PÖNIs: (5/5)
„BLACKKKLANSMAN“ von Spike Lee (Co-B + R; USA 2017; Co-B: Charlie Wachtel, David Rabinowitz, Kevin Willmott; nach dem Buch „Black Klansman“ von Ron Stallworth/2014; K: Chayse Irwin; M: Terence Blanchard; SCHNITT: Barry Alexander Brown; 135 Minuten; deutscher Kino-Start: 23.08.2018); im Filmtitel „BlacKkKlansman“ stehen die drei aufeinander folgenden Ks als Abkürzung für den Ku-Klux-Klan. Die Einbindung dieses K-Triples zwischen die Worte „black man“ beschreibt, so heißt es aus der Produktion, perfekt die Handlung: Als Clansman bezeichnen sich die Mitglieder verschiedener Ku-Klux-Klan-Organisationen.
1.) Der Afroamerikaner RON STALLWORTH wurde 1953 geboren. Stallworth wurde 1969 Polizeibeamter in Colorado Springs und war dort der erste schwarze Beamte beim „Colorado Springs Police Departement“. Ende der 1970er Jahre ermittelte er undercover gegen den Ku-Klux-Klan und vermochte dabei Strukturen des rassistischen Geheimbundes aufzudecken. Sein 2014 veröffentlichtes Buch über die investigativen Ermittlungen gegen den Ku-Klux-Klan adaptierte Spike Lee für seinen aktuellen Film.
2.) SPIKE LEE wurde am 20. März 1957 in Atlanta, Georgia geboren. Seit 1972 ist er als Drehbuch-Autor, Regisseur, Produzent und Schauspieler tätig. In seinen Spielfilmen – wie „She’s Gotta Have It“ (1986); „Do The Right Thing“ (1988/s. Kino-KRITIK); „Mo‘ Better Blues“ (1990); „Jungle Fever“ (1991/s. Kino-KRITIK); „Malcolm X“ (1992) oder zuletzt „Rodney King“ (2017) – thematisiert er verbindend amerikanische Gesellschaftspolitik mit sozialen amerikanischen Verhältnissen; prangert er den latenten wie offenen Rassismus der weißen Bevölkerung gegenüber der afro-amerikanischen Bevölkerung an. 2015 wurde SPIKE LEE von der amerikanischen Film-Academy der „Ehren-Oscar“ zugesprochen. Zu seinem Oeuvre zählt auch der oft im Fernsehen laufende exzellente Thriller „Inside Man“ (s. Kino-KRITIK) aus dem Jahr 2006 (mit Denzel Washington; Clive Owen; Jodie Foster und Christopher Plummer).
3.) „Das gesamte Fundament, auf dem die Vereinigten Staaten von Amerika aufgebaut ist, basiert auf Völkermord und Sklaverei. Allein das ist doch Grund genug, wütend zu sein“ (Spike Lee auf den Filmfestspielen von Cannes im Frühjahr, wo sein Film im Wettbewerb lief und mit dem „Großen Preis der Jury“ bedacht wurde). Mit „BlacKkKlansman“ erzählt Spike Lee von einer der schärfsten Ami-Narreteien aller Zeiten. Oder, wie Lee es formuliert: „real for shit“. Aber seine Geschichte klingt ja auch wirklich völlig unmöglich. Irre. Unglaublich. Es sind die 1970er Jahre. Es ist die Epoche großer gesellschaftlicher Umbrüche. Der junge Ron Stallworth (JOHN DAVID WASHINGTON; der Sohn von Denzel Washington) tritt als erster Afroamerikaner einen Posten bei der Polizei von Colorado Springs an, der zweitgrößten Stadt des US-Bundesstaates Colorado (rund 100 Kilometer südlich von Denver). Natürlich wird ihm ein „leichtes Betätigungsfeld“ zugewiesen. „Zugemutet“. Zudem bekommt er es mit skeptischen wie latenten, offen-feindseligen Rassisten-Kollegen zu tun. Doch ein Ron Stallworth lässt sich nicht entmutigen. Ron ist ehrgeizig. Wild entschlossen, voranzukommen. Und nicht auf irgendeinem Bürositz zu welken. Also sucht er sich „kreative Polizei-Beschäftigung“. Als die örtliche Gruppierung des Ku-Klux-Klans in einer Tageszeitung nach neuen Mitgliedern sucht, „meldet“ er sich per Telefon. Gibt sich als polemischer weißer Rassist aus, der von „diesen Niggern“ die Schnauze gestrichen voll hat. Ron schimpft, flucht wie ein reaktionärer Rohrspatz. Rattert rassistische Tiraden rauf und runter gegen „Nigger“ und Juden und überhaupt: „Good bless white America“. Die Gegenseite ist – sehr – angetan. Und lädt Ron zu einem internen Treffen ein. Also holt sich Ron einen zuverlässigen weißen jüdischen Kollegen mit ins Ermittlungsboot, Flip Zimmerman (ADAM DRIVER), der als Ron das Rechtsgesindel – verkabelt – besucht und dort dermaßen Eindruck schindet, dass er bald bei diesem Faschisten-Zirkel zum Mitglied aufsteigt. Die Infiltration ist in vollem Gange. Dann beginnt die „Weiße Truppe“ an einem Terror-Anschlag zu basteln. Mit Ron-Flip mittendrin.
