AFTER.LIFE

Manchmal ist sogar ein simpler PUNKT bedeutsam. Wie beim hiesigen Film-Titel. Denn der Punkt zwischen den beiden Titel-Worten signalisiert – hier ist eine „weitere“ Story-Richtung annonciert. Die über den eigentlich „simplen“ Titel bzw. Begriff hinausgeht. Erste (An.-)Spannung also bei

AFTER.LIFE“ von Agnieszka Wójtowicz-Vosloo (Co-B+R; USA 2009; 103 Minuten; DVD-Veröffentlichung: 5.8.2011).

Zugegeben – diese DVD lag lange im Stapel, bevor sie endlich „an der Reihe“ war. Ist halt manchmal so, wenn einem andere DVD-Angebote – zunächst – „attraktiver“ erscheinen. Nun also gilt es aber von einem Debütfilm zu berichten, der auch wegen seiner exzellenten Besetzung für außergewöhnliche Spannungsattraktivität sorgt: LIAM NEESON, CHRISTINA RICCI und JUSTIN LONG.

Die 1975 in Warschau geborene und seit vielen Jahren in den USA lebende Autoren-Regisseurin fiel mit ihrem Kurzfilm-Erstling „Paté“ vor Jahren beim renommierten „Sundance-Festival“ auf und wurde danach für dieses Werk auf einigen internationalen Festivals prämiert. 2004 arbeitete sie mit der bekannten Performance-Künstlerin Laurie Anderson zusammen an einem Multi-Media-Projekt für das Ballett der Pariser Oper. 2009 schuf sie ihren ersten Spielfilm: „AFTER Punkt LIFE“. Als faszinierendes Independent-Movie. Mit einem Budget von rd. 4 1/2 Millionen Dollar.

Lehrerin Anna wirkt irgendwie geistesabwesend. Irritiert. Verstört. Verunsichert. Gestört? Wirft Pillen ein und behauptet „Nein, nein, mir geht’s gut. Mir geht’s SEHR gut“. Während ihre Körpersprache genau das Gegenteil aussagt. Was ihrem Freund Paul natürlich auffällt. Aber auch ihm gegenüber gibt sie sich „fest“. Alles paletti, brüllt sie ihn an. Bevor sie sich ins Auto setzt. Und abdüst. Dabei wollte er ihr doch gerade den Verlobungsring überreichen…

„Wo bin ich?“ „Im Bestattungsunternehmen. Du bist tot. Du hast einen Autounfall gehabt“. „Die Verwesung deines Körpers hat bereits begonnen“. Anna ist empört. Wie kann, wie soll sie tot sein, wo sie doch mit Bestatter Eliot zu sprechen vermag? Und körperlich „fit“ ausschaut? Was soll das? Ein blöder, ein übler Scherz? Keineswegs, bleibt Eliot ruhig. „Ich bereite deinen Körper vor. Du musst schön aussehen bei der Beerdigung“. Und: „Entspann dich ein bisschen. Deine Seele ist noch hier“. „ICH BIN ABER NICHT TOT!“, beharrt sie auf ihrem (verständlichen) Standpunkt. Denn wieso vermag sie zugleich tot zu sein und mit IHM zu kommunizieren??? „Ich kann mit Denen zwischen Leben und Tod sprechen. Um Ihnen beim Übergang zu helfen. Deine Beerdigung ist in zwei Tagen. Dann kann keiner mehr mit dir sprechen“.

Anna will DAS nicht wahrhaben. „Wehrt“ sich. Tobt. Bettelt. Argumentiert. Vermag sich schließlich sogar im großen Haus herumzubewegen. Während Eliot kurz weg ist. Telefoniert sogar. Mit dem verzweifelten Paul. Der aber nur „Bahnhof“ versteht. Eliot wirkt mehr und mehr angesäuert: „Ihr nervt mich: Ihr sagt alle, ihr habt Angst vor dem Tod. Aber in Wahrheit habt ihr mehr Angst vor dem Leben“. Immer dasselbe mit seinen „Patienten“: Erst führen sie ein verängstigtes Scheiß-Leben, dann aber wollen sie nicht sterben. Gibt es denn nicht mal Irgendjemanden, der „vorher“ sein Leben auch lebt? Genießt? „Warum sterben wir“, fragt Anna resignierend? „Um das Leben WICHTIG zu machen“, antwortet Eliot. Und macht ruhig weiter.

Also alles klar? Da besitzt also Einer eine „spezielle, besondere Fähigkeit“. Hier an diesem schönen, ruhigen wie fein-überschaubaren Provinzort. Irgendwo in den USA. Tatsächlich? Misstrauen bestimmt diese horrorähnliche Thriller-Szenerie. Und Mystery-Performance. Um diesen freundlichen, sympathischen, stets „bemühten“, offenbar alleinlebenden Bestatter. Eliot. Der mit vielen Spritzen hantiert. Und Worten. Erklärungen. Korrekten Erklärungen? Oder handelt es sich etwa doch um einen Scharlatan? Oder gar um einen eleganten Massenmörder? Ein kleiner Außenseiter von Schulboy, Jack (Chandler Canterbury), 11 Jahre, kommt ihm auf die Schliche. Kann, vermag sich offenbar ebenfalls „in die Toten“ „einfühlen“. Nur glaubt ihm das natürlich niemand. Bis auf Eliot.
Aber: Dass hier irgendetwas doch nicht stimmt, beweist doch auch dieser Anna-Atem auf dem Spiegel, den Eliot ihr vorhält? Eine Tote, die SO „deutlich“ und offenbar atmet??? Geht doch gar nicht. Eigentlich. Ist Anna also wirklich tot? Oder ist sie vielleicht doch „nur“ „Gefangene“? Wo befindet sich der verdammeledeite, raffinierte (Lösungs-) Schlüssel hier?

Das Drehbuch der Regisseurin sowie von Paul Vosloo und Jakob Korolczuk, die sanfte wie „unheimliche“ Kamera von Anastas Nichos sowie die verführerischen Suspense-Klänge von (M:) Paul Haslinger UND vor allem dieses vorzügliche Hauptakteur-Trio sorgen für viel atmosphärischen Psycho-Grusel. Ohne Hackebeil, Blutstürze oder Blöd-Attacken. Bei dem „Erwartungen“ von der einfühlsamen Spielleiterin Agnieszka Wójtowicz-Vosloo nicht „bedient“, nicht erfüllt werden. Ganz im Gegenteil.
LIAM NEESON („Schindlers Liste“; „96 Hours“), CHRISTINA RICCI (einst die frühreife Wednesday Addams in „Die Addams Family“) sowie JUSTIN LONG (gerade in „Die Lincoln Verschwörung“ von Robert Redford im Kino) setzen auf seriös-tickende Thriller-Motive, die permanent in der Schwebe, dicht-dran, tief-spannend bleiben. Bis zur letzten Schippe.

„AFTER.LIFE“ ist ein für diese herbstliche Jahreszeit „schön-grummliger“ filmischer DVD-Nervenschatz (= 3 PÖNIs).

Anbieter: „Koch Media“

 

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