APPALOOSA

PÖNIs: (4/5)

Es gibt Schauspieler, deren neue Filme man sich stets „automatisch“ anschaut, weil SIE – Schauspieler wie Filme – meistens „etwas Besonderes“ ankündigen. So ein großartiger Mime ist der am 28. November 1950 in Tenafly/New Jersey geborene amerikanische Schauspieler ED HARRIS. Der sich durch seine Auftritte in Filmen wie „Der Stoff, aus dem die Helden sind“ (1983); „Glengarry Glen Ross“ (1992); „Apollo 13“ (1995); „The Rock – Fels der Entscheidung“ (1996); „Absolute Power“ (1997); „Die Truman Show“ (1998/“Oscar“-Nominierung); „A Beautiful Mind – Genie und Wahnsinn“ (2001); „The Hours – Von Ewigkeit zu Ewigkeit“ (2002); „A History of Violence“ (2005) oder „Gone Baby Gone – Kein Kinderspiel“ (2007) zu einem der angesehensten Charakter-Darsteller des amerikanischen Kinofilms hochgearbeitet hat. Im Jahr 2000 schuf er, als Hauptdarsteller UND Regisseur, die Künstler-Biographie „Pollock“ und bekam (als Darsteller) erneut eine „Oscar“-Nominierung. 2008 nun schuf er, als Mit-Produzent, Co-Drehbuch-Autor, Hauptdarsteller UND Regisseur, seinen 2. eigenen Kinofilm. Titel:

„APPALOOSA“ von Ed Harris (P; B + R; USA 2008; K: Dean Semler; M: Jeff Beal; 114 Minuten; Heimkino-Veröffentlichung: 18.09.2009); ein neuzeitlicher WESTERN, deutsche Erstveröffentlichung jetzt auf DVD, der auf einem Roman des 77-jährigen amerikanischen Schriftstellers ROBERT B. PARKER aus dem Jahr 2005 basiert.

Wir befinden uns in New Mexico, im Jahr 1882. Dorthin verschlägt es die beiden Kumpels Virgil Cole (ED HARRIS) und Everett Hitch (VIGGO MORTENSEN). Sie sind schon lange zusammen, „der Chef-Trainer und sein unverzichtbarer Co.“, ein bestens aufeinander eingespieltes Team, wie ein Ehepaar miteinander umgehend und sich austauschend, und als treffsichere Schützen unschlagbar. Weil sich in der aufstrebenden Kleinstadt Appaloosa der bösartig-clevere, durchtriebene Farmer Randall Bragg (JEREMY IRONS) mit seiner verkommenen Bande breitgemacht und den Sheriff und seine beiden Assistenten „einfach so“ abgeknallt hat, werden sie hier gebraucht. Und von den Stadtoberen als Marshall und Deputy engagiert. Mit der amtlichen Zusicherung, unter Aufhebung aller Gewaltenteilung nach „eigenem Ermessen“ bzw. „eigenen Gesetzen“ handeln zu dürfen. Das „Aufräumen“ kann beginnen: Als erste Amtshandlung nageln sie die mitgebrachten eigenen Gesetze überall öffentlich an und stellen die öffentliche Ordnung wieder her, indem sie zwei „Störenfriede“ aus der Bande von Bragg erschießen. Die Konfrontation ist eröffnet. Wobei sich die Kontrahenten im Grunde nur dadurch voneinander unterscheiden, dass die Einen einen „amtlichen Stern“ tragen und die Anderen nicht. Ihre Gewalt-Methoden, mit denen sie jeweils „ihre Interessen“ durchsetzen, ähneln sich sehr, unterscheiden sich kaum. SIE taucht auf, Mrs. Allison French (RENÉE ZELLWEGER). Witwe, mittelos, und auf der Suche nach d e m Alphatier. Das sie beschützt, materiell absichert, begleitet. Natürlich „landet“ sie umgehend bei Virgil. Doch DER kommt „mit dieser Situation“ nicht so recht klar. Als Marshall und Beinahe-Ehemann. Ein zweiter „Kriegsschauplatz“ ist eröffnet. Die Verführerin und „das (überforderte) Männchen“.

„Appaloosa“ ist einerseits ein herkömmlicher, traditioneller Western, mit dem guten-alten Gut-Böse-Schema, die Sherrifs gegen die Outlaws, zwischen „12 Uhr mittags“ und „Rio Bravo“ atmosphärisch angesiedelt, die guten Bürger, die sich ihre „Saubermänner“ kaufen, um in Ruhe ihre geschäftlichen Interessen fortsetzen zu können, und andererseits auch ein BEZIEHUNGS-WESTERN: Frau will Partner, Heim, eine planbare, überschaubare, beschützte Familien-Zukunft. Und muss sehen, wo sie „am besten bleibt“. „Aufgehoben ist“. Eine ständige emotionale Unruhe ist angesagt, zudem signalisieren, verweisen die modernen jazzigen Klänge auf die innere(n) Spannung(en) hier. Auf eine Genre-ungewohnte sensible Stimmung. Zudem ist auch „Politik“ angesagt, das Damals-Amerika „probiert“ sich mühevoll an demokratischen Spielregeln, wobei die Motive durchaus aktuelle Bezüge zur diktatorisch-dämlichen Bush-Ära enthalten.

Also: Ein in jeder Hinsicht sehenswerter, spannender neuer Film und Western. Der hierzulande vorher weder im Kino noch im Fernsehen zu sehen war und jetzt erstmals bei uns „rausgekommen“ ist. Und mit einem phantastischen Ensemble an guten Star-Schauspielern aufwartet – ED HARRIS (wieder mit seiner hervorragenden ständigen deutschen Stimme: Wolfgang Condrus), der kantige VIGGO MORTENSEN (zuletzt: „A History of Violence“ + „Tödliche Versprechen – Eastern Promises“), der einmal mehr grandiose britische „Oscar“-Preisträger JEREMY IRONS („Die Affäre der Sunny von B.“/deutsche Stimme: Thomas Fritsch), die vorzügliche, doppelbödig-charismatische „Oscar“-Preisträgerin RENÉE ZELLWEGER („Unterwegs nach Cold Mountain“; 2 x „Bridget Jones“). Alleine schon wegen dieser Besetzung ist der Film erlebenswert. Vorliegende internationale Kritiken lassen schmunzeln: Für Michael Sragow von der „Baltimore Sun“ (03.10.08) mundet der Film „wie ein 25 Jahre gelagerter Single Malt“ und zeigt sich als eine „Elegie auf extreme Freundschaft“. Und David Denby bezeichnete in „The New Yorker“ am 29. September 2008 Ed Harris „mitunter spirituell intensiv und so entrückt wie ein Antarktis-Forscher“ und beide, also Harris & Viggo Mortensen, „rührend und komisch“ sowie als „zwei Männer, die eine Begabung fürs Schweigen teilen“. Der Film mache „aus der Grabesstille des Westernhelden einen wortreichen Scherz“.

Zusammengefasst: „Appaloosa“ ist ebenso originell wie unterhaltsam wie außergewöhnlich-interessant. Eine gute DVD-Entdeckung (= 4 PÖNIs).

Anbieter: „WHV“/Hamburg.

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