PÖNIs: (3,5/5)
„DIE DUNKLE SEITE DES MONDES“ von Stephan Rick (Co-B + R; D/Luxemburg 2015; Co-B: Catharina Junk; nach dem gleichn. Roman von Martin Suter/2000; K: Felix Cramer, Stefan Ciupek; M: Gast Waltzing; 97 Minuten; deutscher Kino-Start: 14.01.2016); die Romane des Schweizer Schriftstellers MARTIN SUTER, der demnächst, am 29. Februar 2015, 68 Jahre alt wird, waren schon des Öfteren Pate für unterschiedlich bewertete spitzfindige Psycho-Thriller; siehe „Ein perfekter Freund“ (2006), „Small World“ (2010/s. Kino-KRITIK) oder zuletzt „Der Koch“ (2014/s. Kino-KRITIK). Mit der Adaption des Romans „Die dunkle Seite des Mondes“, erstveröffentlicht im Jahr 2000, ist einer der besten „Suter-Filme“ zu annoncieren.
Der Mensch ist gespalten. Mal als (eigentlich) solider Dr. Jekyll, mal als dämonischer Mr. Hyde. Urs Blank (MORITZ BLEIBTREU) ist ein gewitzter Jekyll-Wirtschaftsanwalt. Außerordentlich erfolgreich in seinem Fach. Mit häuslichem Luxus und einer „passenden“ Frau ausgestattet. Der aus der Seelen-Bahn gerät, als sich vor seinen Augen ein älterer Firmeninhaber erschießt, den er grade profitabel „ausgetrickst“ hatte. Blank fängt an, sein Leben und sich zu hinterfragen. Gerät an die junge Lucille (NORA VON WALDSTÄTTEN), die ihn mit ihrem alternativen simplen Lebensstil „erwischt“. Urs Blank will alles hinschmeißen und neu anfangen. Als er aber eines Tages bei einem Trip mit halluzinogenen Pilzen völlig außer Tritt gerät, kommt seine innere Mr. Hyde-Seite zum Vorschein; die dunklen Persönlichkeitsdinge des sonst so beherrschten Urs Blank brechen vermehrt heraus. Was fatale wie aggressive Folgen auslöst. Aus dem zivilisierten Anwalt und Bürger entwickelt sich ein instinktgetriebenes Wut-Individuum. Was seinen Geschäftspartner, Pius Ott (JÜRGEN PROCHNOW), auf den misstrauischen Plan ruft. Denn wenn es um so viel Geld geht wie in einem bevorstehenden Fusions-Geschäft, gibt es kein Pardon. Für „momentane“ Schwächen.
Ein Mensch verliert sich. Ist plötzlich nicht mehr derselbe „Funktionierende“. Wird dadurch zum Unruhegeist und zur Gefahr für sich selbst. Weil die Beherrschung, die Kontrolle und ihre Mechanismen, nicht mehr „klappen“. Der ständige innere Kampf, die permanente Anspannung. Zwischen Individuum und Über-Ich-Triebgestörtem. Dessen Handlungen ihn selbst entsetzen. Wenn er „wach“ ist. Ein Mord, das Zurückziehen in den Wald. Um dem möglichen Wahnsinn auszuweichen. Doch der hat schon längst Besitz von Urs Blank ergriffen. Überhandgenommen. Gewonnen. So dass die barbarische Zivilisation eingreift.
Der Gewinner: MORITZ BLEIBTREU. Der 44-jährige ist faszinierend präsent, kriegt die Balance zwischen Normal und Psychopath beeindruckend und außerordentlich psycho-spannend hin. Was für eine großartige körpersprachliche Unbehagen-Kraft und Innen-Ausstrahlung. Moritz Bleibtreu ist einer unserer besten Schauspieler! Dessen Filme zu den Muss-Besichtigungen zählen.
Leider übertreibt es am Ende Co-Drehbuch-Autor und (TV-)Regisseur Stephan Rick, der bis dorthin für eine bisweilen imposante düstere Spannungsatmosphäre sorgt, in Sachen Thriller-Finale unangemessen. Also unwirklich. Der Ausklang wirkt quatschig. Was den Gesamteindruck – vor allem dank Moritz Bleibtreu – allerdings nur unwesentlich schmälert (= 3 ½ PÖNIs).