A BEAUTIFUL DAY

„A BEAUTIFUL DAY“ von Lynne Ramsay (Co-Prod. + B + R; Fr/GB/USA 2016; nach dem Roman „You were never really here“ von Jonathan Ames/2013; K: Thomas Townend; M: Jonny Greenwood; 90 Minuten; deutscher Kino-Start: 26.4.2018; deutscher Heimkino-Start: 6.9.2018); die am 5. Dezember 1969 in Glasgow geborene, vielfach preisgekrönte Produzentin, Drehbuch-Autorin und Regisseurin LYNNE RAMSAY unterstreicht einmal mehr, dass Frauen sehr wohl qualitativ hochkarätige, Gewalt-intensive, spannende Genrefilme genau so „hart“ zu drehen in der Lage sind wie ihre männlichen Kollegen. Seit 1996 dreht sie Filme; ihr Kurzfilm „Small Deaths“ wurde 1996 auf dem Cannes-Festival präsentiert und mit dem „Preis der Jury“ ausgezeichnet. 1999 folgte ihr Spiel- und Langfilm-Debüt mit „Ratcatcher“. Danach kam 2002 „Morvern Callar“ heraus, mit Samantha Morton in der Hauptrolle, und erhielt zahlreiche Preise. Ihr dritter Spielfilm war 2011 ihr endgültiger Durchbruch: „We Need to Talk About Kevin“ lief im Wettbewerb beim Cannes-Festival, mit Tilda Swinton in der Hauptrolle, die dafür den „Europäischen Filmpreis“ zugesprochen bekam und für einen „Golden Globe“ nominiert wurde.

„A Beautiful Day“ lief im Vorjahr ebenfalls im Cannes-Wettbewerb und räumte die Trophäen für Drehbuch und Hauptdarsteller ab. Der Originaltitel lautet wie der wegweisende originale Roman-Titel: „YOU WERE NEVER REALLY HERE“. Damit dies auch jeder sofort verinnerlicht, tönt der Score von JONNY GREENWOOD (ähnlich wie bei seinem Soundtrack zu „There Will Be Blood“) permanent beunruhigend. Lässt einen nicht in Ruhe. Wirkt, als würde er andauernd stimmungsvoll-emotionale Prügel austeilen. Passt aber zu „seiner“ Type Joe (JOAQUIN PHOENIX). Ein Breitwand-Kerl, dessen „barockes“ Äußeres (Muskelmasse, Fusselbart, Cappy, dunkle Vieltaschen-Klamotten) schon nichts Gutes verspricht. Und in dessen „Prägungsphase“ einst offensichtlich sehr viel schief gelaufen sein muss. Was erklärt, warum er mit Pillen die traumatischen Kindheitserinnerungen und seinen beschissenen Militärdienst halbwegs zu bewältigen, zu unterdrücken versucht. „So einer“ kann nur ein professioneller Killer sein. Joe ist barbarisch kalt, ein stoischer Soziopath der Sorte: „Ich räume den verbrecherischen Dreck weg“. Mit einem Hammer, seinem bevorzugten „handwerklichen“ Instrument. Dabei tut er eigentlich quasi „wirklich Gutes“. In seinem Bemühen, Frauen vor dem Sex-Handel zu bewahren oder Kinder vor grausamen Pädophilen zu retten, vernichtet er brutal wie „pflichtgemäß“ die Peiniger. Kassiert seine „Prämie“, um sich dann zu seiner an Demenz leidenden Mutter in einen Außenbezirk von New York zurückzuziehen. Um diese geduldig und rührend-sanft zu hegen und zu pflegen. Und, wir nehmen wahr: Joes Körper zeigt sich ebenso von Narben übersät wie seine Seele.

Der nächste Auftrag verläuft nicht so wie gewohnt. Das Bemühen, die Tochter eines hochrangigen Senators nach Hause zurückzuholen – der sich damit nicht an die Öffentlichkeit wenden kann -, gerät völlig außer Kontrolle. Joe taumelt mitten hinein in einen Schlamm, in dem sich lauter feine, aber höchst gefährliche Entscheidungsträger und ihre extrem aggressiven Lakaien suhlen.

„A BEAUTIFUL DAY“ ist ein lakonisches wie sehr atmosphärisches Killer-Melodrama, bei dem der einmal mehr grandiose JOAQUIN PHOENIX diesen „Säuberer“ beeindruckend über die Rampe bringt. Joaquin Rafael Phoenix, geboren am 28. Oktober in San Juan, Puerto Rico, zählt zu den besten wandlungsfähigen amerikanischen Schauspielen, wir erinnern uns an den brillanten Auftritt in „Her“ von 2013 (s. Kino-KRITIK), und wurde dreimal für den „Oscar“ nominiert: „Gladiator“ / „Walk The Line“ als Johnny Cash (= aber „Golden Globe“) und „The Master“. Hier liefert der Hüne eine packende, verstörende, ebenfalls „Oscar“-reife „Eiskalte Engel“-Charakterstudie ab. Und dieser schottischen Filmemacherin LYNNE RAMSAY darf bestätigt werden, dass sie ebenso die beeindruckende Kunst beherrscht, in das Innere einer gebrochenen Figur spannend zu blicken, währenddessen sie außen herum mit dem Genre faszinierend zu spielen in der Lage versteht.

„A Beautiful Day“, meinte „The Times“, sei „Der Taxi Driver des 21. Jahrhunderts“. Da ist durchaus was dran (= 4 PÖNIs).

Anbieter: „Constantin Film Home Entertainment“.

 

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