„BROOKLYN – EINE LIEBE ZWISCHEN ZWEI WELTEN“ von John Crowley (Irland/GB/Kanada 2014; B: Nick Hornby; nach dem Roman „Brooklyn“ von Colm Tóibín/2009; K: Yves Bélanger; M: Michael Brook; 112 Minuten; Start D: 21.01.2016); unbedingt ansehen. SIE anschauen. SIE erleben. SIE genießen. SIE ist wunderbar. SIE ist jetzt eine phantastische Entdeckung. Dabei spielte sie schon 2007 in dem Drama „Abbitte“ als jüngere Schwester von Keira Knightley „auffällig“ („Oscar“-Nominierung). Nun aber, wo sie als „Beste Hauptdarstellerin“ für den „Oscar 2016“ nominiert und Favoritin ist, hat sie sich in Sachen Bekanntheit und Anerkennung durch „Brooklyn“ (Originaltitel) ganz nach oben katapultiert. Auf der Verehrungsliste: SAOIRSE (ausgesprochen: SIERSCHA) RONAN. Geboren am 12. April 1994 in New York City; aufgewachsen ab drei Jahren in Irland. Saoirse Una Ronan, deren Vornamen aus der irischen Sprache stammen. Haben wir sie in Filmen wie „In meinem Himmel“ (von Peter Jackson/2009), „Wer ist Hanna?“ oder „Grand Budapest Hotel“ wahrgenommen, so ist SIE nun großartiger abendfüllender Blickfang. Inmitten der vollen Gefühlskraft von KINO.
Zuhause hat und bekommt sie keine Chance, Eilis. Eilis Lacey (SAOIRSE RONAN). Sie wohnt mit ihrer Mutter und ihrer Schwester in einer kleinen irischen Gemeinde harmonisch zusammen und beschließt anno 1952 dennoch, in die USA, gen New York City, auszuwandern. Denn eine Chance, eine vernünftige Anstellung zu bekommen, überhaupt eine vernünftige Lebensperspektive zu erreichen, ist an ihrem Geburtsort nicht gegeben. Sie muss emigrieren. Schweren Herzens. Sich von den geliebten Menschen trennen. In Amerika landet sie in der irischen Gemeinde, wird vom hilfreichen Pfarrer Flood (JIM BROADBENT) betreut und gefördert. Wird in einem Mädchenpensionat bei der skurrilen Mrs. Kehoe (JULIE WATERS) untergebracht. Arbeit findet die schüchterne und zurückhaltende Eilis in einem Kaufhaus. In der Modeabteilung. Um nicht „zu verdörren“, akzeptiert sie den Vorschlag ihres Mentors Flood, dreimal in der Woche abends Buchhaltung zu erlernen. Damit kann sie auch ihr Heimweh besser überbrücken. Als sie bei einem Tanz-Abend den Italo-Amerikaner Tony Fiorello (EMORY COHN) kennen- und lieben lernt, beginnt sie sich langsam einzugemeinden. In ihrer neuen Umgebung wie in ihrem Leben.
Doch als die Schwester zuhause unverhofft stirbt, fährt sie zurück. Für nur eine kurze Zeit, verspricht sie Ehemann Tony. Um der Mutter zu helfen und beizustehen. „Daheim“ verheimlicht sie ihre Eheschließung in New York. Eilis ist eine Andere geworden. Selbstbewusster. Im Auftreten sicherer. Und jetzt mit einer beruflicher Qualifikation versehen, die sich „interessanter“ macht. Und begehrter. Unternehmer-Sohn Jim (DOMNALL GLEESON) macht ihr den Hof. Die Folge: Siehe den deutschen Zusatztitel.
Nein-nein-nein: keine kitschige Banalität; das ganze Gegenteil. Keine banale Beziehungsposse; überhaupt nicht. Sondern eine wirklich zutiefst berührende, spannende Menschen-Geschichte. In der „Mensch“ nicht Marionette oder Film-Plastik ist, sondern ein wahrhaftiges, übernehmbares, also identifizierbares Lebewesen. An der großartigen Rampe als Eilis: Die in fast jeder Szene beteiligte und phantastisch-überrumpelnde SAOIRSE RONAN. Die wirklich mit dem Mundwinkel, den Fingerspitzen und simplen körperlichen Bewegungen intensive Seelen-Nuancen zu vermitteln weiß. Dabei völlig unangestrengt wirkt. Ohne als „Heldin“ zu dominieren. Saoirse Ronan „ist“ Eilis Lacey. Brillant. Mit Haut und Haaren. Und einem Lächeln, das zum Ereignis wird. Ihre Präsenz ist durchweg überwältigend. Einfühlsam. Zum Dauer-Mögen.
Natürlich: Der englische Schriftsteller NICK HORNBY, 58, dessen kauzige Romane schon diverse Male Vorlagen für filmische Adaptionen waren – wie 1997 „Fever Pitch“ von David Evans; 2000 „High Fidelity“ von Stephen Frears oder 2002 „About A Boy“ von Chris + Paul Weitz – und dessen Drehbücher zu Filmen wie „An Education“ von Lone Scherfig/2009 oder „Der große Trip – Wild“ von Jean-Marc Vallée/2014 überzeugten, schrieb hierfür ein vorzügliches Drehbuch. Basierend auf dem gleichnamigen Roman des irischen Schriftstellers Colm Tóibín aus dem Jahr 2009 (2010 hierzulande veröffentlicht). Gewürzt mit feinen Wortspielen, vortrefflich irischen Pointen mit prickelndem britischem Habitus, einer außergewöhnlichen menschlichen Sensibilität, die viel Haut-Stärke erreicht, ohne peinlich zu wirken. Natürlich, die politischen, konfliktreichen Zeit-Zeichen jener Epoche kommen nicht vor, aber wer vermisst sie? Hier?
„BROOKLYN – EINE LIEBE ZWISCHEN ZWEI WELTEN“ ist kluges, imponierendes, aufrichtiges Gefühls-Kino. Mit einem Pracht-Mädel vorne weg, die alle möglichen Einwände angenehm wie ehrlich-sanft zerstreut. Lange nicht mehr so wohlgefühlt. In einem unsentimentalen, herzerwärmenden Premium-Film. Mit viel Erlebnis-Charme. Die drei „Oscar“-Nominierungen (Film, Saoirse Ronan, adaptiertes Drehbuch) sind vollauf verdient (= 4 ½ PÖNIs).