„GABRIELLE – (K)EINE GANZ NORMALE LIEBE“ von Louise Archambault (Co-B + R; Kanada 2013; Co-B: Valérie Beaugrand-Champagne; K: Mathieu Laverdière; M / Chor: Hélène-Elise Blais; 104 Minuten); SIE ist ein wunderbares Temperamentsbündel, Gabrielle (GABRIELLE MARION-RIVARD), Anfang 20 und voller ansteckender Lebensfreude. Beide, die Filmfigur wie ihre Darstellerin, sind mit einem genetischen Defekt zur Welt gekommen, dem Williams-Beuren-Syndrom. Einer geistigen Behinderung, die sie aber auch besonders mit einer starken Sensibilität für Klänge und Musik „ausstattet“. Gabrielle lebt ihre Freude am Gesang in einem speziellen Chor für behinderte Menschen aus. Liebt dort die energetischen Herausforderungen. Zumal es jetzt um einen größeren Demnächst-Auftritt geht. In Freiluft, vor Tausenden, mit dem franco-kanadischen Star-Sänger ROBERT CHARLEBOIS. (Der sich selbst spielt). Als sie bei den Proben den ebenfalls sangesbegeisterten Martin (ALEXANDRE LANDRY) kennenlernt, der als Hilfskraft in einer Tierhandlung tätig ist, ist es die große Liebe. Natürlich gestaltet sich das Zusammensein „anders“, aber die Beiden wollen DAS gerne auf sich nehmen. Was in ihrer familiären Umgebung, besonders bei seiner Mutter, die volle Besorgnis auslöst. Die alten Vorurteile. Von wegen – wenn du behindert bist, „verhalte“ dich in der Gesellschaft entsprechend. Und tu nicht so, als könntest du auch ein „normales“ Leben befriedigend führen. Sei „anders“, weil du „anders“ bist. Der Film widerlegt das. Lächelnd. Völlig unaufgeregt. Liebevoll pointiert. Mit großem Gespür für kleine wichtige wie witzige Gesten. „Bedeutungen“. Ohne heldenhafte Peinlichkeit(en). Eher entspannt. Wie es Gabrielle auch – wirklich – ist. Verkörpert durch die sensationell authentische, charmante und sympathisch-„komische“ Hauptdarstellerin Gabrielle Marion-Rivard. Samt ihrer hinreißenden Körpersprache. Ihre Film-Gabrielle definiert sich nicht über Mitleid, falsche Rührung oder alibihafte Botschaftsbewegungen, sondern durch ihre einzigartige, unverkrampfte HERZlichkeit. Manipulieren, taktisches Lügen, konstruierte Missverständnisse oder plumpe Weinerlichkeit begegnet man hier nicht. In diesem unkonventionellen Film zum Mögen. Wann ist der Mensch ein Mensch, sang Herbert Grönemeyer mal. Antwort: HIER. Deshalb: Co-Autorin und Regisseurin Louise Archambault tritt erst gar nicht in die Drama-Schiene „Behindert oder Nicht-Behindert, das ist hier die problematische Frage“ ein, sondern lässt lieber glaubhaft emotionale KINO-Funken sprießen. Was sich wie eine läppische, süßliche Reißbrett-Märchenstory um zwei Außenseiter anhört, die zusammenkommen wollen, aber nicht sollen, ist tatsächlich ein feiner sanfter Geniestreich. Um die Liebe. Zur vorurteilsfreien Liebe und vor allem auch: zur stimmungsvollen Musik. Als Verbindung für zwei Menschen, deren Antennen halt „so“ ticken. Merke: Warum denn auch nicht! „Gabrielle“ ist höchst unterhaltsames Spitzengefühlskino (= 4 PÖNIs). |
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