„WORLD WAR Z“ von Marc Forster (USA 2011/2012; B (= lt. Presseheft): Matthew Michael Carnahan, J. Michael Straczynski, Drew Goddard, Max Brooks; K: Ben Seresin; M: Marco Beltrami; 116 Minuten; Start D: 27.06.2013); soviel vorab – dies ist einer der besten, weil auch klügsten Zombiefilme bislang. Das Genre lebt. Und bebt. Und wie. Was 2013 nicht verwundert, lauten doch „draußen“, also in der Wirklichkeit, die Signale eindeutig in Richtung: Irgendwas läuft seit einiger Zeit schief. SEHR falsch. Wie ziemlich bedrohlich. Für Uns-Menschen. Auf diesem Planeten. Erde. Waren früher „aktuelle“ kriegerische Bedrohungen „überschaubar“, auf bestimmte, also wenige Orte „konzentriert“, brennt es derzeit an (viel zu) vielen Orten der Welt. Konflikte zuhauf. Religionskriege. Permanente Umweltverschmutzungen. Terror. Weltweit. Mit schlimmen Konsequenzen. Inzwischen überall. Dazu die permanenten Alarmzeichen der Natur: Erdbeben, Tsunami, Epidemien. Die globale Finanzkrise. Endzeitstimmung. Stimmungen. Auch, weil die Ressourcen bald „aufgefressen“ sein werden. Die Zivilisation und ihr Preis. Es sieht so aus, als müssten nun die teuren Rechnungen „dafür“ beglichen werden. Ängste breiten sich aus. Visionen entstehen. Ebenso unterhaltsame wie warnende. Das ZOMBIE-KINO war nie nur pure Horror-Show. Billig-Unterhaltung. Von und mit spinnerten Leuten. Sondern durchaus auch sozialpolitische „Mitteilungen“. Von wegen „Geruch“. Im Land. Auf dem Kontinent. Beim Planeten. Es stinkt nämlich. Böse. Die Untoten kommen ins grausliche Spiel. Ebenso als Performance wie als Allzweck-Metapher. Irgendwas hängt in der Luft. Nagt bedrohlich. Und stakst immer näher. Heran. Auch in unsere Richtung. Dies macht sich Hollywood protzig „zu nutze“. Mit derzeit vielen Untergangssymphonien. Im Großen wie im individuell Kleinen („After Earth“, „Oblivion“, „Promised Land“). Als mitunter bombastischer Unterhaltungsgradmesser. Wie hier. Motto: Der Zerfall von „sauberem“ Leben. Überall. Die Warnungen vor der Apocalypse. Der totalen Zerstörung. Rundum. „Der Zombie ist so eine Metapher für den schlafenden, für den unbewussten Menschen“ (Regisseur Marc Forster/“Berliner Morgenpost“/9.6.13).
ER ist der Sohn des Komikers Mel Brooks („Frühling für Hitler“) und der Schauspielerin Anne Bancroft („Die Reifeprüfung“): Maximillian Michael „Max“ Brooks. Geboren am 22. Mai 1972 in New York City. Von 2001 bis 2003 war Max Brooks Team-Mitglied bei der populären Anarcho-US-TV-Show „Saturday Night Live“. Vor zehn Jahren schrieb der Comedian das „Sachbuch“ „Der Zombie Survival Guide“ und landete weltweit einen Hit. Launiges Thema: Wie „man“ sich bei Attacken von Zombies „verhalten“ soll. Sollte. 2006 veröffentlichte Max Brooks den (Bestseller-)Roman „World War Z: An Oral History of the Zombie War“, deutscher Titel dann: „Operation Zombie“. In 56 Kapiteln beschreibt Brooks vom Krieg zwischen Menschen und Zombies; zugleich porträtiert er auch Nationen wie die USA, Russland, Israel oder China und wie unterschiedlich dort auf die un-menschliche physische Sinnkrise reagiert wird. Dieser Film, für den Max Brooks am Drehbuch mitschrieb, basiert auf diesem Reißer. Und lässt Hollywood-Star (und Produzent) Brad Pitt in besonnene Erscheinung treten. Zunächst.
