DER MÖRDER KAM UM MITTERNACHT

PÖNIs: (4/5)

L I N O. Titel = „DER MÖRDER KAM UM MITTERNACHT“ von ÉDOUARD MOLINARO (Co-B + R; Fr/Italien 1958; Co-B: Gérard Oury; Alain Poiré; André Tabet; Georges Tabet; nach dem Roman „Un Témoin Dans La Ville“/“Ein Zeuge in der Stadt“ von BOILEAU-NARCEJAC/Pseudonym für Pierre Boileau und Thomas Narcejac; K: Henri Decae; M: Barney Wilen; 85 Minuten; DVD-HEIMKINO-Erscheinung in D: 14.05.2021; in schwarz-weiß; deutsche Untertitel für wieder-eingefügte, einst geschnittene Szenen). Ich verehre IHN: Angiolino Giuseppe Pasquale Ventura. Geboren am 14. Juli 1919 in Parma, Italien  ;  gestorben am 22. Oktober 1987 in Saint-Cloud, Frankreich. Künstlername: LINO VENTURA; hier: Hauptdarsteller. 

„Der Mörder kam um Mitternacht“ war sein 20. Spielfilm-Act. Da ich in diesen Tagen beim HEIMKINO nichts Besprechungslohnenswertes fand, fischte ich mir aus dem Regalarchiv diesen mir unbekannten Film. Ergebnis  –  es bzw. ER lohnt sich! Sehr sogar. Zumal ich den Ehrgeiz habe, mir von meinen definitiven Lieblingsschauspielern ALLES anzusehen, was es von Ihnen gibt. Lino Ventura ist also IMMER angesagt. Stets annonciert.

Aber auch: Man muss sogleich stutzen, am Anfang: Der französische Regisseur und Autor Édouard Molinaro und ein Kriminalfilm? DER hat doch meistens Komödien-Favoriten wir „Die Verführerin“ (1964/ mit Brigitte Bardot und Anthony Perkins) sowie „Jagd auf Männer“ (1964/mit Jean-Paul Belmondo), „Oscar“ (1967/mit Louis de Funés) oder „Die Filzlaus“ (1973/mit Lino Ventura als Killer und Jacques Brel als verhinderter Selbstmörder) geschaffen. Der wohl bekannteste Film des Komödienspezialisten ist der Travestiefilm „Ein Käfig voller Narren“ (1978/mit Michael Serrault und Ugo Tognazzi), für den Molinaro zweifach für den „Oscar“ nominiert war („Beste Regie“ / „Bestes adaptiertes Drehbuch“) und den „Golden Globe“ in der Kategorie „Bester fremdsprachiger Film“ bekam. Und „So-Einer“ dreht einen  Film Noir?

Allerdings  – bis der Krimi , packendes, faszinierendes Spannungspotenzial entwickelt, sind auch immer mal wieder kleine komische „Volks“-Motive zwischendurch eingebunden, sozusagen als Pariser Milieu-Schaum, bevor es dann in der letzten halben Stunde frontal richtig abgeht. Mit L I N O als Pariser „Schurke“. Ancelin. Der dann – NICHT von Cowboys auf Pferden, sondern von einheimischen Taxis “ gejagt wird, seit er enttarnt wurde. Denn:

Ein Industrieller, Pierre Verdier, ist ein schlimmer Bürger-Herr. Entledigt sich doch tatsächlich seiner Geliebten, Jeanne, indem er sie aus einem fahrenden Zug stößt. Er wird wegen Mordes angeklagt, doch die Beweislast ist mager und lässt keine Verurteilung durch den Richter zu, obwohl dieser fest von der Schuld des Angeklagten überzeugt ist. Ancelin, der Ehemann der aus dem Zug geschmissenen Jeanne, weiß die Wahrheit. Eines Abends begibt er sich zu Verdier in dessen Haus und erhängt ihn so, dass alles auf Selbstmord schließen lässt. Verdier hatte jedoch kurz davor, als er heimkam, ein Funktaxi bestellt. Als Ancelin nach der Tötung das Haus von Verdier verlässt, sieht ihn der Taxifahrer Lambert (FRANCO FABRIZI) und ist nun der einzige Zeuge, der Ancelin belasten könnte. Eine Art Zweikampf beginnt sich auf den Pariser Boulevards zu entwickeln. Wobei Lambert sich lieber mehr um seine neue Freundin kümmert als sich etwa Gedanken über eine mögliche Zeugenfunktion zu machen. Währenddessen bricht bei Ancelin mehr und mehr Hektik aus. Die Pariser Nacht beginnt für die Insider zu dampfen.

„Radio-Taxi“, so der zweite deutsche Titel, ist ein Schwarz-Weiß-Thriller, der Milieu, Figuren, die flackernden Noir-Kameras in den Autos, nächtliche Autofahrten auf den belebten Pariser Straßen; atmosphärische Neon-Bilder ohne Dialog; anonymes Treiben und Nebenschauplätze prickelnd vereint. Immer näher an uns herantaucht dabei der aufgewühlte und verletzte LINO, greift in das Geschehen ein und vermag sich geschickt wie entsetzt zu wehren und zu tarnen. Der Countdown ist schließlich am Bois de Boulogne reserviert.

Die schnittigen Bilderkompositionen, das Ensemble mit seinen kompositorischen Exoten, die zahlreichen Schwitzperlen auf den Hautflächen und LINO VENTURA als federführender Verbrecher, der mehr und mehr seine Kontrolle zu verlieren scheint, sorgen für einen honorigen Film-Klassiker, mit viel Schwarz-Weißem-Atmo-Geschmack.  Ein raffinierter Nachhol-„Live“-Streifen, der sich anzuschauen lohnt (= 4 PÖNIs).    P.S.: Im ‚Lexikon des Internationalen Films‘ heißt es wirbelnd:  „Spannender Kriminalfilm mit bemerkenswerter Gestaltung von Licht und Schatten“. 

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