DER GOLDENE HANDSCHUH

„DER GOLDENE HANDSCHUH“ von Fatih Akin (B + R; D 2018; nach dem gleichn. Roman von Heinz Strunk/2016; K: Rainer Klausmann; M: FM Einheit; deutsche Schlager aus den sechziger und siebziger Jahren; 110 Minuten; deutscher Kino-Start: 21.02.2019); dieser Film ist eine einzige Schäbigkeit. Entstanden, so der Autoren-Regisseur und „Golden Globe“-Preisträger Fatih Akin („Aus dem Nichts“/2018), weil DAS a) in seiner unmittelbaren Hamburger Wohnnachbarschaft „geschah“ und b) weil er mal einen deutschen Horrorfilm machen wollte. Herausgekommen ist dabei ein fürchterliches, spekulatives, hilfloses deutsches Scheißhaus-Genre-Movie. Marke: Unsäglich geschmacklos und nur widerlich.

1.) Ausgangspunkt: der gleichnamige Roman des am 17. Mai 1962 als Mathias Halfpape geborenen Entertainers und Autors HEINZ STRUNK. Sein literarisches Personen-Thema: Der deutsche Serienmörder Fritz Honka (*1935 – †1998), der zwischen 1970 bis 1975 vier Frauen bestialisch abschlachtete. In der FAZ schrieb Kritiker Jürgen Kauße über das Strunk-Buch: „Dieses Buch ist eine Zumutung, eine große und zugleich humane Zumutung. Jedenfalls dann, wenn zu bedeutender Literatur gehört, den Blick von nichts abzuwenden“.

2.) Der Film vermag „dem“ nicht zu folgen; man ist gewillt, aber aus beruflichen Gründen „verhindert“, den Blick von diesem schäbigen Film abzuwenden.

3.) Erste Szene. Ein vermüllter Raum. Ein Mansarden-Zimmer in einer Kiez-Wohnung in Hamburg-Altona. Eine Frauenleiche liegt auf dem Boden. Auf einer riesigen, blutverschmierten Cellophan-Folie. Die Frau wurde stark misshandelt. Der schnaufende Kerl mit der Hackfresse schiebt sie etwas aus dem Bild, holt eine Säge und bemüht sich fortan, ihr den Kopf abzuschneiden. Wir hören zu. Auch dem belgischen Sänger Adamo per Platte („Es geht eine Träne auf Reisen“) vom Plattenspieler.

4.) In dieser schmutzigen Bild- und Tonart verläuft der weitere Streifen. Mit akustischer Schnulzen-Beilage („Junge komm‘ bald wieder“/Freddy). Ohne uns „diesen Kerl“ auch nur annähernd wirklich näher zu bringen. Hintergründig zu vermitteln. Anders als im Buch. Wir erfahren hier nur, bei einer kurzen Sauf-Begegnung mit seinem Alki-Bruder, dass sie einst Zuhause, in Leipzig, 10 Kinder waren. Das volle Programm von asozialem Milieu. Mehr erfahren wir auf der Leinwand nicht. (Im Roman ist dies anders). Nichts von Motivation, völlig ohne Empathie. Schnapp-Figuren laufen stattdessen durchs Bild. Der Film setzt komplett auf das Du-Monster-Prinzip. Wie Honka überhaupt hierher gelangt ist, keine Beschreibung. WER er war = geworden ist: bleibt ohne Erklärung. Stattdessen, immer ´ran an die volle (Schnaps-)Pulle – so sieht „Horror-Hölle“ aus. Einzig – der Mann und seine Opfer. Das isses.

5.) Exzessive Gewalt, in „fein zugerichteten/errichteten“ Details. Aller Blut- und Ton-Art. Gegen Frauen. Die mit dem Kochlöffel und Bockwürsten penetriert werden. Oder man knallt ihnen bei einem Tobsuchtsanfall einfach den Schädel auf den Tisch. Vergewaltigungen, im Versuch oder tatsächlich, mit dem Messer zustechen, „Rübe abtrennen“, erwürgen, minutenlang, zerstückeln: der Film besteht auf direkte Nähe. Zwischendurch immer kurz mal das Verweilen in dieser Milieu-Kaschemme „Der goldene Handschuh“, wo sich „Typen“ (wie HARK BOHM) ständig aufhalten. Und wo gesoffen wird bis zum Abwinken. Um sich „diese Drecks-Weiber“ und die Welt „schön zu trinken“. Die Schnulzen aus der Musikbox inbegriffen.

5.) Dabei wird dieser „Bursche“ (JONAS DASSLER) wie ein Dämon vorgeführt. Sieht scheiße aus, bewegt sich scheiße, ist scheiße. „Auffälliger“ geht’s eigentlich nicht, aber niemand „(be-)merkt“ etwas. In der Folgezeit läuft dieser Scheißhaus-Underdog Amok. Einfach so. Schnappt sich in der Pinte Opfer, um sie dann nach Hause zu locken, um sie dann erst zu demütigen und schließlich abzuschlachten. Visueller Kommentar des Films: Is‘, also war eben damals so. Zuschauer: Musste mit klar-kommen.

6.) „Der Goldene Handschuh“ bereitet einem keine Angst. Sondern viel und ausdauernde Ekel-Langeweile. JONAS DASSLER, 1996 in Remscheid-Lennep geboren, kotzt sich buchstäblich die Lunge aus der Fresse, gibt alles und verbreitet weder große Angst noch Er-Schrecken. Arbeitet wie ein Beelzebub fleißig wie sich wund mit seinem Körperfurchen, einschließlich der exzellenten Gesichtsmaske, und kriegt doch in diesem Panoptikum von St. Pauli-Geistern keine Reiz- oder Spannungsidentität hin. Was an der Larifari-Regie liegt: an der apathischen Spielleitung des offensichtlich völlig überforderten Fatih Akin („Gegen die Wand“; „Soul Kitchen“). Der sonst so souveräne Filmemacher löst keine Betroffenheit aus, keine „Irre“-Provokation“, ganz im Gegenteil: erreicht nur ein anfängliches Sparflammen-Interesse, das bald schon nur noch erbärmlicher Gleichgültigkeit weicht; kein gedanklicher Überhaupt-Ansatz; alles-hier wirkt nur fein säuberlich wie öde-widerlich zelebriert.

7.) „DER GOLDENE HANDSCHUH“ – oder: ein Film zum völligen Übersehen und Vergessen (= 1/2 PÖNI; die schönen Schlager-Schnulzen).

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