ADÉLE UND DAS GEHEIMNIS DES PHARAOS

ADÉLE UND DAS GEHEIMNIS DES PHARAOS“ von Luc Besson (B+R; Fr 2009; 107 Minuten; Start D: 30.09.2010); der 51-jährige französische Produzent, Drehbuch-Autor und Regisseur gilt als „Steven Spielberg“ Frankreichs. Hat sich mit Filmen wie „Der letzte Kampf“ (Debüt 1983), „Im Rausch der Tiefe“ (1988); „Nikita“ (1990); „Léon – Der Profi“ (1994) sowie „Das fünfte Element“ (1997) einen guten künstlerischen Ruf als Regisseur erworben. Er ist enorm fleißig, kreativ und setzte auch als Produzent mit französischen Hits wie „Taxi“ (gleich viermal), „The Transporter“ (dreimal) und „Die purpurnen Flüsse“ (zweimal) sowie „96 Hours“ (mit Liam Neeson) Genre-Maßstäbe. Er besitzt eine eigene Produktionsfirma und hat bei Paris ein gigantisches Filmstudio aufgebaut. Zuletzt war er mit den beiden Real-Trick-Movies um „Arthur und die Minimoys“ (in Frankreich) erfolgreich.

Hier nun ist er erneut auf Spielbergsche Show-Spuren, setzt eine weibliche „Indiana Jones“ in Bewegung. Basierend auf einer Reihe von Comic-Alben des französischen Comic-Autors JACQUES TARDI aus den 70er Jahren, die auch bei uns erschienen sind („Adéles ungewöhnliche Abenteuer“), begibt sich anno 1912 die Pariser Reporterin und Amateur-Archäologin Adéle Blanc-Sec gen Ägypten, um eine berühmte Mumie zu klauen. Dabei handelt es sich um den Leibarzt eines Pharaos. Der soll zuhause „reaktiviert“ werden, um ihrer heißgeliebten wie komatösen Schwester zu helfen. Sozusagen: „Wiederbelebung“ auf „exotisch“.

Natürlich läuft vieles aus dem Ruder und schief, aber das ist wurscht, denn hier geht es weniger um Logik, um eine plausible Geschichte als vielmehr um den neuerlichen Beweis, dass auch die Franzosen es gut verstehen, Kino-phantastisch gegenüber der Hollywood-Dominanz mitzuhalten. Ohne Rücksicht auf geistige und dramaturgische Verluste. Und so werden auch mehrere Handlungsstränge mehr oder weniger „komisch“ ausgebreitet und schließlich zusammengeführt; sind vor allem die grotesken männlichen Figuren meistens wahre dusslige Tölpel; darf ein wunderschöner Flugsaurier aus dem Naturkundemuseum „aufwachen“ und ganz Paris, auch „politisch“, völlig verunsichern. Während mittendrin Adéle immer unter Hochdampf steht und unbeirrt permanent durchstartet. Ein Mädel auf der Überholspur. Nichts und niemand kann sie aufhalten. Wie eben eine Adéle Jones.

Schau- oder Denkwert?: Der Schauwert natürlich. DER bringt es. Gedanklich muss man schnell viel abschalten. In Sachen Figuren auch. Da geht es zu uneinheitlich und irgendwie „zerhackt“ zu. Verbindungen stimmen oder passen nicht, kommen deshalb auch nicht so recht in Schwung. Die ausufernden Überzeichnungen wirken krampfig, mitunter beliebig, sind nicht treffsicher genug. Der Film ist – trotz vieler schöner Ideen-Baustellen – zu oberflächlich erzählt, entwickelt, inszeniert. Ihm fehlt die zweite, die schwarzhumorige, die zynische, die prickelnde Pointen- und Seelen-Ebene. Wenn dieser herrliche Flugsaurier über Paris jettet, dann wird dies thematisch glatt verschenkt. Besson stellt mit ihm viel zu wenig an. Und als schließlich eine friedliche, interessierte, neugierige, „kultivierte“ Mumie-Armee gar in Paris anrückt, eintrifft, bleibt dieses Motiv viel zu unausgegoren bei solch gewaltigem Ideen-Potenzial.

Man „sieht“ förmlich einen „anderen Film“ und fühlt sich hier krampfhaft grobmotorig eingeengt, gefangen. Diese Leinwand-„Adéle“ wirkt insgesamt unausgereift und ist dennoch ordentlich reizvoll. Weil die überbordende Gag-Phantasie die beliebigen Brüche und Über-Übertreibungen visuell wie temporeich wettmachen. Man lässt das hier „einfach laufen“, und schon bleibt es auf der lockeren, soliden Unterhaltungsspur. Auch, weil die Hauptakteurin LOUISE BOURGOIN („Das Mädchen aus Monaco“/2008) zwar einer mal angedachten „Amelie“ Audrey Tautou (mutmaßlich) nicht das atmosphärische Wasser reichen kann, sich aber immerhin ganz tapfer wie buchstäblich selbstbewusst „schlägt“. Marke: Rotzig-gute Frauen-Power. Bzw. Power-Frau. Wobei es ja sowieso fast nur auf das optische Remmidemmi ankommt. Ein Film als „Scherz-Keks“, zum Schnellverdauen. Ohne Tiefen-Sympathie (= 3 PÖNIs).

 

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