4.) Was für eine Unglaublichkeit. Ein Schwarzer telefoniert „erregt“, ein Weißer nimmt es vor Ort mit den miesen Gestalten persönlich auf. Und vermag schließlich sogar den KKK-Führer von Colorado, David Duke (umwerfend: TOPHER GRACE), zu foppen. Jenen David Duke, der inzwischen 68 Jahre alt ist und immer noch als einer der übelsten Hassprediger der USA gilt. Als vor einem Jahr Donald Trump nach den Gewaltvorkommnissen in Charlottesville, Virginia – wo ein Neonazi absichtlich mit einem Auto in die Menschenmenge raste und die 32-jährige Heather Heyer tötete – twitterte: „Auf beiden Seiten gab es sehr gute Menschen“, twitterte David Duke zurück: „Danke Präsident Trump, für Ihre Ehrlichkeit und den Mut, die Wahrheit zu sagen“. Für Spike Lee ist Heather Heyer eine Heldin: „Sie ging für Bürgerrechte auf die Straße und musste deshalb sterben“. Ihr hat er seinen Film gewidmet.
5.) Apropos: Am Ende erreicht Spike Lee mit „BlacKkKlansman“ die Gegenwart. Obwohl sich ja seine Ereignisse in den Siebzigern abspielen und er eigentlich zum filmischen Ausklang eine brennende Kerze vor dem Haus von Ron aufflammen lassen wollte, dem Einschüchterungssymbol der Kapuzen-Typen, als Mahnung und Warnung über ihre weiterhin vorhandenen widerwärtigen Aktivitäten, „passierte“ „Charlottesville“. So dass nun plötzlich die schrecklichen Bilder von dieser rechtsextremen Demonstration ebenso auftauchen wie die verbalen Reaktionen des amtierenden Präsidenten der USA darauf. Und man ebenso fassungslos wie „begeistert“ ist:
6.) Über solch ein gewaltiges „wirkendes“ Filmwerk in der überzeugenden Vielfalt-Version: (Er-)Staunen; Fassungslosigkeit ob der gelingenden „Schelmerei“, die von hohem komischen Informations- wie von grandios-spannendem Unterhaltungswert ist und lebt; und: kalte Wut. Über dieses so nahe „Blühen“ von direktem, knallharten Hass dieser üblen Abschaum-Weißen gegenüber Andersaussehenden, Andersdenkenden, überhaupt gegenüber „Nicht-Arischen“. Damals wie HEUTE. Lee balanciert geschickt-listig und sehr prickelnd und dabei ständige Aufmerksamkeit fordernd hin und her – zwischen dem zunächst abwinkenden, dann überrumpelten, dann doch aktiven Polizeiapparat; zwischen dem Agieren des Grenzgängers Ron und seinem „Vertreter“ Flip sowie zwischen der aufkommenden Schwarzen Rebellion mit einer ungehobelten „Angela Davis“-Figur Patrice Dumas (LAURA HARRIER); und mit diesem unglaublichen Zorn-Blick in das schmutzige, radikale Innere des mächtigen wie aggressiven Nazi-Pöbels. Für DEN Spike Lee nur zynischen Hohn und pointierten Spott übrig hat.
7.) Was für ein überragender schwarz-ironischer Unterhaltungsfilm mit herausragenden politischen Gedanken und treffsicheren Gefühlen. Für den als Produzent JORDAN PEELE mitverantwortlich ist, der sich die Rechte an dem Buch von Ron Stallworth sicherte und ja seit seinem vorjährigen Überraschungs-Horror-Erfolg „Get Out“ („Oscar“ für das „Beste Originaldrehbuch“) für verblüffende Absurditäten bekannt ist. UND: Zwei prominente liberale Begleiter machen ebenfalls süffisant mit und sorgen jeweils für „spezielle“ Stimmungen: ALEC BALDWIN gibt wieder einmal den wetternden Rassisten, der in Gestik und Vokabular auf Trump abzielt; und der greise HARRY BELAFONTE erzählt eine wahre Begebenheit von Hass, Demütigung und Lynchmob, während ein paar Häuser weiter sich johlende KKK-Anhänger am berüchtigten Rassisten-Klassiker „The Birth Of A Nation“ von D. W. Griffith aus dem Stummfilmjahr 1915 ergötzen, der ja einst maßgeblich zur Neugründung des Ku-Klux-Klan beitrug. Hier besonders ist auch der herausragende Schnitt von Cut-Meister BARRY BROWN unbedingt erwähnenswert, dessen stimmungsvolle Montage belebend-zielsicher ist und unbedingt einen „Oscar“ verdient.
8.) Das Ensemble spielt großartig; die Musik ist – wie immer bei Spike Lee-Movies – von delikatem Bedeutungs-(hier: 70er-)Schwung; SPIKE LEE ist mit seinem genialen Meisterwerk „BlacKkKlansman“ auf dem verdienten „Oscar“-Triumph-Weg (= 5 PÖNIs).