PÖNIs: (4,5/5)
„DER RAUSCH“ von Thomas Vinterberg (Co-B + R; Dänemark 2019/2020; Co-B: Tobias Lindholm; K: Sturla Brandth Grovlen; M: Mikkel Maltha; 116 Minuten; deutscher Kino-Start: 22.7.2021);STARK. Titel = „DER RAUSCH“. Von THOMAS VINTERBERG (Co-Drehbuch + R); Dänemark 2019/2020; 116 Minuten. Der reguläre Kino-Start fand in Dänemark am 24. September 2020 statt. Dort entwickelte sich der Film „Druk“ (Originaltitel), mit mehr als 800.000 Kinozuschauern, zur meist gesehenen Produktion des Filmjahres 2020. In diesem Jahr erhielt er zahlreiche internationale Filmpreise, darunter den „OSCAR“ als „Bester Internationaler Film“ sowie eine „Oscar“-Nominierung für die „Beste Regie“ sowie den „British Academy Film Award“ als „Bester nicht-englischsprachiger Film“. Wurde zudem zum „Besten Europäischen Film 2020“ gekürt. Thomas Winterberg, geboren am 19. Mai 1969 in Frederiksberg, ist Mitbegründer der Dogma-95-Bewegung und schuf filmische Werke wie „Das Fest“ (1998) und „Die Jagd“, mit Mads Mikkelsen, 2014 für den Auslands-„Oscar“ nominiert (s. Kino-KRITIK). Seine „Motivation“ für den aktuellen Film erklärt er im Presseheft und beginnt mit einem Churchill-Zitat: „Ich trinke nie vorm Frühstück“. „Andere große Denker, Künstler und Schriftsteller, darunter Tschaikowsky und Hemingway, fanden auf diese Weise Mut und Inspiration. Wir alle kennen das Gefühl nach ein paar Schlucken Alkohol, wenn die Gespräche tiefer, der Raum größer und die Probleme kleiner werden“. Um fortzufahren = „Mit diesem Film wollen wir die befreiende Wirkung untersuchen, die Alkohol auf Menschen haben kann, und uns davor verneigen. Der Film wurde von den Theorien des norwegischen Philosophen Finn Skarderud inspiriert, die davon ausgehen, dass der Mensch mit 0,5 Promille Blutalkohol zu wenig geboren wird“. Um fortzufahren = „Wir wollten dem Alkohol Tribut zollen, aber selbstverständlich auch ein nuanciertes Bild zeichnen. Eingebettet in unsere Betrachtung der Essenz von Alkohol liegt das Eingeständnis, dass Menschen durch exzessives Trinken sterben oder davon zerstört werden. Eine Existenz mit Alkohol schafft Leben, aber sie tötet auch“.
Trinken ohne zu saufen. Vier weiße mittelalterliche Typen von Sport-, Musik- und Geschichtslehrer-Art wollen sich ändern. Verändern. Sie haben ihren Lebens-„Stillstand“ „bemerkt“. Vor allem Martin (MADS MIKKELSEN). Einst war er Pädagoge aus Leidenschaft und mit viel Engagement, jetzt sind nicht nur die Schüler von seinem dürftigen Enthusiasmus gelangweilt, auch Zuhause, in der Ehe, kriselt es. Ist viel Luft raus. Seinen drei Freunden Tommy, Nikolaj und Peter geht es ähnlich. Mit und in ihrer Lebensstarre. Bei einer angeheiterten Geburtstagsrunde kommen Ideen zum Vorschein wie – nur mit erhöhtem Alkoholgehalt im Blut ist man zu Bestleistungen fähig. Was der baldigen Überprüfung bedarf. Stichwort: Ein Selbsttest ist fällig. Motto: Während der Arbeit gilt es, einen konstanten Pegel zu halten. Mit empathischem Antrieb stürzen sich die Vier in ihr geheimes Experiment. Und tatsächlich: Die Wirkung lässt nicht lange auf sich warten. Ab sofort lautet die neue Erkenntnis: Du kannst trinken und dein Leben in Fahrt bringen. Sozusagen – Du wirst ein Sauf-Du, bis zum Punkt der Zündung trinkst du und sogar darüber hinaus. Damit bist du in der Lage, das gesamte Spektrum des Alkohols näher betrachten zu können. Und fühle dann, tatsächlich, die ersten „Test“-Ergebnisse lassen sich verbinden mit stärkerer Lebensfreude und einer erheblicher Zunahme von Selbstbewusstsein. Die Befreiung, heraus aus dem trockenen Mittelmaß, startet. Mit imponierendem Kontrollverlust. Und weiteren Folgen.
Der exzessive Film. Mit sich ausbreitendem Seminar-Trinken. Motto: Wir wollen prüfen. Wissen. Was wie wann …passiert. Wirkt. Ohne moralinsaures Verhaltensgetue. Der Rausch als neuer täglicher Bestandteil. Des Existierens. Wie fühlt sich das an. Wie weit vermag ich „aufpassend“-gehen. „Druk“ bedeutet so viel wie „Noch ’ne Runde“. Trinken als phänomenale Massenlust. Mit dem Wissen-Wollen, was geschieht, wenn Alkohol in uns dauer-fließt. „Der Maximale Promillewert“ ist Teil 3 des Films übertitelt. Während MADS MIKKELSEN, der inzwischen internationale Star (2006/“007 – Casino Royale“/s. Kino-KRITIK), versichert, dass während der Dreharbeiten kein Tropfen Alkohol vertrunken wurde. Sonst wäre er auch sicherlich nicht in der schauspielerischen, darstellerischen Lage gewesen, bei dieser tragisch-derben Komödie eine solch faszinierend-körperliche, eine solch aufsehenerregende Seelen-Glanzleistung vorzuzeigen. Wie er zirzensisch am Ende „fliegt“, ist sensationeller Jazz-Dance im Hafen. Auf ganz starkem, mitreißendem Ausdruck-, also Bewegungsniveau. Betrachte: Du trinkst; du trinkst dich in oder aus deinem Leben. Das Ich als Ernüchterung. Oder Zerstörung. Was für eine erstaunlich-zupackende dänische Orgie (= 4 1/2 PÖNIs).