Als der Wind den Sand berührte Kritik

ALS DER WIND DEN SAND BERÜHRTE“ von Marion Hänsel (Belgien/FR 2006; 96 Minuten; Start D: 26.07.2007); einer belgischen Filmemacherin, die 1949 in Marseille geboren wurde; mit Filmen wie „Dust“ (1984/“Silberner Löwe“ von Venedig) und „Verschwörung der Kinder“ (1991) auch bei uns bekannt/geschätzt. Marion Hänsel ist aber auch als Produzentin tätig („No Man´s Land“/2001/“Oscar“ für den „besten fremdsprachigen Film“); wurde 1987 in Belgien zur „Frau des Jahres“ ernannt; war 1988-90/1996/97 sowie 2002/2003 Präsidentin der wallonischen Filmförderung. Ihr neuester eigener Film (B+R) entstand als Co-Produktion Belgien/Frankreich, basiert auf einem Roman von Marc-Durin Valois („Chamelle“) und erschüttert auf eindringliche/nahegehende/SEHR berührende Weise.

Thema: WASSER + AFRIKA. Wenn wir DAS in den Nachrichten hören/in den Zeitungen lesen, dann nehmen wir DAS bedauernd-achselzuckend zur Kenntnis, um dann „zur allgemeinen Tagesordnung“ überzugehen. Jetzt, aber, wo diese Themen GESICHT bzw. GESICHTER bekommen, ist plötzlich Nähe, das Gefühl von Wut und unendlicher Traurigkeit gegeben; ist man MITTENDRIN im aktuellen Thema. Motto: Irgendwann-bald wird es nicht mehr nur ums Öl gehen, sondern auch um das immer knapper werdende Wasser: „Als der Wind den Sand berührte“ blickt auf eine Dorf-Familie in Ost-Afrika. Dort breitet sich die Wüste immer mehr/weiter aus; die endlose Dürre lässt die Brunnen versiegen. Deshalb müssen die Dorfbewohner ihre Häuser aufgeben und mit ihren Viehherden fortziehen.

Der Film erzählt von Rahne, dem Dorflehrer. Der flieht mit Ehefrau, den 3 Kindern und seiner kleinen Herde in den Osten. Dort allerdings ist Kriegsgebiet/herrscht Ausnahmezustand. Plündernde Rebellen, korrupte Soldatentrupps, die Kindersoldaten rekrutieren; unmenschliche äußere wie innere Strukturen. Einige wollen „die Stärkeren“ sein und handeln „entsprechend“. Schwächere, Sich-Nicht-Wehren-Könnende/-Wollende, haben keine Überlebenschance. Stichwort: Aggressive Wegelagerer, Erpressung, Landminen, Krankheiten. Wenn Menschen sterben, wird das mittlerweile als „naturgegeben“ hingenommen; stirbt ein Tier, ist man traurig. Marion Hänsel erzählt DAVON ohne inszenatorisches Pathos. Nicht dick-anklagend, nicht tränenreich-mitleidvoll, sondern eher nüchtern-„beiläufig“. Als eine Art Tatsachen-Film erzählt/schildert/beschreibt sie, atmosphärisch-dicht, eine tragische Wüsten-Odyssee; passend zur aktuellen Klimawandel-Diskussion. Und wegen der nun „sichtbaren“, authentischen Menschen wirkt diese familiäre Zwangsreise so tief nahegehend/so eindringlich wie schmerzlich berührend.

Dank ihrer exzellenten Schauspielerführung fügt sich die zusammengewürfelte Besetzung mit professionellen Hauptdarstellern aus Burkina Faso und Belgien sowie mit Laien aus Dschibuti zu einem überzeugenden Ensemble zusammen. Der mit einem Budget von 3,7 Millionen EURO in Dschibuti in Ostafrika gedrehte Spielfilm erreicht eine wunderbare Balance zwischen Poesie und Politik, zwischen Mitmenschgefühl und Anteilnahme/Wut.

„Als der Wind den Sand berührte“ beunruhigt den Kopf und hallt im Bauch noch lange nach: Ein Meisterwerk des ethnischen Unterhaltungskinos!!! (= 4 PÖNIs).

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