PÖNIs: (3/5)
„ES: KAPITEL 2“ von Andy Muschietti (USA 2018; B: Gary Dauberman, Jeffrey Jurgensen; nach dem gleichn. Roman von Stephen King/1986; K: Checco Varese; M: Benjamin Wallfisch; 165 Minuten; deutscher Kino-Start: 05.09.2019); nachdem „ES“ im Jahr 2017 zu einem begeisternden wie gigantischen Genre-Kometenerfolg mutierte, Budget: rund 35 Millionen Dollar; weltweite Einnahme: rund 700 Millionen Dollar, zählte seitdem die Fortsetzung zu den am meisten erwarteten Filmen überhaupt.
Zuvor verweise ich diesbezüglich auf meine damalige 5 PÖNIs-KRITIK zum Kino-Start von „ES 1“ am 28.09.2017, in der die Hintergründe zum Autoren Stephen King, zu seinem (auch seitenmäßig) riesigen Roman „ES“ und natürlich zum Film verarbeitet werden. Deshalb will ich hier auch nach Möglichkeit wenig wiederholen, sondern, wie der Film, fortfahren. Film 1 spielte im Oktober von 1988. Film 2 setzt 27 Jahre später ein, also 2015. Im Buch bereits ist geklärt: Dieser Monster-Clown, genannt Pennywise (wieder interpretiert von BILL SKARSGARD) taucht alle 27 Jahre in diesem Nest, der Kleinstadt Derry im US-Bundesstaat Maine, auf, um sich an den Ängsten von Kindern mit viel Appetit „zu laben“. Zur Erinnerung: Damals konnte eine Gruppe von „verlorenen“ Kids aus der Kleinstadt zuletzt dieses kannibalistische mörderische „Viech“ besiegen.
27 Jahre sind seitdem vergangen. Die Mitglieder der selbsternannten Verlierer-Gruppe sind längst in alle Welt verstreut. Außerdem – inzwischen natürlich: Erwachsene. Da der (ursprünglich aus dem Weltraum stammende) Gestaltenwanderer Pennywise sich aber „nur“ für den Nachwuchs in Sachen Sauerstoff-Zufuhr interessiert, sollten unsere einstigen kleinen Helden heute eigentlich ausgedient haben. Eigentlich. Denkste. Denn: In Derry ist erneut der Teufel los. Eine bestialische Mordserie erschüttert die Gemeinde. Mike Hanlon (ISAIAH MUSTAFA) ist der Einzige, der weiterhin hier lebt und als Bibliothekar arbeitet, und er erkennt das neue-alte Grauen: Pennywise. Also nimmt er mit seinen damaligen Kumpels Kontakt auf. Erinnert sie an ihren gemeinsamen Schwur, sofort wieder nach Derry zurückzukehren, sollte ES jemals wieder auftauchen. Doch „die glorreichen Sieben“ werden sogleich auf sechs reduziert, denn Stanley Uris setzt sich umgehend in die Badewanne und bringt sich um.
Wen haben wir heute, der Film stellt sie uns in der ersten Stunde vor: Bill Denbrough (JAMES McAVOY) ist inzwischen ein erfolgreicher Horror-Autor mit Ehe-Problemen; Beverly Marsh (JESSICA CHASTAIN) hat sich als Mode-Designerin einen Namen gemacht, leidet jedoch unter ihrem gewalttätigen Millionärsgatten; Richie Tozier (BILL HADER) kommt mit ausverkauften Bühnen-Shows als Stand-up-Comedian bestens über die Runden; Ben Hanscom (JAY RYAN), durchtrainiert, hat viel an Außenseiter-(Über-)Gewicht verloren, besitzt heute ein eigenes Architekten-Büro; Eddie Kaspbrak (JAMES RANSONE) ist als Risikobewerter unterwegs; Stanley „Stan“ Uris (ANDY BEAN) als Buchhalter. Ihre Erinnerungen an DEN Sommer von 1988 sind verblasst. Sie müssen sich erst wieder „thematisch“ ‘reinfinden. Was aber beim ersten Zusammentreffen im chinesischen Gasthaus umgehend „praktiziert“ wird. Die Dämonen der Vergangenheit nehmen bei und mit ihnen sofort Schreckens-Fahrt auf.
In der Einstimmung, der Eröffnungssequenz, wird bereits krass angedeutet, wohin die schauerliche Reise diesmal geht: ES wird härter. Brutaler. Sehr viel blutiger. Gemeiner. – FSK-Freigabe ab 16 Jahren übrigens. – Als die Gruppe wieder zusammenfindet, blicken wir mit den „alten Verlierern“ zunächst auf deren Erinnerungen. Beginnend mit Deutungen um die Verbindungen zwischen damals und jetzt. Zusammenhänge werden erläutert. Allerdings: reichlich verknappt. Denn: Regisseur Andy Muschietti signalisiert ziemlich bald, was er beabsichtigt. Jetzt, wo doch die Kinder Vergangenheit sind, kann er mit einer Riesen-Lust Erwachsenen-Gewalt und Horror-Entfesselungen bewegen. Gruselmotive werden noch und nöcher wirkungsvoll zelebriert, auch musikalisch, es gibt Vorwarnungen bis zum Exzess, während der Blut-Aufwand immens ist.
Ergebnis: Gigantische Effekthascherei vor listiger psychologischer Dramaturgie wie bei Teil 1, eine erhebliche Schwachstelle der Fortführung. Mitunter nur als ekelhafter, aufdringlicher und langweilender Selbstzweck auftauchend und wirkend. Wobei Pennywise, der sich von wegen „persönlichem Beleidigt-Sein“ dieser neuen Herausforderung eigentlich stellt und die Truppe gerne bösartigst und hardcore foppt, sich nun auch als Ekel-Spinne präsentiert; ein Alptraum-Tier-Wesen, das ja in den Werken von Stephen King immer wieder auftaucht („Der Nebel“; „Der dunkle Turm“). Im zweiten Film-Teil von „ES 2“ jedenfalls, beim dann ausufernden Höhlen-Höllen-Duell, wird abgründiger Horror zelebriert. Mit „Alien“-Figuren-Anklängen.
Während innerhalb des Ensembles der grandiose BILL HADER einzig die charakterliche Neugier offenhält, seine Performance ist definitiv aufsehenerregend wie zutiefst emotional. Bill Hader, der sarkastische Richie-Komödiant, sticht klar aus dem Bedienungs-Personal im Ensemble heraus. Die aber auch einen schweren Stand gegen die übermächtigen, beherrschenden (Computer-)Tricksereien haben.
Insgesamt schleichen sich – nach zwei Stunden vor allem – erhebliche Horror-Grusel-Effekt-Längen ein. Die Positionen sind deutlich abgesteckt, man wartet nun auf das Ende, muss aber noch reichlich „Schocks“ ertragen. Über sich ergehen lassen. Film-Überlänge: 2 Stunden, 45 Minuten! Die Atmosphäre „wackelt“.
Ich sage es nur ungern, weil die Erwartungen auch bei mir so immens waren: Ich habe mehr erhofft als „nur“ ein ellenlanges Fortführungs-Movie, das mit Effekt-Exzessen „nur so um sich schmeißt“ und dabei Stephen King immer mehr annonciert, denn Seelen-trifft (= 3 PÖNIs).