostertagen als Fernsehserie das jeweilige Festtagsprogramm der ARD. Nach den Filmen „Abraham“, „Die Schöpfung“, „Jakob“ und „Josef“ zu Ostern, Himmelfahrt und Pfingsten erzählt nun der zweiteilige Film „MOSES“ an den beiden Weihnachtsfeiertagen eine der bekanntesten Geschichten der Bibel.

„Die TV-Version der Bibel entspricht unserem Programmauftrag zur Information, Bildung und Unterhaltung“, begründete im Frühjahr ARD-Programmdirektor Günter Struve den Kauf dieser insgesamt 21teiligen Filmreihe vom Medien-Unternehmer Leo Kirch. Die bis zum Jahr 2000 fertiggestellt sein soll. Die Herstellungskosten werden dabei etwa 200 Millionen Mark betragen. Seit 1993 wird die Serie in der marokkanischen Wüste gedreht. Unter Mitwirkung des Theologen Heinrich Krauss entstehen hier professionell inszenierte und populär besetzte Spielfilme in Kinoqualität. „Moses“ realisierte der fernseh- und kinoerfahrene 56jährige Hollywood-Regisseur Roger Young. Dabei konnte er mit einem namhaften Ensemble arbeiten, das der „Gandhi“-Darsteller und „Oscar“-Preisträger BEN KINGSLEY anführt.

Bibelverfilmungen gibt es, seitdem es das Kino gibt. Und seitdem streiten auch Künstler und Kirche permanent, w i e biblisches Geschehen dramaturgisch und darstellerisch wiederzugeben ist. Während für Produzenten zumeist die Kommerzialität/der Verkaufswert ausschlaggebend ist, geht es kirchlichen Kreisen vor allem um die theologisch-christliche Relevanz eines Films. Die Bibel mit ihren vielen Geschichten gehörte zu den ersten Stoffen, deren sich der Film bediente. Einer der ersten „Leinwandhelden“ war Jesus Christus: im Jahr 1897 wurde die Passion Jesu mehr als 6mal verfilmt. Zuerst von den Brüdern Basile, und darin im gleichen Jahr von Louis Lumiere mit Bildern aus 13 Szenen der Passion in „Das Leben und die Passion Christi“ . Eine der ältesten erhaltenen Filmszenen, sie stammt aus dem Jahr 1898, zeigt Papst Leo XIII., wie er mit ausgestreckten Armen Kamera und Filmteam segnet. Kirchliche Kreise reagierten allerdings mit Skepsis. Einzelne Bischöfe warnten in Hirtenbriefen: „Das Schlimmste ist, dass auch diese an sich großartige Erfindung vielfach zur Schlechtigkeit missbraucht, dass die Lichtbühne vielfach zu einer neuen Schaubühne der Unzucht gemacht wird“. Trotzdem gehören biblische Motive zu den ältesten und beliebtesten Themen. die verfilmt wurden. Weniger zur Erbauung oder Missionierung, sondern mehr zur Unterhaltung: Dramatische wie übertrieben burleske Szenen und später gigantische Massenszenen wechselten einander ab. Innerlichkeit und Aktion waren meist die Zielvorstellungen dieser Filme. Am häufigsten wurde Jesus Christus zum Filmheld gemacht: Der Mann aus Nazareth war bis 1994 über 120mal, nach anderen Zählungen über 150mal Titelheld der Filmgeschichte. Sein Leben und seine Passion stehen dabei im Mittelpunkt.

Lieblingsfiguren aus dem Alten Testament sind David, mehr als 15mal in sogenannten Monumentalfilmen „benutzt“, sowie Moses und Samson: Beide wurden mehr als 10mal in Abenteuer- und Antikfilmen verwandt. Dabei geht es zumeist um die „aufregenden, lärmenden historischen Ereignisse“: Die biblische Vorlage erweist sich vor allem für spektakuläre Bilder als „geeignet“. Ein Schlüsselwerk in der Geschichte des Bibelfilms ist der nach einem Roman von Lewis Wallace gedrehte Film „Ben Hur“ . Er entstand zwischen 1924 und 1926 unter der Regie von Fred Niblo und wurde mit 6 Millionen Dollar Produktionskosten nicht nur der teuerste, sondern auch der erfolgreichste Stummfilm aller Zeiten. In die Lebensgeschichte Christi wird der Konflikt zwischen einem Juden und einem römischen Hauptmann verknüpft. Die Neuverfilmung von William Wyler im Jahr 1959 übertraf dann an Aufwand und Kosten alles bis dahin Gedrehte. Unvergessener und ebenso bewundernswerter wie spektakulärer Höhepunkt: Das Quadrigarennen im Zirkus; Ein technischer wie emotionaler Meilenstein in der Filmgeschichte „Ben Hur“ bedeutete damals, Ende der 50er Jahre, aber auch das vorläufige Ende des Genres ‚Bibelfilm‘, das bekanntlich spöttisch auch als „Sandalenfilm“ in die Annalen der Filmgeschichte einging. Und das neben Meisterwerken wie „Quo Vadis„, dem ersten Cinemascope-Farbfilm „Das Gewand“ und „Spartacus“ von Stanley Kubrick vor allem auch viele schnell produzierte, billige und unbedeutende Streifen in diesem Jahrzehnt hervorbrachte.

Nun also wieder einmal „Moses“. Zwar nicht im Kino, aber mit demselben Anspruch im Fernsehen. Bei der ARD. ‚Die Politik‘ ist davon angetan. So erklärte Kanzleramtsminister Friedrich Bohl von der CDU: „Die Serie könne bei der Suche nach Lebenszielen helfen“.

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