Der Junge ist ordentlich gekleidet, mit Anzug und Krawatte, und sieht nett aus. Er trägt die Haare angemessen kurz und lächelt oft und gerne.
Und: Der Bursche singt auch noch und ist reich. Bob Roberts ist einer der Yuppies aus den goldenen amerikanischen Achtzigern, die an der Börse ein Millionen-Geschäft zusammenspekuliert haben und damit nun auch in die Politik einsteigen wollen. Denn Geld, viel Geld, das wissen wir inzwischen, ist die erste und beste Voraussetzung in Amerika, jemals in die Nähe des Präsidentenstuhls zu kommen. Weil Marketing heutzutage alles und deshalb sehr teuer ist. Also geht Bob Roberts seinen Weg, der permanent von der neugierigen Kamera eines eifrigen Dokumentaristen aufgezeichnet wird. In seiner ständigen weiteren Begleitung befinden sich Leibwächter, PR-Profis, & CIA-Ratgeber und viele Mode-Berater. Und so erleben wir: Bob Roberts auf der Bühne, wo der Strahlemann mit simplen, aber massenwirksamen “Volks-Songs“ von den Werten des wahren Amerika schwärmt: Von Geld, Macht, Sauberkeit. Dafür: Endlich weg mit Drogen, Kriminellen und “sonstigen“ Störenfrieden. Frauen kehren wieder an den Herd zurück, und die Sozial-Programme gehören abgeschafft.
Bob Roberts ist ein rechter Prediger, der Amerika wieder den alten Geschmack von Dollar und Reinheit zurückbringen möchte. Wenn, wenn man ihn nur lässt, also wenn man ihn wählt.
Und seine Chancen steigen, zumal der liberale Gegen-Kandidat unauffällig, aber wirkungsvoll andauernd diffamiert wird. Bob dagegen wird perfekt mit “Heiligenschein“ vermarktet und ist ununterbrochen in den Medien präsent. Die, die Medien, reißen sich um ihn, denn er bringt ihnen hohe Einschaltquoten. Bob Roberts, das ist ein fleischliches Massenprodukt:
Gut gezüchtet, trainiert, bewegt.
Der Messias und seine Parolen: Da haben es Kritiker, Nörgler schwer. Und als dann plötzlich doch unredliche Fakten aus diesem weißen Leben bekannt werden, da werden selbst diese umgekehrt-ausgeschlachtet. Jetzt ist Bob Roberts ein Märtyrer und nähert sich unaufhaltsam dem Weißen Haus.
Der 34ährige Schauspieler Tim Robbins ist in der New Yorker Gegen-Kultur der 60er Jahre aufgewachsen. Er stammt aus der unabhängigen Filmszene um den Regisseur Robert Altman und spielte kürzlich in dessen brillant- zynischer Hollywood-Abrechnung “The Player“ die Hauptrolle.
„BOB ROBERTS“ von Tim Robbins (B, D+R; USA 1992; 102 Minuten; Start D: 08.10.1992). Für sage und schreibe nur 4 Millionen Dollar hat Tim Robbins bei seinem Regie-Debüt einen der bedeutendsten, aufregendsten Filme überhaupt geschaffen. Thema: Die reale Utopie einer zunehmend kommerziellen, seelenlosen Politik und eines dazugehörigen gigantischen, kalten Medien-Apparates. “Bob Roberts“, das ist die totale Manipulation der “modernen Zeiten“. Böser, packender, treffender kann Realsatire nicht mehr sein, während das Lachen ständig wütend im Hals kratzte “Bob Roberts“, das ist der pervertierte “amerikanische Traum“, und das ist ein Meisterwerk und Meilenstein in der Filmgeschichte (= 5 PÖNIs).