Das ewige Leben

das ewige lebenDAS EWIGE LEBEN“ von Wolfgang Murnberger (Co-B + R; Ö/D 2014; Co-B: Josef Hader, Wolf Haas, nach dem gleichnamigen Roman von Wolf Haas; K: Peter von Haller; M: Sofa Surfers; 121 Minuten; Start D: 19.03.2015); nach 3 Filmen – „Komm, süßer Tod“ (2000), „Silentium“ (2004) und „Der Knochenmann“ (2009/s. Kino-KRITIK) – ist der schmutzende österreichische Ex-Polizist und Behelfs-Detektiv Simon Brenner (JOSEF HADER) am Ende. In die völlige Asozialität abgerutscht. Total pleite und obdachlos. Selbst die Amts-Frau vom Arbeitsamt zeigt Erbarmen in ihren Augen. Doch wie soll man einem solchen Outlaw helfen?

Der Mann ist ein gesellschaftliches U-Boot. Der sich dann erinnert, dass er ja doch noch etwas besitzt: nämlich die Immobilie seiner verstorbenen Eltern. Also begibt er sich unfreiwillig dorthin, wo er eigentlich nie wieder sein wollte – nach Graz, präzise nach Puntigam, dem 17. Stadtteil dieser Region. In die Kindheit und Jugendzeit. Wo die Erinnerungen schmerzen und es in das desolate elterliche Haus hineinregnet. „When I Was Young“ von Eric Burdon & The Animals röhrt die Single. Auf dem alten Plattenspieler. Danach wird es gnadenlos. Mit und um diesen Typen, der eigentlich mehr einstecken muss als er vertragen kann und dennoch – bislang – immer überlebt. Hat. Quasi. Denn mit seiner Ankunft in der gegenwärtigen Vergangenheit tauchen die bösen Geister wieder auf, um endgültig abzurechnen. Von „damals“ sind noch Rechnungen offen. Als vier Polizeischüler auf Abwege gerieten. Mit üblen Folgen. Demzufolge: Mit „ungemütlich“ ist der Zustand von Simon Brenner jetzt sehr milde beschrieben. Es und ER schmutzt wieder enorm.

Die Sprache: nicht immer deutlich. Übers Zukucken aber verständlich. Die Bewegungen: nicht ständig nachvollziehbar. Aber darum geht es ja. In diesem uneinheitlichen schwarz-komischen Thriller. Um Neon und Düster-Seele. Wo nichts richtig passt. Zusammenläuft. Keine „Ordnung“ ergibt. Typisch Brenner: Die Existenz als ewige Probe. Damals wie heute. In der Jauche des Lebens.

Der 53jährige Autor („Indien“), Kabarettist („Hader muss weg“) und Schauspieler JOSEF HADER als Simon Brenner ist faszinierend. Kultig. Abstoßend. Als deftiger Grantler forever. Nichts wirklich in die Reihe kriegend. Dabei immer wieder aufstehend. Mit seinen Dämonen. Im dauerhaften melancholischen Taumel. Stets in Abgrund-Nähe herumtuend.

„Das ewige Leben“ ist der sechste von inzwischen acht Brenner-Krimis des 54jährigen österreichischen Schriftstellers WOLF HAAS. Der hier auch als Co-Drehbuch-Autor mitmachte und die Geschehnisse ruhig etwas „wirksamer“ hätte gestalten dürfen. Zusammenhänge verständlicher erzählen und erklären können. Bisweilen bin ich hier „ausgestiegen“, um mich mit Brenner „einfach so“ film-treiben zu lassen. In seinem Hass-Duell mit dem Ex-Kumpel und paranoiden Polizeichef Aschenbrenner, den man auch als teuflischen Aschen-Brenner deuten kann und den TOBIAS MORETTI („Das finstere Tal“) brillant-schizo vorführt.

Ein „Spezi“-Werk. Mit viel lakonischem Stinkefinger-Geschmack. Und einem knurrigen Ösi-Bogart als „das coole Elend“. Auf charmantem Wrack-Niveau. Inmitten eines atmosphärischen Schmäh-Trips (= 3 PÖNIs).

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