ERNST LUBITSCH zum 100. (29.01.1992)
Er war klein, dick und rauchte unentwegt riesige Zigarren. Er liebte Bratkartoffeln und elegante, schöne Frauen. Er war der Sohn eines Schneidermeisters und sollte ursprünglich im Geschäft seines Vaters
arbeiten. Doch dort stellte er sich dermaßen ungeschickt an, dass sogar
der Vater ein Einsehen hatte und nichts gegen die künstlerischen Ambitionen seines Filius
unternahm. Als der bei Max Reinhardt vorsprach, d e m deutschen Bühnen-Giganten jener Jahre, prophezeite der Maestro: “In dem hässlichen jungen Mann steckt etwas“.
Die Rede ist von ERNST LUBITSCH, der vor 100 Jahren, am 29. Januar 1892, in Berlin geboren wurde. Um 1913 entstanden erste Kontakte mit dem Film. Erst arbeitete Lubitsch nur als Schauspieler, dann auch als Regisseur. Im Herbst 1914 entsteht der erste Film, in dem Ernst Lubitsch zugleich Regie führte und Hauptdarsteller war: “Fräulein Seifenschaum“. Danach wurde er eine feste Größe im deutschen Film. Er schuf hauptsächlich Komödien, in denen
er als Geschäftsmann Meyer die zentrale Rolle spielte. Der Erfolg diese:
Filme verhalf ihm zu größeren Produktionen. Mit “Madame Dubarry“ drehte in er 1919, mit Pola Negri in der Titelrolle, seinen ersten historischen Kostümfilm. Die Beliebtheit dieses Films und weiterer, ähnlicher Werke brachte Lubitsch 1923 nach Hollywood. Dort zählt er mit seinen “hausgemachten“ Komödien schon bald zu den gefragtesten Regisseuren. Der “Lubitsch-Touch“ wird zu einem geflügelten Wort und weltweiten Kunstbegriff.
“Lubitsch-Touch“, das ist die Kunst des Indiskreten oder die ganz hohe Schule des Eindeutig-Zweideutigen. Niemand außer Lubitsch hat es je verstanden, den frivolen Witz so geschickt und kontrolliert anzubringen, dass er das Publikum angenehm schockierte und nie beleidigte. Diese Kunstform, stets süffisant einen Abstecher über das genussvolle Amüsement zu machen, übte einen großen Einfluss auf die Entwicklung der Hollywood-Komödie aus. Die Umstellung vom stummen auf den Tonfilm gelingt Lubitsch ohne
große Schwierigkeiten. Sein erster Tonfilm heißt 1930 “Liebesparade“ und ist ein Operettenfilm.
In den folgenden Hollywood-Jahren entstehen zahlreiche Musikkomödien, mit denen Lubitsch sehr viel Erfolg hat und hohes Ansehen erreicht. Er arbeitet mit Stars wie Marlene Dietrich, Gary Cooper, Greta Garbo und David Niven zusammen. Ab 1936 ist er auch als Produzent tätig, 1937 erhält er einen Jubiläums-“Oscar“ für “25jähriges Filmschaffen“. Zwei Jahre zuvor haben ihn die Nazis ausgebürgert. Seine Antwort kommt 1942 mit der meisterlichen Satire „Sein oder Nichtsein“, deren Schärfe und Schönheit auch heute noch gerühmt wird und die in der Bundesrepublik erstmals 1960 ins Kino gelangt.
Ernst Lubitsch. Filme wie “Madame Dubarry“ haben ihn berühmt, Komödien wie “Ärger im Paradies“ und “Engel“ legendär, Klassiker wie “Ninotschka“ und “Sein oder Nichtsein“ unsterblich gemacht. Heute wäre er 100 Jahre alt geworden, und viele erinnern sich gerne an ihn. Und an seine wunderbaren Filme.