STANLEY KUBRICK hat einen neuen Film gemacht. Der Regisseur von Meisterwerken wie “2001 – Odyssee im Weltraum“, “Uhrwerk Orange“ und “Barry Lyndon‘ hat sich einen Themas angenommen, das in diesen Monaten im Kino ein Dauerbrenner ist und bleiben wird. Vietnam. Der Vietnam-Krieg. Aber Kubrick hat mit
„FULL METAL JACKET“ von Stanley Kubrick (Co-B + R; USA 1986/1987; Co-B: Michael Herr; Gustav Hasford; nach den Romanen „The Short-Timers“/deutsch: „Höllenfeuer“ von Gustav Hasford/1979 und „Dispatches“/“An die Hölle verraten“ von Michael Herr/1979; K: Douglas Milsome; M: Vivian Kubrick (als Abigail Mead); 116 Minuten; BRD-Kino-Start: 08.10.1987), zu deutsch etwa: “Vollmantelgeschoss“ („full metal jacket bullet“), keineswegs d e n definitiven Vietnam-Film geschaffen. Sein Werk erzählt etwas über das Töten. Das Töten von Menschen. Außen wie Innen.
Es beginnt in einem Ausbildungscamp der Marines im Sommer von 1968, wo eine neue Gruppe von Zivilisten auf die kommenden Kriegsaufgaben vorbereitet wird. Ihre Ausbildung besteht neben dem handwerklichen Schliff im Wesentlichen darin, ihren Charakter, ihre Würde, ihre Individualität zu brechen. Ziel: Ein einziger übrigbleibender Gedanke, e i n einziges Empfinden: für Amerika in den Krieg zu ziehen, und diesen einen Krieg zu gewinnen. Zweifel sind ebenso wenig gestattet wie überhaupt irgendwelche persönlichen Regungen. Ihr Ausbilder, eine Mischung aus Psycho-Terrorist und Sadist (R. LEE ERMEY), lässt nicht locker und nichts unversucht. Und ganz besonders bei einem nicht, einem etwas dicklichen Typ, der es nicht zu packen scheint. Der wird solange getriezt, schikaniert, solange geprügelt, bis auch aus ihm ein perfekter Killer-Roboter geworden ist.
Allerdings, nun auch ein wahnsinniger…
Szenenwechsel zum Kriegsschauplatz Vietnam. Wo alle verkrüppelt erscheinen. Hier nun der Krieg-pur. In diesen Momenten erweist sich Kubrick als urnbarmherziger, kompromissloser Ankläger. Der Mensch im Krieg als ein Stück willenloses Fleisch. Eine Ware, die nur dazu da ist, eine Funktion zu erfüllen, einen Befehl auszuführen und dann verbrennen kann. Niemand hat mehr “das Menschliche“ in sich. Narben bleiben in übelster Form für die wenigen zurück, die überleben können. Krieg als niederste Stufe menschlicher Verhaltensweisen. “Full Metal Jacket“ ist ein moderner Antikriegsfilm, kommt “Im Westen nichts Neues“ in seiner Direktheit und Betroffenheit sehr nahe. Kubrick ist Humanist, und Krieg ist für ihn die Perversion von Menschen an Menschen. Dies zeigt er in gewohnt perfekten Bildern. Die nicht
moralisieren, sondern ernüchternd “zeigen“, was ist. Kaputte Städte, dämonenhafte Menschen, sinnlose Gewalt um irgendwelche Gegenden.
“Full Metal Jacket“ ist ein Meisterwerk. “Full Metal Jacket“ ist ein Film, der erst zu wirken anfängt, wenn man schon lange das Kino verlassen hat. Und: er bleibt haften. Hoffentlich lange, für immer und ewig am besten, und hoffentlich bei ganz, ganz vielen (= 5 PÖNIs).