|
Eigentlich ist davon auszugehen, dass Angestellte bei einem Sicherheitsdienst einem „besonderen Check“ unterzogen werden, bevor sie einen Job dort kriegen. Zumal, wenn sie täglich Geld, enorm VIEL Geld, durch die Gegend fahren. Sollen. Er heißt Toni Musulin. Gilt in Frankreich, vor allem im Internet, auch als „Held“. Wird dort als „Dieb des Jahrhunderts“ bezeichnet. Er war 39, als er am 5. November 2009 zum Kriminellen wurde. Indem er 11,6 Millionen EURO klaute. Warum „Held“? Weil er sein Verbrechen ohne Gewalt, ohne Hilfe von Schusswaffen und ohne einen Menschen zu „behelligen“ durchführte. Ein Buch über ihn wurde in Frankreich zum Bestseller („Toni 11,6: Historie du convoyeur“ von Alice Géraud-Arfi), der Film über ihn hat jetzt seine deutsche Premiere im Heimkino: „11.6 – THE FRENCH JOB“ von Philippe Godeau (Co-B + R; Fr 2012; Co-B: Agnes Sacy; K: Michel Amathieu; M: Jean-Pierre Duret; Jean-Paul Hurier; 102 Minuten; Heimkino-Veröffentlichung: 23.01.2014) SEIN Gesicht ist auch UNS-hier bekannt: FRANCOIS CLUZET. Wer nicht gleich mit dem Namen des am 21. September 1955 in Paris geborenen Stars etwas anfangen kann, als wohlhabender, aber vollständig gelähmter Monsieur Philippe wurde er 2011 / 2012 in dem französischen Hit „ZIEMLICH BESTE FREUNDE“ einem Millionenpublikum sowohl Zuhause wie auch hierzulande (mit mehr als 9 Millionen Kinobesuchern) bekannt. Dabei ist der „Cesar“-Preisträger von 2007 („Bester Hauptdarsteller“ in „Kein Sterbenswort“ von Guillaume Canet) im Europäischen Kino längst ein vielgefragter Mime, der mit namhaften Regisseuren/Innen wie Bertrand Tavernier („Um Mitternacht“), Claire Denis („Chocolat“), Claude Chabrol („Eine Frauensache“; „Die Hölle“) oder Cedric Klapisch („So ist Paris“) zusammengearbeitet hat. Hier nun mimt er Toni Musulin. Einen ziemlich bockigen, wenig gesprächigen, eigentlich beinahe ständig „unterkühlt“ gelaunten Fahrer eines französischen Sicherheitsfirma mit internationaler Chefetage. Während das Unternehmen IBRIS an der Börse profitabel gehandelt wird, fühlen sich deren Mitarbeiter mehr schlecht als recht behandelt. Dabei haben sie doch einen verantwortungsvollen wie vertrauensvollen Job täglich auszuführen: Massen von Scheine-Geld durch die Gegend für die Banken zu transportieren. Drei Mann pro panzerartigen Wagen. Und Toni hat gefühlsmäßig immer mehr die Schnauze voll, für 1.600,- EURO netto pro Monat mitzumischen. Beginnt die Planung für seinen Coup. Hat sich erst einmal, sozusagen „zur Befreiung“, einen roten Sportwagen bei der Auktion zugelegt. „Wenn Du ein schönes Auto hast, respektieren dich die Leute“, wird sein Vater später bei der Polizei in Sachen „Charakter des Jungen“ aussagen. Und sein Cousin wird ergänzen: „Ihm ging es nicht um das Geld, er wollte gewinnen“. Ein Mann will nicht mehr „normal“ mitmachen. Gesellschaftlich. Versucht, ganz allein, sich von den Fesseln stumpfer Routine und mieser Bezahlung zu lösen. Zu befreien. Will „das Fahrrad“ hinter sich lassen. Ohne zu protzen, ohne anzugeben, ohne doll auf den Putz zu hauen („Ich rauche nicht, ich trinke nicht, und mit dem Nachtleben kann ich auch nichts anfangen“). Nur „anders“ soll es endlich werden. Sein Leben. Und dafür setzt er aufs Volle. Wer nun meint, diese Story vom modernen Solo-Cowboy, der vom großen Geld-Kuchen MEHR abhaben will, ist doch nichts Neues oder Überraschendes, irrt hier. Denn in „11.6 – The French Job“ geht es nicht so sehr um die TAT, die ist dann schnell und präzise über die Runden gebracht, weil man es ihm aber auch so etwas von „Leicht“ macht, nein, vielmehr entwickelt sich hier eine faszinierende Psycho-Studie eines intelligenten Kriminellen. Der keinem Menschen Schaden zufügen will, sondern „nur“ dem verhassten System. Also lässt er sich „was einfallen“. Und WAS, das ist schon in Sachen Finale ziemlich verblüffend und auf keinen Fall vorhersehbar. Ein spannender französischer Thriller. Von PHILIPPE GODEAU unaufgeregt inszeniert. Der Filmproduzent („Der achte Tag“; „Largo Winch“, „Oskar und die Dame in Rosa“), Drehbuch-Autor und Regisseur, der 2009 mit dem Drama „One for the Road“ debütierte, kriegt seinen Spannungsfilm mit sehr viel atmosphärischem Geschmack besonnen zum Fließen. Hat gute Ensemble-Typen beisammen (wie den exzellenten Toni-Kumpel und Maus-Fan BOULI LAMMERS) und mit FRANCOIS CLUZET eine exzellente Führungskraft an der cleveren Spannungsfront. Es ist wieder einmal erstaunlich zu sehen, wie es die Franzosen immer wieder schaffen, starke Genre-Filme in listigen Gang und guten Unterhaltungsschwung zu bringen. „11.6 – THE FRENCH JOB“ ist formidabel! Anbieter: „EuroVideo“ |
||