Dressmaker Heimkino

Jedes Land hat seine „Oscars“. In Australien heißen sie seit Februar 2012 „AACTA Awards“ (vorher: „Australien Film Institute Awards“ oder kurz: „AFI Awards“). Diese werden alljährlich von der „Australien Academy of Cinema and Television Arts“, kurz: „AACTA“, vergeben. Der Film, den ich vorstelle, erhielt in diesem Jahr gleich 13 Nominierungen, führte damit die Academy-Liste damit an und bekam schließlich 5 australische „Oscars“, darunter für die Hauptdarstellerin (und „Oscar“-Preisträgerin) KATE WINSLET („Der Vorleser“), für die „Beste Nebendarstellerin“ JUDY DAVIS, für den „Besten Nebendarsteller“ HUGO WEAVING sowie für die „Besten Kostüme“. In unser Kino hat es dieser Film trotzdem nicht geschafft; ihn hat jetzt das hiesige Heim-Kino als deutsche Erstaufführung veröffentlicht:

THE DRESSMAKER – DIE SCHNEIDERIN“ von Jocelyn Moorhouse (Co-B + R; Australien 2014/2015; Co-B: PJ Hogan; nach dem gleichnamigen Roman von Rosalie Ham/2000; K: Donald McAlpine; M: David Hirschfelder; 119 Minuten; Heimkino-Veröffentlichung: 29.04.2016).

„Ich bin zurück ihr Mistkerle“: Die Atmosphäre erinnert anfangs an die Tragikomödie „Der Besuch der alten Dame“ von Friedrich Dürrenmatt. In diesem Welt-Klassiker, der erstmals am 29. Januar 1956 in Zürich aufgeführt und danach auch vielfach verfilmt wurde, kommt die Milliardärin Claire Zachanassian zurück in die verarmte Kleinstadt Güllen, wo sie einst diffamiert und vertrieben wurde. Ihr Alters-Ansinnen: Rache. „The Dressmaker“ fängt ganz im Sinne von „Der Besuch der jungen Dame“ an: Myrtle Dunnage, die sich jetzt Tilly nennt (Kate Winslet), kehrt 1951 in die australische Kleinstadt Dungatar zurück, wo sie vor 25 Jahren fälschlicherweise als Mörderin gebrandmarkt und vertrieben wurde. Tilly ist jetzt eine renommierte Schneiderin, die sich einen internationalen Ruf erworben hat und sich um ihre physisch wie psychisch kranke Mutter kümmern will, die in der Gemeinde als „Mad Molly“ (Judy Davis) herabsetzend geduldet wird. Nun aber ist allgemeine Alarmstimmung angesagt („Die Mörderin ist wieder da“): Was will „Tilly“ hier? Warum ist sie zurückgekehrt? Was hat sie wohl vor?

Allgemeines „Unwohlsein“ ist spürbar, während Nachbar-Boy Teddy (LIAM HAMSWORTH) erfreut ist, endlich einmal einer attraktiven Frau in diesem Staub-Gemenge zu begegnen. Und Tilly ist sehr attraktiv. Vermag mit ihrem Äußeren zu glänzen. Während im Hintergrund die Mundharmonika wie aus „Spiel mir das Lied vom Tod“ signalisiert, dass hier ein „Charles Bronson“-Weib im blutroten Kostüm „Dinge“ vorhat. Und der örtliche Sergeant Horatio Farrat (glänzend: HUGO WEAVING) immer mehr seine Vorliebe für frauliche Kostüme ausleben kann.

„The Dressmaker“ ist nicht nur ein genüssliches, leidenschaftliches Spiel um das Ausleben von Rache, sondern zuvorderst auch ein Drama um eine innerlich zerriebene junge Lady, die klären will, ob sie tatsächlich damals gemordet hat, wie behauptet wird, oder nicht. Dabei sind ihr die Einwohner keine Hilfe, und auch ihre Mutter will lange Zeit nichts „davon“ wissen. Viel zu sehr hat diese sich mit der Schäbigkeit ihres schmutzigen Schicksals abgefunden.

Tilly benötigt viele Aufwands-Umwege, um ihre renitente Mutter wieder in einen charakterstarken Menschen zurück zu verwandeln. Zunächst aber ist sie dabei, die grauen Gestalten in der Region in „vortreffliche Models“ umzunähen. Denn „die“ haben Mode-Luft gerochen: „Couture ist eine Waffe“, betont die Co-Drehbuch-Autorin und Regisseurin JOCELYN MOORHOUSE – ihre Filme „Proof – Blindes Vertrauen“; „Ein amerikanischer Quilt“; „Tausend Morgen“ liefen auch bei uns – im Bonus-Interview. Und hat mit „The Dressmaker“ einen komödiantischen, düsteren, eigenwilligen und wackelpuddingartigen Thriller geschaffen: Der immer in eine andere Richtung „wackelt“ als vermutet. Und dadurch spannend irritiert. Zudem: Kleider sagen viel über ihre Träger aus, und so spiegeln sich in den dunkelroten, senfgelben und smaragdgrünen Kostümen auch die prickelnden Innereien der Figuren wieder. Was auch Sergeant Horatio immer mehr begeistert.

Schließlich: Der Showdown winkt. „Ein Italo-Western mit einer Singer-Nähmaschine“, nennt Jovelyn Moorhouse ironisch ihre unterhaltsame Peilung. Entstanden nach dem gleichnamigen Debüt-Roman der australischen Schriftstellerin ROSALIE HAM aus dem Jahr 2000. Mit einem großartigen Ensemble, unter den prächtigen Anführerin KATE WINSLET. „The Dressmaker“ ist ein guter Film-Schmöker.

Anbieter: „Ascot Elite Home Entertainment“

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