„CAMILLE – VERLIEBT NOCHMAL!“ von Noémie Lvosky (Co-B +R; Fr 2012; Co-B: Maud Ameline, Pierre Olivier Mattei, Florence Seyvos; K: Jean-Marc Fabre; M: Gaetan Roussel, Joseph Dahan; 115 Minuten); das Überraschende ist, dass es einen überrascht. Auffällt: Diese NORMALEN Gesichter. Der Beteiligten. Nicht Schminke, werbemäßige Haarbewegungen und präparierte Gesichter und Körper dominieren hier, sondern herrliche Normalos. Von Figuren. Die in einem amüsanten Märchen mitwirken, dass einen uralten Menschheitstraum andenkt: Was wäre, angenommen, es gäbe ZWEI Leben. Eines erst einmal zum Probieren und ein zweites, um mit den Erfahrungen des ersten vieles „anders“, vielleicht „besser“ zu machen??? Eine gute Verhaltens- und Lebenssache wäre das doch. Dazu allerdings bedarf es – hier – einer Zeitreise. Camille (Co-Autorin und Regisseurin NOÉMIE LVOSKY) ist um die 40. Als Schauspielerin bekommt sie nur kleine Rollen, wenn überhaupt, und die Ehe mit Eric ist nach 25 Jahren ein Auslaufmodell. Irgendwie ist jetzt ziemlich viel und vieles kaputt. Auch durch den Alkohol. Was war falsch? Was habe ich verbockt? Was wäre, wenn man damals die „andere Lebensstraßenseite“ benutzt hätte? Über all DIESE DINGE darf, kann, muss Camille bald intensiv nachdenken, denn nach einer feschen Silvesterfeier ist sie plötzlich wieder 16. Mit demselben „alten“ Aussehen allerdings. Aber DAS nimmt offenbar niemand wahr. Ihre Eltern ebenso wenig wie Eric, den sie erneut kennenlernt. Und den sie aufgrund „ihres Wissens“ auf keinen Fall näher kennenlernen will. Aber – wie überhaupt IST DAS: Man lebt im Gestern mit dem Jetzt-Wissen, was bald passieren wird??? WIE DAMIT umgehen? Können? Helfen die Erfahrungen? Im Bewältigen des Heute-Damals??? Kann man „im Nachhinein“ die Vergangenheit in eine „bessere Zukunft“ umwandeln? Vermag man überhaupt sich selbst zu ändern? Zu verändern? In der Sicht-, Denk- und Handlungsweise? Ich bin 16 und besitze die Erfahrungen einer 40jährigen. Was für eine Chance. Oder? Keineswegs anstrengend, sondern lächelnd seelenbeweglich: Ein französischer Zeitreisefilm als Standortsuche von Gemüt und Gefühl. In der für gleich 12 „Cesars“ nominierten Komödie plädiert dieser spannende weibliche Kobold Noémie Lvosky (bislang in Nebenrollen – „Das Haus der Sünde“; „Lebewohl, meine Königin“ – kaum wahrgenommen) für relaxte französische Slapstick-Melancholie. Mensch, nutze, benutze gut die Zeit. Die dir zur Verfügung steht. Akzeptiere Verluste, genieße die vielen positiven Schwingungen. Es sind noch die „anderen“ Jugendzeiten, die Camille erlebt. 1985: Mit Nena („99 Luftballons“), Sexy-Rauchen in Kalten Kriegszeiten, der Walkman. Die „komische Mode“. Ohne Handy, Internet, soziale Netzwerke. Emotionale Handarbeit ist an der Tagesordnung. Das persönliche Interesse. Am Anderen, an DEN Anderen. Man muss ganz schön ackern, um sich „Glück“ anzueignen. Perspektive: Charme mit Wehmut. Die Stimmen der Eltern auf dem Kassettenrecorder. Das Chanson von Barbara. Und der göttliche wie herrlich exzentrische JEAN-PIERRE LEAUD, einst als Antoine Doinel das Wunderkind / der Ziehknabe von Francois Truffaut („Sie küßten und sie schlugen ihn“), hat als „seltsamer Mechaniker der Zeit“ einmal mehr „magische Kinopräsenz“ (Zitate aus „epd-Film“). Was für ein formidabler Traumbogen. Was für eine liebevolle Phantasie. Was für ein magisches, beschwingtes Leinwandjuwel. Was für eine weise Clown, diese temperamentvolle, faszinierende NOÉMIE LVOSKY (= 4 PÖNIs). |
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