Gerry Lane war früher für die UNO viel wie erfolgreich unterwegs, als Katastrophen-Analyst. Befindet sich jetzt im gutbürgerlichen Ruhestand. Lebt mit seiner Familie, Ehefrau, zwei Kinder, in Philadelphia. Wo das Chaos losbricht. Unfälle, Explosionen, Massenhysterie; die völlige Destabilisierung. Ausgelöst durch einen Virus. Der aus Menschen „schnelle“ Zombies macht. Die nun nicht mehr „nur so“ dahinschleichen, um ihre Gier nach Menschenfleisch zu befriedigen, etwa wie in George A. Romeros unvergesslichem Klassiker „Die Nacht der lebenden Toten“ von 1968, sondern die nunmehr „schnell“ wie Leichtathletik-Olympioniken auf den Beinen sind, um Menschen anzufallen. Um sie anzuknabbern. Worauf diese sofort ebenfalls zu fiesen Untoten mutieren. Vor denen einfach „wegzurennen“ geht also nun nicht mehr. Gerry Lane wird zurückbeordert. Wird „auf die Reise“ geschickt. Die ihn nach New York, Südkorea, Israel und Wales führt. Um herauszufinden, woher diese inzwischen länder- und kontinentübergreifende Pandemie stammt und wie sie zu bekämpfen beziehungsweise einzudämmen geht. Währenddessen wird „Mensch“ weltweit immer mehr dezimiert. Denn wahre Zombie-Tsunamis, wie in Israel, überrennen selbst riesige Mauern. Geradezu unglaubliche Bilder und Eindrücke: Die untote Masse ist nicht mehr aufzuhalten. So viele sind es. Geworden. Und sie vermehren sich rasant.
Natürlich, die zunehmende Überbevölkerung. WIR SIND VIEL ZU VIELE auf unserem Planeten, signalisieren die Bedrohungsbilder. Hintergründig. Im Jahre 2015 werden es schätzungsweise zehn Milliarden Menschen sein, die auf der Erde leben. Vordergründig aber ist „World War Z“ (gesprochen: „Zi“) natürlich ein Popcorn-Thriller. Ein brillantes („Road Movie“-)Spektakel mit extremem Nachhall. Faszinierend, urig, originell und „witzig“ in den gigantischen visuellen Motiven, spannend im actionreichen „Nahkampf“, wenn es um den Fast-Zusammenbruch jeglicher Zivilisation geht. Subtil in der differenzierten Antibeschreibung des Helden. Durch Brad Pitt. Dessen Gerry Lane nicht als Supermann mit Superkräften auftritt, sondern als Denker. Aufklärer. Eben als Analytiker. Der Zusammenhänge herstellt. Um „dem Ursprung“, dem Auslöser, dem Krankheitserreger, auf die rätselhaften Schliche zu kommen. Um dann so schnell wie möglich wieder zu seiner – hoffentlich weiterhin unversehrten – Familie zurückkehren zu können. Und deshalb „den Rest“ Anderen gerne überlässt. Den offiziellen Beseitigern. Des lebenden Gammelfleischs.
„World War Z“ ist denn auch kein „Hackebeil-Movie“, sondern einer der unblutigsten Horror-Thriller überhaupt. Und gerade deshalb enorm (kopf-)spannend wirkt. Weil er eben auf der zweiten Denk-Ebene genauso klasse funktioniert wie im Bühnen-Vordergrund. Wo es natürlich mächtig rauscht. In Bild und Ton. (Aber längst nicht so unanständig laut wie bei „Man of Steel“). Wenn das mögliche Ende unserer Existenz auf der Erde naht. Und die Verzweiflung riesig ist. Regisseur MARC FORSTER, geboren am 27. November 1969 in Illertissen im Landkreis Neu-Ulm, in der Schweiz aufgewachsen und seit 1990 in den USA lebend, „zählt“ in der internationalen Filmbranche. Hat sich mit seinen Filmen „Monster’s Ball“ (2001/Halle Berry gewann als erste Afroamerikanerin den Hauptdarstellerinnen-„Oscar“), „Wenn Träume fliegen lernen“ (2004/mit Johnny Depp als Peter Pan-Autor J. M. Barrie; siebenfach „Oscar“-nominiert), „Drachenläufer“ („afghanisches“ Meisterwerk von 2007) sowie natürlich mit dem tollen James Bond-Opus „Ein Quantum Trost“ (2008) einen guten Ruf erworben. Und „traut“ sich auch hier wieder „was“: Hat einen komplexen, ambitionierten Genrefilm geschaffen, der ambivalent hantiert: Als große, pfiffige, handfeste coole Zombie-Performance. Mit zahlreichen „Warnmeldern“. Über unsere Zeit, mögliche kommende Zeiten, über ein zünftiges menschliches Verfalls- wie Zerfallsdatum. Bedeutende Hollywoodfilme waren ihrer Zeit immer weit voraus. Und kamen dabei fiktionalen wie wahrhaftigen Strömungen der Gegenwart nahe. SEHR nahe.
Dies ist so ein phantastischer Stoff. Und exzellenter U-Film. U wie Unterhaltung. U wie Unruhe. U wie Untergang (= 4 ½ PÖNIs).